Entscheidungsstichwort (Thema)

Fehlende gesundheitliche Eignung als Polizeivollzugsbeamtin

 

Normenkette

VVG § 1 Abs. 1 S. 2; BUZ §§ 1-2

 

Verfahrensgang

LG Kassel (Aktenzeichen 6 O 758/00)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 6. Zivilkammer des LG Kassel v. 21.6.2000 (6 O 758/00) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 24.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 18.4.2000 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer der Beklagten beträgt 24.000 DM.

 

Gründe

Die Klägerin, die als Polizeibeamtin auf Probe wegen eines gesundheitlichen Mangels nicht in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen und aus dem Polizeidienst des Landes Hessen entlassen worden ist, nimmt die Beklagte aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (im folgenden: BUZ) auf Leistungen nach der sog. Besonderen Dienstunfähigkeitsklausel in Anspruch. Die Beklagte hält diese Klausel nicht für einschlägig, weil die zuständige Personalbehörde die Klägerin nicht wegen Dienstunfähigkeit entlassen habe, sondern den Gesundheitsmangel der Klägerin nur zum Anlass genommen habe für eine Entlassung wegen mangelnder Bewährung in der Probezeit.

Die Klägerin unterhält seit dem 1.11.1992 bei der Beklagten eine Kapitallebensversicherung mit Unfallversicherung und BUZ. Ausweislich des Versicherungsscheins besteht für die BUZ eine sog. Besondere Dienstunfähigkeitsklausel für bestimmte Beamtengruppen, darunter Polizeibeamte, mit folgendem Wortlaut:

„Wird der Beamte wegen Besonderer Dienstunfähigkeit im Hinblick auf die mit seinem Dienst verbundenen verschärften gesundheitlichen Anforderungen entlassen oder in den Ruhestand versetzt, so erbringen wir die vereinbarten Leistungen längstens für einen Zeitraum von 24 Monaten nach der Entlassung bzw. der Versetzung in den Ruhestand. Danach endet die Leistungspflicht. Die Summe der versicherten Barrente wird in einem Betrag geleistet, sobald wir die Leistungspflicht anerkannt haben.”

Die monatliche Berufsunfähigkeitsrente ist mit 1.000 DM vereinbart.

Die Klägerin war am 2.9.1991 als Beamtin auf Widerruf, Polizeihauptwachtmeister-Anwärterin, in den Dienst des Landes Hessen eingestellt und der Hessischen Bereitschaftspolizeiabteilung in A. zur Ausbildung zugewiesen worden. Im Zusammenhang mit der Geburt eines Sohnes war sie vom 14.6.1994 bis zum 6.5.1997 in Erziehungsurlaub und anschließend vom 7.5.1997 bis zum 28.2.1998 in Urlaub ohne Dienstbezüge. Während einer Abordnung vom 1.3.1998 bis zum 31.3.1999 waren häufige krankheitsbedingte Ausfallzeiten der – inzwischen zur Polizeiobermeisterin z.A. beförderten – Klägerin zu verzeichnen. In einer ärztlichen Bescheinigung vom 22.1.1999 ist für die Klägerin eine hochgradige Thorako-Lumbalskoliose diagnostiziert, auf Grund deren die Klägerin auf Dauer keine schweren körperlichen Arbeiten, insbesondere Arbeiten überwiegend in Zwangshaltungen sowie in gebückter oder hockender Haltung und das Tragen mittelschwerer bis schwerer Lasten, auf Dauer nicht mehr durchführen sollte. Nach Enden der Abordnung am 31.3.1999 hat die Klägerin krankheitsbedingt und unter Vorlage entsprechender ärztlicher Nachweise zu keinem Zeitpunkt mehr ihren Dienst an der Stammdienststelle angetreten. Eine polizeiärztliche Untersuchung am 15.6.1999 und eine weitere ärztliche Untersuchung durch einen orthopädischen Fachspezialisten vom 2.9.1999 bestätigten die frühere Diagnose einer ausgeprägten Thorako-Lumbalskoliose mit rechtsseitigem Thoraxast sowie linksseitigem Flankenbuckel. Diese Wirbelsäulenfehlbildung lasse eine Dienstfähigkeit als Polizeivollzugsbeamtin auf Dauer nicht zu.

Die Untersuchungsergebnisse vom 15.6. und vom 2.9.1999, nämlich den dort erkannten Gesundheitsmangel, nahm die Direktion der Bereitschaftspolizei in A. zum Anlass, die Nicht-Bewährung der Klägerin in der noch bis zum 17.11.1999 laufenden Probezeit festzustellen. Durch Verfügung vom 5.11.1999 hat sie die Klägerin zum Ende des Monats Dezember 1999 gem. § 42 Abs. 1 Nr. 2 HBG aus dem Polizeidienst des Landes Hessen entlassen. Von der Möglichkeit einer Versetzung in den Ruhestand gem. § 55 Abs. 1 HGB ist mangels eines ursächlichen Zusammenhangs des gesundheitlichen Problems der Klägerin und der Dienstausübung abgesehen worden. Zu den Einzelheiten wird auf die Entlassungsverfügung v. 5.11.1999 (Anl. zur Klageschrift; Bl. 8-12 d.A.) Bezug genommen.

Im Rahmen einer schon während des Entlassungsverfahrens von den Parteien betriebenen Korrespondenz hat die Beklagte mit Schreiben vom 12.10.1999 eine allgemeine Berufsunfähigkeit der Klägerin i.S.v. § 2 Nr. 1–3 ihrer AVB verneint, die Klägerin aber auf die Möglichkeit einer Leistung nach der Besonderen Dienstunfähigkeitsklausel hingewiesen, sofern ihre, der Beklagten Überprüfung des amtsärztlichen Gutachtens wie auch der vom Dienstherrn für die Klägerin erlassenen Bescheide dies bestätigten. Die Beklagte hat aber danach BUZ-Leistungen an die Klägerin nicht erbracht.

...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge