Leitsatz
- Gemäß § 2 Nr. 2 AVB Warenkredit 84 versicherte Forderungen, die der Kunde nicht innerhalb des äußersten Kreditziels erfüllt, bleiben auch dann versichert, wenn der VN die Überschreitung des äußersten Kreditziels dadurch hinnimmt, dass er dem Kunden eine Stundung gewährt.
- Die Regelung des § 14 AVB Warenkredit 84 i. V. m. § 8 Nr. 3 AVB Warenkredit 84, nach der der Versicherer u. a. unabhängig von einem Verschulden und vom Einfluss auf den Eintritt und Umfang des Versicherungsfalls leistungsfrei sein soll, wenn der VN für den Abschluss einer Stundungsvereinbarung nicht die Einwilligung des Versicherers einholt, hält einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG nicht stand und ist daher unwirksam.
Normenkette
§ 2 AVB Warenkredit 84, § 8 AVB Warenkredit 84, § 14 AVB Warenkredit 84, § 9 AGBG
Sachverhalt
Die Kl. nahm die Bekl. aus einer Warenkreditversicherung auf Zahlung des Ausfalls einer Forderung in Anspruch. Dem Vertrag lagen die AVB Warenkredit 84 zugrunde. Als äußerstes Kreditziel nach § 7 Nr. 1 dieser AVB waren vier Monate vereinbart. Die Kl. erbrachte für die Fa. H. Montagearbeiten für zwei Bauvorhaben. Wegen Zahlungsschwierigkeiten der Fa. H. ließ sich die Kl. am 20.1.1993 verschiedene Betriebsmittel zur Sicherheit übereignen und gestattete der Fa. H., ihre - mit 130.000 DM bezifferten - Außenstände in monatlichen Raten von 5.000 DM abzubezahlen. Am 8.3.1993 stellte die Fa. H. Konkursantrag.
Wegen des Forderungsausfalls verlangte die Kl. von der Bekl. Entschädigungsleistung. Diese verweigerte die Zahlung u. a. mit der Begründung, die Forderungen der Kl. gegen die Fa. H. seien nicht versichert, da durch die Stundungsvereinbarung das äußerst zulässige Kreditziel von vier Monaten überschritten worden sei.
Das LG hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Bekl. hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Der Auffassung der Bekl., dass der Versicherungsschutz dadurch entfallen sei, dass die Kl. durch die Stundungsvereinbarung das äußerste Kreditziel von vier Monaten überschritten habe, ist das Berufungsgericht nicht gefolgt. Es führte aus: Da die Kl. für die Bezahlung sämtlicher Rechnungen eine Frist von sechs Wochen gesetzt habe, liege das Zahlungsziel innerhalb des äußersten Kreditziels. Für diese Forderungen habe demnach - jedenfalls zunächst - Versicherungsschutz bestanden. Durch die Stundungsvereinbarung seien die Forderungen aber auch nicht nachträglich wieder aus dem Versicherungsschutz herausgefallen. Insoweit sei zunächst darauf hinzuweisen, dass Forderungen, die der Kunde nicht innerhalb des äußersten Kreditziels erfülle, versichert bleiben, da mit der Zahlungsunfähigkeit der Versicherungsfall überhaupt erst eintrete (vgl. § 9 AVB Warenkredit 84). Gleiches habe für Forderungen zu gelten, für die der VN die Überschreitung des äußersten Kreditziels dadurch hinnimmt, dass er dem Kunden eine Stundung gewährt. Denn durch § 7 Nr. 2 AVB Warenkredit 84 werde der Überschreitung des äußersten Kreditziels eine Stundungsvereinbarung gleichgestellt. Ferner bestimme § 7 Nr. 3 a AVB Warenkredit 84, dass dann, wenn "i. S. v. Nr. 2" das äußerste Kreditziel überschritten oder dessen Überschreitung (durch Stundungsvereinbarung) erkennbar wird, der Versicherungsschutz für Forderungen aus künftigen Leistungen und Dienstleistungen endet. Da nach der sinngemäß in Bezug genommenen Nr. 2 Stundungsvereinbarungen wie Kreditzielüberschreitungen behandelt werden, sei im Wege des Umkehrschlusses aus § 7 Nr. 3 a herzuleiten, dass für bereits entstandene Forderungen der Versicherungsschutz bestehen bleibt, auch wenn durch Stundungsvereinbarung das äußerste Kreditziel überschritten oder dessen Überschreitung erkennbar wird.
Die Bekl. sei von ihrer Leistungsverpflichtung auch nicht wegen Obliegenheitsverletzungen der Kl. oder wegen Gefahrerhöhung frei geworden.
§ 8 Nr. 3 AVB Warenkredit 84 sehe vor, dass der VN u. a. vor dem Abschluss von Vergleichen, Zahlungs- oder ähnlichen Absprachen die Einwilligung des Versicherers einzuholen hat. In Verbindung mit § 14 AVB Warenkredit 84 solle hiernach der Versicherer leistungsfrei sein, wenn der VN für den Abschluss einer Stundungsvereinbarung die Einwilligung einzuholen unterlässt, auch wenn dies ohne Verschulden und ohne Einfluss auf den Eintritt und Umfang des Versicherungsfalls geschieht.
Diese Regelung halte nach Auffassung des Senats einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG nicht stand und sei daher unwirksam. Dies folge allerdings nicht bereits daraus, dass diese Regelung mit § 6 VVG nicht vereinbar ist. Denn diese Bestimmung sei in der Kreditversicherung abdingbar (vgl. BGH VersR 93, 223). Allerdings bleibe der Regelungsgehalt von § 6 VVG als gesetzliches Leitbild bei der Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG zu beachten. Insoweit habe der BGH in der zitierten Entscheidung ausgeführt, dass es mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des § 6 VVG nicht zu vereinbaren sei, wenn der VN seinen Anspruch ohne Rücksicht darauf verlieren soll, ob die Obliegenheitsverletzung überhaupt geeignet ist, die Po...