Normenkette

GKG § 51

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Beschluss vom 26.03.2020; Aktenzeichen 327 O 212/19)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 26.03.2020, Az. 327 O 212/19 unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen dahingehend abgeändert, dass der Streitwert auf 100.000,00 EUR festgesetzt wird.

2. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Mit Beschluss vom 26.03.2020 setzte das Landgericht den Streitwert für das Klageverfahren, im Rahmen dessen der Beklagten auf Basis des Lauterkeitsrechts unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel u.a. das Angebot und das Bewerben von Prüfungsdienstleistungen zur Bewertung der Rückabwicklung von Versicherungsverträgen, Darlehensverträgen und / oder Kaufverträgen untersagt werden sollte und zudem Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung geltend gemacht wurden, auf 50.000,00 EUR fest. Davon sollen jeweils 20.000,00 EUR auf die beiden Unterlassungsanträge und jeweils 5.000,00 EUR auf die Klaganträge zu 2. und 3. entfallen. Die Klägerin hatte in der Klageschrift einen Streitwert von 200.000,00 EUR angeregt. Die Kammer begründete die Wertfestsetzung damit, dass unter Berücksichtigung einerseits der über das Internet bundesweit erfolgten Werbemaßnahmen der Beklagten und andererseits des substantiierten und unter Beweisantritt erfolgten Vortrags der Beklagten zum wirtschaftlichen Erfolg der streitgegenständlichen Handlungen diese Werte als angemessen zuzuweisen seien.

Gegen diesen Beschluss legten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 20.04.2020 im eigenen Namen Beschwerde ein, die sie ausführlich begründeten. Insofern wird auf den genannten Schriftsatz verwiesen.

Nach Stellungnahme der Beklagten half das Landgericht der Beschwerde mit Beschluss vom 20.05.2020 "aus den im angefochtenen Beschluss genannten Gründen" nicht ab, ohne sich mit der Beschwerdebegründung weiter auseinanderzusetzen.

II. Die gemäß § 68 Abs. 1, § 66 Abs. 5 Satz 5 GKG, § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG statthafte sowie zulässige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist teilweise begründet.

Der Senat sieht von einer Rückgabe an das Landgericht zur erneuten Durchführung des Beschwerdeverfahrens ab (s. dazu OLG München, 04.02.2010, 31 Wx 13/10, BeckRS 2010, 3282) und entscheidet sogleich selbst.

1. Gemäß § 51 Abs. 2 GKG ist in Verfahren über Ansprüche nach dem UWG der Streitwert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Gläubigers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Die Festsetzung des Streitwerts kann nicht anhand von Regelstreitwerten erfolgen, weil dies mit den Vorschriften des § 3 ZPO und des § 51 Abs. 2 GKG nicht vereinbar ist, die eine Ermessensausübung des Gerichts vorsehen (BGH, WRP 2015, 454 Rn. 2). Der Streitwert ist für den jeweiligen Einzelfall festzusetzen, so dass Verweise auf Entscheidungen anderer Gerichte in Verfahren zwischen anderen Parteien betreffend andere Streitgegenstände die Begründung des Streitwerts nicht, jedenfalls nicht ohne weiteres, tragen können. Beim Unterlassungsanspruch ist das Interesse des Klägers an der Verhinderung künftiger Verletzungshandlungen maßgebend. In der Regel ist dafür sein wirtschaftliches Interesse maßgeblich (BGH, GRUR 1990, 1052, 1053 - Streitwertbemessung). Entscheidend ist bei Unterlassungsanträgen das Interesse des Klägers an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße, das maßgeblich durch die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit und Schädlichkeit für die Träger der maßgeblichen Interessen, bestimmt wird (BGH, GRUR 2013, 301 Rn. 56 - Solarinitiative). Streitwertangaben der Parteien zu Beginn des Verfahrens haben indizielle Bedeutung (BGH, GRUR 1986, 93, 94 - Berufungssumme), sind aber vom Gericht anhand der objektiven Gegebenheiten zu überprüfen und mit üblichen Wertfestsetzungen in gleichgelagerten Fällen zu vergleichen (BGH, GRUR 1977, 748, 749 - Kaffee-Verlosung II). Der Umfang des wirtschaftlichen Interesses des Gläubigers hängt von der Gefährlichkeit der zu verbietenden Handlung ("Angriffsfaktor") ab, welche in der Regel anhand des drohenden Schadens (Umsatzeinbußen, Marktverwirrungs- und Rufschaden) zu bestimmen ist und von den weiteren Umständen abhängt. Zu berücksichtigen sind insbesondere die Unternehmensverhältnisse beim Verletzer und beim Verletzten, d. h. Umsätze, Größe, Wirtschaftskraft und Marktstellung der Unternehmen unter Berücksichtigung ihrer künftigen Entwicklung. Weiter ist abzustellen auf die Intensität des Wettbewerbs zum Verletzten in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht sowie Ausmaß, Intensität, Häufigkeit und Auswirkungen möglicher zukünftiger Verletzungshandlungen (vgl. Köhler/Feddersen, UWG, 38. Aufl., § 12 Rn. 5.6 m.w.N.). Diese Umstände werden durch die Schädlichkeit der bereits begangenen Verletzungshandlung indiziert, die auch von den Umsätzen und Werbeaufwendungen des Verletzers abhängt (BGH, NJW-RR 1998, 1421 = GRUR 1998, 958- V...

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