Leitsatz (amtlich)

1. Die Werbung eines deutschen Unternehmens auf seiner Internet-homepage für die Veranstaltung eines in Deutschland nicht zugelassenen Internet-Glücksspiels durch ein englisches Unternehmen stellt sich als Verstoß gegen die §§ 284 Abs. 1, 287 Abs. 1 StGB als wertbezogene Schutzgesetze und damit als sittenwidrigen Wettbewerbsverstoß gem. § 1 UWG dar.

2. Das die Werbung schaltende deutsche Unternehmen ist kein „Diensteanbieter” i.S.v. § 3 Nr. 1 TDG n.F.. Die rechtliche Beurteilung der Wettbewerbswidrigkeit und die Inanspruchnahme nach den Grundsätzen der Störerhaftung richtet sich in derartigen Fällen nicht nach § 4 Abs. 2 TDG n.F., sondern unterliegt dem nationalen deutschen Recht, das sich an dem Marktortprinzip orientiert.

3. Für das in der Schaltung eines Werbebanners liegende mittelbare Anbieten eines Teledienstes findet das TDG n.F. ebenfalls keine Anwendung. Insoweit gilt – wie bei Hyperlinks – die Ausnahmeregelung nach Kap. IV Art. 23 Abs. 2 S. 1 der RL 2000/31/EG.

 

Normenkette

UWG § 1; StGB § 284 Abs. 1, § 287 Abs. 1; TDG n.F. § 3 Nr. 1, § 4 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 312 O 663/00)

 

Tenor

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 127.822,97 Euro (entspricht erstinstanzlich festgesetzten 250.000 DM) festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien sind auf dem Sektor der Veranstaltung von Glückspielen über das Internet tätig.

Die Beklagte betreibt im Internet die Webseite „www.p.w.-online.de”. Dort präsentiert sie sich als nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz behördlich konzessionierter Buchmacher und bietet zunächst die Möglichkeit an, Wetten für Pferderennen abzugeben. Im oberen Bereich ihrer Webseite warb die Beklagte in der aus der Anl. K 1 ersichtlichen Weise mit einem Banner, welcher abwechselnd die Schriftzüge „Die Hunde sind los” und „Hundewetten bei E. Sportwetten Ltd.” zeigte. In der linken oberen Ecke der Webseite war zudem ein Button „Hundewetten” platziert. Durch Anklicken dieses Buttons erfolgte eine Verlinkung des Besuchers auf die in deutsch gehaltene Webseite „www.E.-online.com” der E. Sportwetten Ltd., London, einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der Beklagten. Dort wurde die Möglichkeit eröffnet, über das Internet Wetten für Hunderennen abzugeben. Den Online-Wetten liegen die „Wettbedingungen Sportwetten” der Beklagten zugrunde (Anl. K 2). Eine behördliche Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten in Deutschland liegt weder bei der Beklagten noch bei ihrer Tochtergesellschaft vor. Im Rahmen ihrer Selbstdarstellung wird der Nutzer unter der Rubrik „Über uns” auf der Webseite der E. Ltd. darauf hingewiesen, dass „die Wettannahme aus rechtlichen Gründen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland erfolge” (Anl. K 3).

Dieses Verhalten beanstandet die Klägerin als wettbewerbswidrige Veranstaltung eines verbotenen Glückspiels bzw. Werbung hierfür. Sie hat die Beklagte nach erfolgloser vorprozessualer Abmahnung (Anl. K 4 und K 5) gegen die Beklagte bei dem LG Hamburg (312 O 276/00) im Umfang des Unterlassungsantrags eine einstweilige Verfügung erwirkt (Anl. K 6 und K 7), die die Beklagte trotz entsprechender Aufforderung (Anl. K 8 und K 9) nicht als abschließende Regelung anerkannt hat.

Die Klägerin ist der Auffassung, durch die willentliche Verlinkung zu der Website ihrer ausländischen Tochtergesellschaft veranstalte die Beklagte im Sinne der strafrechtlichen Verbotsnormen (§§ 284, 287 StGB) ein Glückspiel, für das im Inland nicht die erforderliche behördliche Erlaubnis vorliege. Durch diese Verknüpfung mache sie sich das Wettangebot ihrer ausländischen Tochter zu eigen und beziehe dieses in ihr Angebot ein. Dem Nutzer gelange noch nicht einmal verlässlich zur Kenntnis, dass er das Angebot der Beklagten verlasse und mit einem dritten Anbieter außerhalb Deutschlands in Kontakt trete. Der auf der Website aufrufbare Hinweis zum Ort der Wettannahme zeige, dass sich die Beklagte zudem der Problematik einer im Inland fehlenden Glücksspielerlaubnis bewusst sei und damit vorsätzlich handele.

Die Inhalte der verlinkten Website seien der Beklagten haftungsrechtlich zuzurechnen. Sie unterstütze aus eigenem Antrieb die unzulässige Wettbewerbshandlung eines Dritten und sei deshalb als Störerin mitverantwortlich. Durch die Umgehung des Erlaubnisvorbehalts verschaffe die Beklagte sich bzw. ihrer Tochtergesellschaft einen Vorsprung gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern. Die Untersagung ausländischer Lotterien stelle sich auch europarechtlich als eine aus Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigte Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar.

Auf Antrag der Klägerin hat das LG Hamburg im vorliegenden Hauptsacheverfahren am 30.11.2000 gegen die Beklagte ein Versäumnisurteil folgenden Inhalts erlassen:

I. Der Beklagten wird bei Meidung eines von dem Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im E...

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