Entscheidungsstichwort (Thema)

Restwertbörse

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Vertragszweck des für eine Unfallgeschädigte zur Vorlage bei der gegnerischen Versicherung erstellten Kfz-Sachverständigengutachtens umfasst ohne ausdrückliche Einwilligung nicht die Befugnis der Versicherung, die in Papierform im Ausdruck des Gutachtens übergebenen Lichtbilder des Unfallfahrzeugs zu digitalisieren und ins Internet in eine sog. Restwertbörse einzustellen, u.a. um die Angaben des von dem Sachverständigen zugrunde gelegten Restwerts zu überprüfen.

2. Ist die (vertragsgemäße) Nutzung von Lichtbildern in einer konkreten Verwendungsform (Papierausdruck) bereits vergütet worden, so bemisst sich der Schadensersatz im Falle der darüber hinausgehenden Nutzung in einer nicht gestatteten Verwendungsform (digitalisierte Online-Nutzung) danach, welchen Mehrbetrag die vertragsschließenden Parteien für den konkreten Umfang dieser Nutzung vereinbart hätten, wenn sie diese bei Vertragsschluss mit berücksichtigt hätten.

3. Der auf eine konkrete Verletzungsform beschränkte, nicht verallgemeinerte Unterlassungsantrag kann unter dem Gesichtspunkt des § 242 BGB keinen Auskunftsanspruch in Bezug auf sonstige, von diesem Antrag nicht erfasste weitere Verletzungsfälle rechtfertigen.

 

Normenkette

UrhG §§ 19a, 31 Abs. 5, 3; BGB §§ 242, § 631 ff.

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 16.11.2007; Aktenzeichen 308 O 288/07)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 29.04.2010; Aktenzeichen I ZR 68/08)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 8, vom 16.11.2007 zu Ziff. II abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 20 EUR zu zahlen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird ebenso wie die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte zu 5/6 und der Kläger zu 1/6.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 15.500 EUR, der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 1.200 EUR abwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision gegen die Entscheidung wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger ist Kfz-Sachverständiger, die Beklagte ist ein Sachversicherer, u.a. im Bereich der Kfz-Versicherung. Der Kläger erstellte im Auftrag einer Frau P. W. ein Gutachten über ein verunfalltes Fahrzeug Renault Twingo (Anlage ASt 1 zu dem einstweiligen Verfügungsverfahren 5 U 98/07; Anlagen mit der Bezeichnung ASt bzw. AG sind auch im Folgenden stets solche des zum Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits gemachten Verfahrens 5 U 98/07). Dieses Gutachten reichte der Kläger vereinbarungsgemäß bei der Beklagten ein und machte gegenüber dieser aus abgetretenem Recht seine Vergütungsansprüche geltend.

Bestandteil des Gutachtens waren u.a. drei von dem Mitarbeiter des Klägers, Herrn G. W., erstellte Lichtbilder von dem Unfallfahrzeug. Die Nutzungsrechte an diesen Bildern hatte der Fotograf an den Kläger übertragen (Anlage ASt 14).

Die Beklagte stellte die dem Gutachten entnommenen und zu diesem Zweck aus dem Papierausdruck digitalisierten Lichtbilder ohne Einwilligung des Sachverständigen bzw. der Fahrzeugeigentümerin zusammen mit den Fahrzeugdaten online in die Fahrzeug-Restwertbörse AUTOonline (www. autoonline. de) ein. Dieses Online-Portal dient u.a. Versichern dem Zweck, die Angemessenheit des von dem Sachverständigen ermittelten Restwerts durch konkrete Marktangebote zu überprüfen.

Hiervon erfuhr der Kläger am 27.9.2006. Der Kläger sieht durch dieses Verhalten der Beklagten die urheberrechtlichen Verwertungsrechte an den Lichtbildern, die sein Mitarbeiter W. ihm übertragen hat, verletzt. Er mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 12.10.2006 unter Fristsetzung bis zum 20.10.2006 ab (Anlage ASt 8 des Rechtsstreits 5 U 98/07) und forderte sie ergebnislos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung (Anlage ASt 9 des Rechtsstreits 5 U 98/07) auf. Dieses Verlangen wies die Beklagte mit Schreiben ihrer damaligen Prozessbevollmächtigten vom 27.10.2006 (Anlage ASt 10 des Rechtsstreits 5 U 98/07) zurück. Daraufhin reichte der Kläger am 6.11.2006 bei dem LG Hamburg einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ein.

Das LG Hamburg erließ die begehrte einstweilige Verfügung antragsgemäß. Eine Abschlusserklärung gab die Beklagte auf das Aufforderungsschreiben des Klägers vom 12. 12.06 (Anlage K 1) nicht ab. Daraufhin erhob der Kläger am 27.4.2007 die vorliegende Hauptsacheklage von dem LG Hamburg.

Mit Schriftsatz vom 30.3.2007 hatte die Beklagte bereits am 2.4.2007 im Umfang des streitgegenständlichen Unterlassungsantrages negative Feststellungsklage bei dem LG Nürnberg-Fürth eingereicht (Anlage K 4).

Der Kläger hat im vorliegenden Rechtsstreit in erster Instanz beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzwei...

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