Entscheidungsstichwort (Thema)

Irreführende Verwendung des Begriffs "Stadtwerke" durch ein privates Unternehmen

 

Leitsatz (amtlich)

Der Firmenbestandteil "Stadtwerke" eines Energieversorgungsunternehmens erweckt beim angesprochenen Verkehr in der Regel den Eindruck, es handele sich um ein kommunales Unternehmen; unter dieser Voraussetzung führt diese Firmierung auch zu einer relevanten Irreführung, wenn das Unternehmen (inzwischen) einem privaten Eigentümer gehört. Dies gilt jedoch nicht, wenn - wie im Streitfall - der Eigentümerwechsel bereits vor mehr als 35 Jahren stattgefunden hat, sich das Unternehmen ausschließlich in dem Gebiet der fraglichen Gemeinde betätigt und auf die Zugehörigkeit zu einem privaten Energiekonzern in der Werbung hingewiesen wird.

 

Normenkette

UWG § 5

 

Verfahrensgang

LG Hanau (Urteil vom 02.11.2010)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 2.11.2010 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des LG Hanau wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Das LG hat die Klage, die erstinstanzlich darauf gerichtet war, es der Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, in ihrer Firmenbezeichnung den Bestandteil "Stadtwerke" zu verwenden, abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein dahingehender Unterlassungsanspruch folge insbesondere nicht aus §§ 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG. Dabei hat es offen gelassen, ob die Parteien Mitbewerber sind, da die Firmierung der Beklagten jedenfalls aufgrund der besonderen Umstände dieses Einzelfalles nicht als irreführend zu beanstanden sei.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin.

Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes i.H.v. bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, in ihrer Firmenbezeichnung den Bestandteil "Stadtwerke" zu verwenden,

hilfsweise

sich als "Stadtwerke X - ein Unternehmen der ..." zu bezeichnen oder die Internetdomain "Stadtwerke-X" zu benutzen;

2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie die unter Ziff. 1. genannten Handlungen begangen hat, und zwar durch Nennung des Zeitraums, der Art und der Auflage der verwendeten Werbemittel;

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin denjenigen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die vorstehend zu Ziff. 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird;

4. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die vorprozessual entstandenen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.780,20 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst ihren Anlagen Bezeug genommen.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Allerdings ist die mit dem in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag verbundene Klageänderung gem. § 533 ZPO zulässig. Die Klageänderung ist sachdienlich, weil es prozesswirtschaftlich ist, die mit dem Hilfsantrag geltend gemachten Unterlassungsvarianten gemeinsam mit dem Gegenstand des Hauptantrages zu entscheiden. Auch kann die Klageänderung auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO). Denn Gegenstand des Hilfsantrages ist die konkrete Firmierung der Beklagten sowie ihre Internetdomain, die bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Tatsachenvorbringens war.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Weder die mit dem Hauptantrag noch mit dem Hilfsantrag geltend gemachten Unterlassungsansprüche bestehen.

Dabei unterstellt der Senat, wie bereits im vorausgegangenen Eilverfahren 6 U 65/10, dass zwischen den Parteien ein Wettbewerbsverhältnis besteht. Der Senat hatte dazu in seinem Urteil vom 24.6.2010 ausgeführt:

"Allerdings scheitert der Verfügungsanspruch nicht schon daran, dass die Antragstellerin nicht legitimiert wäre, wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche gegen die Antragsgegnerin geltend zu machen. Zwischen den Parteien besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr....

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