Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschränkung des Sicherheitseinbehalts auf Sicherung von Ansprüchen aus dem selben Bauvertrag - Ausschluss der Aufrechung mit Ansprüchen aus anderen Bauvorhaben

 

Verfahrensgang

LG Limburg a.d. Lahn (Entscheidung vom 06.05.2016; Aktenzeichen 2 O 157/15)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 14.09.2017; Aktenzeichen VII ZR 3/17)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 6.5.2016 verkündete Urteil der zweiten Zivilkammer des Landgerichts Limburg a. d. Lahn, Aktenzeichen 2 O 157/15, wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat die Beklagte zu tragen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung abzuwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Kläger seinerseits Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Das Amtsgericht Stadt1 hat mit Beschluss vom 8.4.2009 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Inhaberin der Firma1 (Insolvenschuldnerin) eröffnet und den Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Insolvenzschuldnerin war in den Jahren 2006 und 2007 bei acht verschiedenen Bauvorhaben als Subunternehmerin im Gewerk Sanitär und Heizung für die Beklagte tätig.

Streitgegenständlich sind anteilige Werklohnansprüche aus drei Bauvorhaben. Dabei handelt es sich im Einzelnen um folgende Vorhaben und Beträge:

Projekt1 Sicherheitseinbehalt i. H. v. 1.061,41 EUR

Projekt2 Sicherheitseinbehalt i. H. v. 6.000,00 EUR

Projekt3 Sicherheitseinbehalt i. H. v. 3.425,00 EUR

Bei allen drei Vorhaben hatten die Beklagte und die Insolvenzschuldnerin unter Ziffer 13.3 der jeweiligen Verträge (vgl. exemplarisch den Vertrag bezüglich des streitgegenständlichen Projekts "Projekt3", Bl. 130 ff. d. A.) vereinbart, dass ein Betrag von 5% der Netto-Schlussabrechnungssumme zur Sicherung etwaiger Mängelansprüche von der Beklagten einbehalten werden durfte. Zu einer nach der vertraglichen Vereinbarung möglichen Ablösung des Einbehalts durch eine unbefristete, unbedingte und selbstschuldnerische Bankbürgschaft ist es jeweils nicht gekommen. In den maßgeblichen Verträgen heißt es unter Ziff. 13.3 gleichlautend weiter:

"Diese Sicherheit - gleich ob als Einbehalt oder als Bürgschaft - dient in dem Zeitraum von der Abnahme bis zum Eintritt der Verjährung der Mängelansprüche dazu, die Rechte des AG bei Mängeln (§ 634 BGB) (inklusive Aufwendungsersatz und Kostenvorschuss bei Selbstvornahme), jedwede Schadensersatzansprüche des Auftraggebers (insbesondere gemäß der §§ 280 ff. BGB) und die Ansprüche des AG auf Erstattung von Überzahlungen aus diesem Vertrag (auch hinsichtlich geänderter und zusätzlicher Leistungen) abzusichern."

Unstreitig liegen aufgrund Zeitablaufs die Voraussetzungen vor, unter denen die vereinbarungsgemäß vorgenommenen Einbehalte in einer Höhe von insgesamt 10.486,40 EUR grundsätzlich von der Beklagten auszuzahlen wären. Allerdings hat die Beklagte bereits im November 2007 die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen gegen die Insolvenzschuldnerin im Zusammenhang mit einem anderen Bauvorhaben ("Projekt4") in Höhe von seinerzeit 131.009,66 EUR erklärt. Die Auftraggeberin der Beklagten (Generalunternehmerin) wird von der Bauherrin des betreffenden Vorhabens in einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Stadt2 (Aktenzeichen ...) wegen eines massiven Wasserschadens auf Schadensersatz in Höhe von etwa 1,2 Mio. EUR in Anspruch genommen. Die Beklagte ist an jenem Rechtsstreit als Streithelferin der Generalunternehmerin beteiligt, da sie damit rechnet, von dieser in Anspruch genommen zu werden, und hat ihrerseits dem Kläger des vorliegenden Rechtsstreits den Streit verkündet.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Sicherheitseinbehalte seien objektbezogen vereinbart worden, also ausschließlich auf die Sicherung der (unstreitig nicht mehr in Betracht kommenden) Gewährleistungsansprüche des jeweiligen Bauvorhabens beschränkt, so dass eine Aufrechnung mit Ansprüche aus anderen Bauvorhaben ausscheide. Die Sicherungsabrede dürfe in ihrer Wirkung nicht durch einseitige Aufrechnungserklärungen erweitert werden.

Da zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten auch keine die Konnexität der Forderungen begründende ständige Geschäftsbeziehung bestanden habe, stehe der Beklagten auch kein Zurückbehaltungsrecht zu. Die geschlossenen Verträge seien im Einzelnen (vgl. die exemplarische Auflistung im Schriftsatz vom 16.3.2016, Bl. 106 ff. d. A.) unterschiedlich ausgestaltet, so dass kein hinreichender sachlicher und zeitlicher Zusammenhang bestehe. Kein einziger Vertrag sei als Fortsetzung früherer Vertragsabschlüsse anzusehen. Zudem seien Zurückbehaltungsrechte nach § 273 BGB nicht als insolvenzfest anzusehen.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 10.486,40 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat...

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