Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 31.05.1995; Aktenzeichen 406 O 97/94)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 6 für Handelssachen, vom 31. Mai 1995 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 140.000,00 DM, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beschwer der Beklagten beträgt mehr als 60.000,00 DM.

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer 1990 geschlossenen Warenkreditversicherung auf Zahlung des Ausfalls von Werklohnforderungen gegen die Firma … in Anspruch. Dem Vertragsverhältnis lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Warenkreditversicherung (AVB-Warenkredit 1984) zugrunde. Als äußerstes Kreditziel nach § 7 Nr. 1 dieser AVB waren vier Monate vereinbart. Die Selbstbeteiligung sollte 30% betragen.

Die Klägerin erbrachte für die Firma … im Jahre 1992 Montagearbeiten für zwei Bauvorhaben in Bremerhaven und Brunsbüttel. Wegen Zahlungsschwierigkeiten der Firma … ließ sich die Klägerin am 20. Januar 1993 verschiedene Betriebsmittel zur Sicherheit übereignen und gestattete der Firma, ihre – mit 130.000,00 DM bezifferten – Außenstände in monatlichen Raten von 5.000,00 DM abzuzahlen. Am 8. März 1993 stellte die Firma … Konkursantrag. Das Konkursverfahren über das Vermögen der Firma … wurde am 1. Juni 1993 eröffnet.

Insgesamt beliefen sich die bis Ende 1992 entstandenen Forderungen der Klägerin gegen die Firma … auf 200.161,76 DM. Aus der Verwertung der ihr zur Sicherheit übereigneten Gegenstände erlöste die Klägerin 30.025,00 DM.

Wegen des verbleibenden Ausfalls von 170.136,76 DM hat die Klägerin mit ihrer Klage nach Abzug des vereinbarten Selbstbehalts von 30% von der Beklagten 119.095,20 DM verlangt. Diese hat die Zahlung u.a. mit der Begründung verweigert, die Forderungen der Klägerin gegen die Firma … seien nicht versichert, da durch die Stundungsvereinbarung vom 20. Januar 1993 das äußerst zulässige Kreditziel von vier Monaten überschritten worden sei. Im übrigen sei für alle nach dem 8. September 1992 entstandenen Forderungen der Versicherungsschutz entfallen, weil eine Rechnung vom 8. Mai 1992 erst am 3. November 1992 bezahlt worden und deswegen ebenfalls das äußerste Kreditziel abgelaufen sei. Dem hat die Klägerin entgegengehalten, daß wegen Mangelhaftigkeit der von ihr erbrachten Leistungen eine Fälligkeit dieser Rechnung erst im September 1992 eingetreten sei.

Das Landgericht hat nach Vernehmung des Zeugen … über die von der Klägerin behaupteten Mängel der auf Zahlung von 119.095,20 DM gerichteten Klage stattgegeben. Auf das Urteil des Landgerichts wird, insbesondere zur Ergänzung des beiderseitigen Parteivorbringens, Bezug genommen.

Mit ihrer vollen Umfangs eingelegten Berufung trägt die Beklagte unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens vor:

Durch die Stundungsvereinbarung vom 20. Januar 1993 habe die Klägerin der Firma ein Zahlungsziel eingeräumt, das das vertraglich bestimmte äußerste Kreditziel von vier Monaten überschritten habe. Damit sei nach § 2 Nr. 2 AVB-Warenkredit der Versicherungsschutz entfallen, denn Forderungen, für die das Zahlungsziel über das äußerste Kreditziel hinausgehe, seien nicht versichert, gleichviel ob dies auf einem anfänglich vereinbarten Zahlungsziel oder einer nachträglichen Verlängerung beruhe. Andernfalls könnte sich der Versicherungsnehmer den Versicherungsschutz stets dadurch erhalten, daß er mit seinem Kunden zunächst ein innerhalb des äußersten Kreditziels liegendes Zahlungsziel vereinbare, um kurz darauf eine über das Kreditziel hinausreichende Stundungsvereinbarung zu treffen. Hierdurch würde dem Versicherer ein unkalkulierbares Risiko aufgebürdet.

Auch wenn die Beweisaufnahme des Landgerichts ergeben habe, daß die mit der Rechnung vom 8. Mai 1992 abgerechneten Leistungen mangelhaft gewesen seien, sei der Versicherungsschutz für die nach dem 8. September 1992 entstandenen Forderungen gemäß § 7 Nr. 3 a) AVB-Warenkredit entfallen. Denn die Mangelhaftigkeit der Werkleistung hindere lediglich, daß der Werklohn gem. § 641 BGB fällig werde. Für den Versicherungsschutz komme es aber allein auf die Fakturierung an, da mit dieser gemäß § 7 Abs. 1 AVB-Warenkredit das äußerste Kreditziel zu laufen beginne. Die Berufung des Versicherungsnehmers auf den Fälligkeitszeitpunkt verstoße gegen den Grundsatz des venire contra factum proprium, denn es sei widersprüchlich, daß der Versicherungsnehmer einerseits durch die Fakturierung Versicherungsanspruch reklamiere, andererseits sich aber gegen die Rechtsfolgen einer Kreditzielüberschreitung auf mangelnde Fälligkeit berufe.

Ferner beruft sich die Beklagte weiterhin auf Leistungsfreiheit, da die Klägerin durch Nichtanzeige der Stundungsvereinbarung ihre Obliegenheiten verletzt habe und durch diese Vereinbarung eine Gefahrerhöhung eingetreten sei.

Die ...

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