Leitsatz (amtlich)

1. Wer deutschen Nutzern die Möglichkeit eröffnet, Wetten um Geld im Rahmen eines Internet-Dienstes zu plazieren, „veranstaltet” ein Glücksspiel auf deutschem Territorium, für das er eine deutsche Erlaubnis benötigt. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Dienst wesentlich auf den deutschen Nutzer zugeschnitten ist. Ein werbender Hinweis auf diese Möglichkeit ist nach § 284 Abs. 4 StGB strafbar.

2. § 284 StGB ist eine wertbezogene Norm, deren Verletzung einen Wettbewerbsverstoß (§ 1 UWG) darstellt, ohne dass weitere Umstände hinzutreten müssen.

 

Normenkette

UWG § 1; StGB § 284 – „Internetglücksspiel”

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 406 O 53/00)

 

Tenor

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Kammer 6 für Handelssachen, vom 27.4.2001 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Verbotsteil der einstweiligen Verfügung vom 16.3.2001 die Fassung erhält: Im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im deutschen Inland für den Abschluss von Sportwetten oder Glücksspielen mit Unternehmen, die über keine deutsche Erlaubnis für den Abschluss von Sportwetten bzw. die Durchführung von Glücksspielen verfügen, zu werben, indem sie über das Internet auf das Internet-Angebot eines derartigen Unternehmens und/oder im Internet auf seine Internetadresse, die dieses Angebot erkennbar macht, hinweist und/oder einen auf dieses Internetangebot verweisenden Link setzt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

und beschlossen:

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 1.000.000 DM (511.291,88 EUR) festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Antragstellerin betreibt im Internet unter … einen Dienst, der es Nutzern ermöglicht, Tipps für das Gewinnspiel Lotto des Deutschen Lottoblocks und Wetten für Oddset, die Sportwette des Deutschen Lottoblocks, zur Weiterleitung an eine Lottoannahmestelle abzugeben. Eigene Glücksspiele bietet sie nicht an.

Die Antragsgegnerin hält als deutsche Konzernmutter unter anderem 51 % an der österreichischen Firma bet-at-home.com-GmbH (Anlage AS 2b). Diese betreibt unter www.bet-at-home.com einen Dienst, der den Abschluss von Sportwetten über das Internet ermöglicht. An den Wettspielen von bet-at-home.com können auch Deutsche teilnehmen. Die Kunden können z.B. auf den Ausgang von Fußballspielen, den Gewinner von Formel-1-Rennen und auf den nächsten Torschützen in einem Spiel wetten. Dazu müssen sie einen Wetteinsatz bezahlen. Der Teilnehmer kann den Wetteinsatz (auch für mehrere Wetten) entweder auf ein Wettkonto überweisen oder über Kreditkarte einziehen lassen. Gewinner der Wette erhalten Geldpreise (Anlage AS 3). Die bet-at-home. com-GmbH besitzt für ihre Tätigkeit eine österreichische Lizenz, aber für Deutschland weder eine Glücksspiellizenz noch eine Gewerbeerlaubnis zum Angebot von Glücksspielen.

Im Rahmen ihres Internet-Auftritts unter der Anschrift www.xxx.de weist die Antragsgegnerin an einigen Stellen auf die bet-at-home.com-GmbH hin. Das geschieht bei der Darstellung der Konzernstruktur und der Produktpalette (Anlage AS 2b und 10). Bis zur Abmahnung der Antragstellerin war das Firmenemblem der bet-at-home.com-GmbH noch mit sog. „Links” unterlegt, die einen Aufruf von Angeboten dieser Firma ermöglichten. Weiterhin finden sich auf den Seiten der Antragsgegnerin verschiedene Pressemitteilungen, in denen in unterschiedlicher Weise auf das Angebot unter www.bet-at-home.com eingegangen wird (Anlage AS 11).

Zusammen mit der bet-at-home.com-GmbH betreibt die Antragsgegnerin darüber hinaus einen Sportinformationsdienst unter der Adresse „www.yyy.com” (Anlage AS 12), über die man durch ein „Link” zum von Antigua aus betriebenen Online-Glücksspiel „Casino On Net” gelangen kann. Auch dieses Spiel wurde von den örtlichen (antiguanischen) Behörden genehmigt, eine deutsche Lizenz gibt es nicht. Ein weiterer „Link” in der Rubrik „Sportwetten” führt von der Seite www.yyy.com direkt auf das Angebot von bet-at-home. com (Anlage AS 14).

Außerdem betreibt die bet-at-home.com-GmbH im Internet unter www.bet-at-home.de ein Angebot für Sportwetten, bei dem nicht um Geld gespielt wird, doch kann man über diese Seiten auf das Angebot der Dienste unter www.bet-at-home.com gelangen. Zudem wurden hier bis zur Abmahnung der Antragstellerin an verschiedenen Stellen Hinweise erteilt, in denen darauf aufmerksam gemacht wurde, dass Wetten mit „echtem Geld” unter www.bet-at-home.com plaziert werden könnten (Anlagen AS 6 und 7).

Die Antragstellerin hat vorgetragen, die bet-at-home.com-GmbH habe als einziges Konzernunternehmen der Antragsgegnerin ihren Sitz in Österreich, um die Verfolgung wettbewerbsrechtlicher und strafrechtlicher Verstöße in Deutschland zu erschweren. Da es bei dem von der Antragsgegnerin beworbenen Dienst der bet-at-home.com-GmbH um behördlich nicht genehmigtes Glücksspiel i.S.d. § 284 Abs. 1 StGB gehe, sei ihr Verhalten nach § 284 Abs. 4 StGB unzulässig.

Das LG hat der Antragsgegnerin verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs fü...

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