Geld zurück bei Verlusten in Online-Casinos - OLG entscheidet

Teilnehmer von Online-Glücksspielen haben gute Chancen, nach Spielverlusten ihr eingesetztes Geld zurückzuerhalten. In einer aktuellen Entscheidung hat das OLG Braunschweig einem Spieler einen Anspruch auf Erstattung von 40.000 Euro zuerkannt.

Die Teilnahme an Online-Glücksspielen ist nicht nur in Deutschland weit verbreitet. Die möglichen Verluste der Spieler sind enorm und können zur Zerstörung von Existenzen führen. Rechtlich sind Online-Casinos in Deutschland nur zulässig, wenn die Betreiber über eine deutsche Lizenz verfügen.

40.000 Euro im Internet-Casino verloren

Ein Online-Spieler aus Braunschweig hatte in den Jahren 2018 und 2019 ausgiebig von den Angeboten eines Internet-Casinos eines maltesischen Anbieters Gebrauch gemacht. Auf seiner Homepage warb der Veranstalter damit, über eine gültige Lizenz für das Online-Casino zu verfügen. Der Teilnehmer verzockte insgesamt ca. 40.000 Euro.

Veranstalter berief sich auf Bösgläubigkeit des Spielers

Als der Spieler seine Einsätze zurückforderte, widersetzte sich der Veranstalter dem Rückzahlungsverlangen mit dem Argument, der in Braunschweig wohnende Spieler habe gewusst, dass in dem Bundesland Niedersachsen in den Jahren 2018 und 2019 Glücksspiel nicht erlaubt gewesen sei. Trotz Kenntnis des Verbotes habe er an dem Glücksspiel teilgenommen. Damit habe er sich gemäß § 285 StGB strafbar gemacht. Er habe also seine Spieleinsätze in Kenntnis der Rechtswidrigkeit seines Tuns erbracht. Gemäß § 814 BGB könne er die geleisteten Einsätze daher nicht zurückverlangen. Außerdem habe er einen möglichen Rückforderungsanspruch wegen Bösgläubigkeit verwirkt.

Online-Spielvertrag wegen Gesetzesverstoßes nichtig

Der Spieler verklagte das maltesische Casino daraufhin auf Rückzahlung und erhielt über zwei Instanzen Recht. Die Gerichte bewerteten den online vereinbarten Spielvertrag zwischen Kläger und Casino gemäß § 134 BGB als nichtig. Dies folge daraus, dass das Online-Casino-Glücksspiel in den Jahren 2018 und 2019 in Niedersachsen nicht erlaubt gewesen sei. Infolgedessen sei der Veranstalter durch die Spieleinsätze des Klägers ungerechtfertigt bereichert. Er habe die Spieleinsätze gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zu Unrecht erlangt und sei daher bereicherungsrechtlich zur Rückerstattung verpflichtet.

Bösgläubigkeit des Klägers nicht bewiesen

Das Argument der Beklagten, der Spieler habe sich gemäß § 285 StGB der Teilnahme an einem illegalen Glücksspiel strafbar gemacht, nahm das OLG durchaus ernst. Dieses Argument kann nach Auffassung des Senats unter Umständen geeignet sein, den Anspruch auf Rückforderung wegen Bösgläubigkeit zu vereiteln. Voraussetzung für eine Strafbarkeit gemäß § 285 StGB sei allerdings, dass der Spieler vorsätzlich an dem illegalen Glücksspiel teilgenommen habe. Für den Vorsatz sei das Casino beweispflichtig. Dieser Beweis sei im konkreten Fall nicht erbracht worden.

Spieler müssen Rechtslage nicht in allen Einzelheiten kennen

Nach Auffassung des OLG muss einem Spieler die komplexe Rechtslage zur Rechtmäßigkeit von Glücksspielen nicht in allen Einzelheiten bekannt sein. Der Kläger habe sich auf die Zusicherung der Beklagten, eine gültige Lizenz zu besitzen, verlassen dürfen. Dass die maltesische Lizenz für Deutschland keine Gültigkeit hat, habe er nicht wissen müssen und nach seiner unwiderlegten Behauptung auch nicht gewusst. Deshalb müsse die Frage der rechtlichen Auswirkung einer möglichen Bösgläubigkeit auf den bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch im vorliegenden Fall nicht entschieden werden.

Casino-Veranstalter muss die geleisteten Einsätze an den Kläger zurückzahlen

Im Ergebnis bewertete das OLG daher – wie schon die Vorinstanz – das Rückforderungsverlangen als gerechtfertigt und wies die von der Beklagten gegen die erstinstanzliche Entscheidung eingelegte Berufung zurück. Die Revision zum BGH hat das OLG ausdrücklich zugelassen.

(OLG Braunschweig, Urteil v.23.2.2023, 9 U 3/22)

Hintergrund:

Das Urteil des OLG hat Bedeutung für eine große Zahl ähnlicher, deutschlandweit anhängiger Verfahren.

Glücksspielstaatsvertrag seit 1.7.2021

Die Regelung des Glücksspiels ist in Deutschland Ländersache. Zum 1.7.2021 ist in Deutschland der zwischen den Ländern vereinbarte Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) in Kraft getreten. Danach bedürfen Glücksspielangebote in allen Bundesländern einer deutschen Lizenz. Ausländische Lizenzen genügen nicht. Vor Inkrafttreten des GlüStV waren Internet-Casino-Angebote in Deutschland – außer in Schleswig-Holstein – grundsätzlich illegal.

Glücksspiel unterliegt der staatlichen Kontrolle

Seit Inkrafttreten des GlüStV können Veranstalter von Glücksspielen (virtuelle Automatenspiele, Online-Poker, Online-Casino-Angebote) unter engen Voraussetzungen eine Lizenz erhalten. Die Regelung soll dem Schutz von Personen dienen, die zur Spielsucht neigen. Wichtiges Instrument hierzu ist ein „Safe-Server-System“, das der Aufsichtsbehörde eine elektronische Kontrolle mithilfe einer „Limitdatei“ (Instrument zur Begrenzung der Höhe der Spieleinsätze) und einer „Spielersperredatei“ erlaubt.

Klagen auf Rückforderung überwiegend erfolgreich

Die Entscheidungen der Gerichte zu Rückforderungen von Spieler nach der Teilnahme an unerlaubtem Glücksspiel sind nicht immer einheitlich. Der überwiegende Teil der Klagen auf Rückforderung ging in der Vergangenheit aber zugunsten der Spieler aus (OLG Frankfurt, Beschluss v. 5.5.2022, 19 U 28121; OLG Frankfurt, Beschluss v. 8.4.2022, 23 U 55/21; OLG München, Urteil v. 20.9.2022,19 U 281/21; OLG Köln, Urteil v. 31.10.2022, 19 U 51/22). Einzelne Landgerichte haben Klagen auf Rückzahlung von Verlusten abgewiesen mit der Begründung, dass Spieler mit vollem Wissen am illegalen Glücksspiel teilgenommen und damit gegen die guten Sitten verstoßen hätten, so dass der Rückzahlungsanspruch gemäß § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen sei (LG Bonn, 5 S 70/21; LG München I, Urteil v. 13.4.2021, 8 O 16058/20).

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