Entscheidungsstichwort (Thema)

Unbezifferter Ordnungsmittelantrag

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird ein Ordnungsmittelantrag gemäß § 890 Abs. 1 S. 1 ZPO vom Gläubiger nicht beziffert, und nennt er auch weder eine Mindestsumme noch eine Größenordnung für das zu verhängende Ordnungsgeld, so ist der Gläubiger nicht beschwert, wenn das Prozessgericht in einer Ermessensentscheidung ein Ordnungsmittel verhängt. Der Gläubiger kann daher diese Entscheidung nicht mit der Begründung anfechten, er halte das verhängte Ordnungsmittel für zu milde (Anschluss an BGH, Beschluss vom 19.02.2015, Az. I ZB 55/13, GRUR 2015, 511; entgegen OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.10.2014, Az. 6 W 47/14, BeckRS 2015, 3514, sowie OLG Schleswig, Beschluss vom 14.08.2015, Az. 16 W 76/15 - juris).

2. Eine Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren hat zu unterbleiben, wenn die Gerichtskosten in diesem Verfahren als Festgebühren erhoben werden.

 

Normenkette

GKG Ziff. 2111 Anlage I; GKG § 63 Abs. 1; ZPO § 572 Abs. 2, § 890 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 406 HKO 121/20)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 04.03.2024; Aktenzeichen I ZB 29/23)

BGH (Beschluss vom 02.02.2024; Aktenzeichen I ZB 29/23)

BGH (Beschluss vom 23.11.2023; Aktenzeichen I ZB 29/23)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 15.02.2023, Az. 406 HKO 121/20, wird als unzulässig verworfen.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Gläubiger, Antragsteller und Beschwerdeführer (im Folgenden: Antragsteller) hat mit Schriftsatz vom 07.11.2022 beantragt, gegen die Schuldnerin, Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Antragsgegnerin) ein "empfindliches Ordnungsgeld", ersatzweise Ordnungshaft wegen eines weiteren Verstoßes gegen den Unterlassungstitel gemäß Ziffer I. des Tenors aus dem Urteil des Landgerichts Hamburg vom 27.07.2021, Az. 406 HKO 121/20, zu verhängen. Der Antragsteller hat den Antrag auch in der Begründung weder beziffert noch einen Mindestbetrag oder auch nur eine Größenordnung des beantragten Ordnungsgeldes genannt. Nach Stellungnahme der Schuldnerin hat das Landgericht mit Beschluss vom 15.02.2023 ein Ordnungsgeld in Höhe von 2.000 EUR verhängt und dies näher begründet, insbesondere damit, dass zwar ein wiederholter Verstoß vorliege, dieser aber lediglich leicht fahrlässig begangen worden und auch objektiv als geringfügig zu bewerten sei. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den angegriffenen Beschluss verwiesen.

Der Antragsteller, der dieses Ordnungsgeld für zu niedrig erachtet, hat gegen den ihm am 15.02.2023 zugestellten Beschluss mit am 22.02.2023 beim Landgericht eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, "ein empfindliches Ordnungsgeld, das einen Betrag von 10.000,00 EUR nicht unterschreitet", ersatzweise Ordnungshaft zu verhängen.

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 27.02.2023 nicht abgeholfen und die Sache dem erkennenden Senat als Beschwerdegericht vorgelegt. Die Beschwerdebegründung vermöge eine anderweitige Entscheidung nicht zu rechtfertigen. Es könne nicht mehr als ein objektiv wie subjektiv leichter Verstoß gegen das gerichtliche Verbot festgestellt werden, so dass das festgesetzte Ordnungsgeld auch für den hier vorliegenden dritten Verstoß als angemessen erscheine. Wegen der weiteren Begründung wird auf den genannten Beschluss verwiesen.

II. Die Beschwerde ist nicht zulässig und daher gemäß § 572 Abs. 2 ZPO zu verwerfen.

Im Grundsatz kann ein Ordnungsmittelbeschluss gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 1, § 793 ZPO mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden. Der Antragsteller hat auch die zweiwöchige Notfrist gemäß § 569 Abs. 1 ZPO eingehalten. Er ist jedoch nicht beschwert.

Es ist umstritten, ob der ein Ordnungsmittel beantragende Gläubiger, der keinen Mindestbetrag angegeben hat, beschwert ist, wenn das Gericht die Höhe des Ordnungsgelds nach eigenem Ermessen festgesetzt hat. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat entschieden, der Gläubiger könne auch ohne Angabe eines Mindestbetrags Beschwerde einlegen (Beschluss vom 24.10.2014, Az. 6 W 47/14, BeckRS 2015, 3514 m.w.N.). Es sei anerkannt, dass der Gläubiger gegen die Festsetzung eines Ordnungsmittels nach § 890 ZPO sofortige Beschwerde einlegen könne, wenn er die festgesetzte Strafe für zu niedrig hält. Dies setze nicht voraus, dass der Gläubiger im Ordnungsmittelantrag einen konkreten Betrag oder eine Größenordnung für das Ordnungsmittel genannt hat. Anders als bei einem unbezifferten Antrag auf Zuerkennung eines Schmerzensgeldes, bei dem zur Bestimmtheit des Antrags nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und auch für die Beschwer im Falle der Rechtsmitteleinlegung jedenfalls die Größenordnung des gewünschten Schmerzensgeldes angegeben werden müsse, müsse weder ein bestimmtes Ordnungsmittel noch dessen Höhe bezeichnet werden. Sei aber der Gläubiger nicht gehalten, dem Gericht einen konkreten Vorschlag hin...

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