Leitsatz (amtlich)

Zur Erweiterung einer Ergänzungspflegschaft mit den Wirkungskreisen der Gesundheitssorge, des Aufenthaltsbestimmungs- und Erziehungsrechtes auch auf den Wirkungskreis der Ersetzung der Einwilligung zum Schwangerschaftsabbruch.

 

Verfahrensgang

AG Hamburg-Barmbek (Beschluss vom 21.02.2014; Aktenzeichen 886 F 46/14)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Amtspflegerin gegen den Beschluss des AG Hamburg-Barmbek vom 21.2.2014 (Gesch. Nr. 886 F 46/14) wird der Beschluss dahingehend abgeändert, dass die bereits mit diesem Beschluss angeordnete Ergänzungspflegschaft mit den Wirkungskreisen der Gesundheitssorge, des Aufenthaltsbestimmungs- und Erziehungsrechtes auch auf den Wirkungskreis der Ersetzung der Einwilligung zum Schwangerschaftsabbruch erweitert wird.

Zum Ergänzungspfleger wird insoweit ebenfalls das Jugendamt des Bezirksamtes ... eingesetzt. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Verfahrenswert wird auf 3.000,- EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der am ... September 2000 geborene Pflegling P. E. ist schwanger. Über die Person des Vaters sind nähere Einzelheiten nicht bekannt. P. pflegt zu dem Jungen, der der Vater sein soll, ein freundschaftliches Verhältnis.

Die 13-jährige P., die von ihrer Mutter vor rund 2 1/2 Jahren aus Kamerun nach Deutschland geholt wurde, befindet sich zur Zeit etwa in der 11. Schwangerschaftswoche. Sie möchte die Schwangerschaft vorzeitig abbrechen. Ihr Wunsch ist es, weiter zu der von ihr in Hamburg-... besuchten Schule zu gehen, Abitur zu machen und eine Ausbildung zu machen. Sie hat sich bereits über den Schwangerschaftsabbruch nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz beraten lassen. Sie war bei einer Frauenärztin und bei der Beratungsstelle ...

Da sie sich vor Repressalien ihrer Mutter fürchtet, hatte sie nicht zuerst ihre Mutter über ihren Zustand informiert, sondern sich zunächst an eine Lehrerin und mit deren Unterstützung schließlich am 13.2.2014 an den Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD)... gewandt. Hier wurde P. dann im Hinblick auf ihre Ängste vor der Mutter gem. § 42 SGB VIII in Obhut genommen. Sie lebt derzeit in einem Mädchenhaus. Bereits im Vorfeld der aktuellen Krise war es zu Spannungen zwischen der Mutter und Tochter gekommen, anlässlich derer die Kindesmutter Kontakt mit dem ASD aufgenommen hatte. Von Seiten des ASD wurde am 14.2.2014 ein Gespräch mit der Mutter geführt, um sie über die Schwangerschaft zu informieren. Die Kindesmutter lehnte einen Schwangerschaftsabbruch sofort ab, erklärte sich aber mit der Inobhutnahme P. einverstanden.

Der ASD hat erklärt, dass er es für möglich oder sogar wahrscheinlich hält, dass im Falle der Austragung des Kindes das Neugeborene unmittelbar nach der Geburt wegen Kindeswohlgefährdung gem. § 42 SGB VIII in Obhut genommen werden müsse.

Am 18.2.2014 fand sodann ein gemeinsames Gespräch mit Mutter und Tochter im ASD statt. Hier erklärte die Mutter erneut, dass sie einen Schwangerschaftsabbruch strikt ablehne, da sie gläubige Christin sei. Auch eine Freigabe zur Adoption schied für die Kindesmutter - ebenso im Übrigen auch für P. - aus.

Das Familiengericht hat mit Beschluss vom 21.2.2014 eine Ergänzungspflegschaft mit den Wirkungskreisen der Gesundheitssorge, des Aufenthaltsbestimmungs- und Erziehungsrechtes eingerichtet, es jedoch abgelehnt, auch eine Ergänzungspflegschaft mit dem Wirkungskreis der Ersetzung der Einwilligung zum Schwangerschaftsabbruch anzuordnen. Im Wesentlichen hat es diese Entscheidung damit begründet, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Verweigerung des Erziehungsberechtigten zur Einwilligung in einen Schwangerschaftsabbruch keine missbräuchliche Ausübung des Sorgerechts sei. Das Wohl der Minderjährigen werde nicht dadurch gefährdet, dass der Sorgeberechtigte das Austragen des Kinds verlange. Wenig später erklärt es dann jedoch, dass das Jugendamt zu Recht Bedenken hinsichtlich einer Traumatisierung habe, " wenn das Kind zunächst sein eigenes, also das Neugeborene gegen den eigenen Willen austragen muss und sodann, sobald es sich vielleicht mit seiner Rolle als Mutter identifiziert hat, dieses wieder hergeben muss. Das würde eine doppelte Gefährdung auch in seelischer Hinsicht des Kindeswohls darstellen können." Dieser Gefahr sieht das AG jedoch dadurch Rechnung getragen, dass die schwangere 13-jährige während der Schwangerschaft betreut werde. Hierzu könne der Ergänzungspfleger vom Jugendamt "in geeigneter Weise beitragen." Dass im Falle des Austragens des Kindes die Minderjährige und ihr Kind bei der Mutter von P. aufwachsen könnten, sieht das AG dabei offensichtlich nicht als Option an, sondern sieht in einem Aufenthalt P. im mütterlichen Haushalt eine "unzuträgliche und immer unerträglicher werdende Situation". Demzufolge wird die Unterbringung des Kindes (P.) in einer externen Einrichtung als angezeigt angesehen. Wie sich diese externe Unterbringung dann nach der Geburt des Kindes von P. gestalten soll, lässt der Beschluss offen, obwohl darin zuv...

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