Entscheidungsstichwort (Thema)

Beeinträchtigung des Vertragserben durch eine Auflage und ein Vermächtnis

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Erbe hat im Falle eines Streits zwischen ihm und dem Testamentsvollstrecker etwa über die Gültigkeit, Auslegung oder Tragweite einer letztwilligen Verfügung regelmäßig ein Interesse an der alsbaldigen gerichtlichen Klärung der Streitfrage.

2. Die Anordnung einer Auflage oder eines Vermächtnisses sind jeweils Beeinträchtigungen des Rechts des vertragsmäßig Bedachten im Sinne des § 2289 Abs. 1 Satz 2 BGB.

 

Normenkette

ZPO § 256 Abs. 1; BGB § 2289 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 30.01.2017; Aktenzeichen 2-1 O 50/16)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 30. Januar 2017 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main abgeändert.

Es wird festgestellt, dass die auf Seite 2 unter Ziffer 1 der notariellen Urkunde des Notars B vom 4. Januar 2013, Nr. 4 der Urkundenrolle für 2013, verfügte Auflage eines Verkaufs- und Veräußerungsverbotes betreffend das Hausgrundstück Straße1, Stadt1-Stadtteil1, unwirksam ist.

Es wird ferner festgestellt, dass das auf Seite 3 unter Ziffer 4 der notariellen Urkunde des Notars B vom 4. Januar 2013, Nr. 4 der Urkundenrolle für 2013, verfügte Vermächtnis in Höhe von EUR 20.000,00 zugunsten von Frau A, Straße2, Straße1, unwirksam ist.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gesamten vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Beklagte ist Testamentsvollstrecker über den Nachlass der am ...2015 verstorbenen Mutter des Klägers. Die Eltern des Klägers schlossen am 30. Mai 1980 einen Erbvertrag, in dem sie sich gegenseitig zu Erben und den Kläger zum Schlusserben des längstlebenden Ehegatten einsetzten. In dem Erbvertrag behielten sie sich die Anordnung einer Testamentsvollstreckung vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Erbvertrages wird auf die als Anlage K 1 zu den Akten gereichte Kopie (Bl. 10 ff. d. A.) Bezug genommen.

Nach dem Tode des Vaters des Klägers errichtete die Mutter am 4. Januar 2013 ein notarielles Testament, in dem sie u. a. dem Kläger ein 10-jähriges Veräußerungsverbot für ein zum Nachlass gehörendes Erbbaurecht an einem Grundstück in Straße1-Stadtteil1 auferlegte. Zudem verfügte sie ein Vermächtnis in Höhe von EUR 20.000,00 zugunsten einer Frau B und bestimmte den Beklagten zum Testamentsvollstrecker. Für die weiteren Einzelheiten des notariellen Testaments vom 4. Januar 2013 wird auf die als Anlage K 2 zu den Akten gereichte Kopie (Bl. 15 ff. d. A.) verwiesen.

Mit einem weiterem notariellen Testament vom 6. August 2015 (BI. 25-27 d. A.) widerrief sie das Vermächtnis an Frau B. Wegen der weiteren Einzelheiten des notariellen Testaments vom 6. August 2015 wird auf die als Anlage K 6 zu den Akten gereichte Kopie (Bl. 25 ff. d. A.) Bezug genommen.

Dieses notarielle Testament vom 6. August 2015 wurde von Frau B gegenüber dem Nachlassgericht - dem Amtsgericht Straße1, Außenstelle Ort2 (Aktenzeichen 00) - mit der Begründung angefochten, dass die Erblasserin zu diesem Zeitpunkt nicht mehr testierfähig gewesen sei. Für die weiteren Einzelheiten der anwaltlichen Anfechtungserklärung vom 23. Oktober 2015 wird auf die als Anlage K 7 zu den Akten gereichte Kopie (Bl. 28 ff. d. A.) verwiesen.

Der Kläger möchte gegenüber dem Beklagten feststellen lassen, dass das Veräußerungsverbot und das Vermächtnis an Frau A unwirksam sind.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

1. festzustellen, dass die auf Seite 2 unter Ziffer 1 der notariellen Urkunde des Notars B vom 4. Januar 2013 - Nr. 4 der Urkundenrolle für 2013 - verfügte Auflage eines Verkaufs- und Veräußerungsverbots betreffend das Hausgrundstück Straße1, Straße1-Stadtteil1, unwirksam ist;

2. festzustellen, dass das auf Seite 3 unter Ziffer 4 der notariellen Urkunde des Notars B vom 4. Januar 2013 - Nr. 4 der Urkundenrolle für 2013 - verfügte Vermächtnis in Höhe von EUR 20.000,00 zu Gunsten von Frau A, Straße2, Straße1, unwirksam ist.

Der Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, er müsse den Willen der Erblasserin zur Ausführung bringen.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird ergänzend Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 30. Januar 2017 abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht u. a. ausgeführt, die Klage sei bereits unzulässig, da das erforderliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung eines Rechtsverhältnisses hier nicht vorliege.

Zwar stehe der Zulässigkeit der Feststellungsklage bezüglich des Klageantrages zu 1 nicht allein der Umstand entgegen, dass der Kläger das Hausgrundstück bzw. das hiera...

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