Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 03.08.2000; Aktenzeichen 2/20 O 449/99)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 3.8.2000 wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, daß der von der Beklagten am 8.9.1998 gefasste Beschluss, den Kläger aus der Beklagten auszuschließen, unwirksam ist.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die durch die Verweisung an das Landgericht Frankfurt am Main entstandenen Kosten. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 75 %, die Beklagte zu 25 %. Die Kosten erster Instanz werden dem Kläger zu 45 %, der Beklagten zu 55 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 155.000,– DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 6.000,– DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Wert der Beschwer beträgt für den Kläger 128.517,– DM, für die Beklagte 32.200,– DM (§ 546 Abs. 2 ZPO).

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt Feststellung, daß seine Ausschließung aus der Beklagten, der … unwirksam sei; die Beklagte macht widerklagend die Abführung von Anteilen an Vergütungen geltend, die der Kläger als Aufsichtsratsmitglied bezogen hat.

Der Kläger ist seit dem Jahr 1956 Mitglied der Beklagten und engagierte sich mit großem persönlichen Einsatz in verschiedenen Funktionen und auf verschiedenen Ebenen für deren Ziele. Die Beklagte ist eine als nicht rechtsfähiger Verein organisierte Gewerkschaft.

Der Kläger ist seit Jahrzehnten Vorsitzender des Betriebsrats der Fa. …, und des Gesamtbetriebsrats der Fa. Er war im Zeitraum von 1990 bis 1997, gewählt über die Wahlliste der Beklagten, Mitglied in den Aufsichtsräten dieser Firmen und bezog für seine Tätigkeit eine Vergütung. Teilbeträge dieser Vergütungen führte er an die … ab. Die …-Stiftung ist eine gewerkschaftseigene Einrichtung zur Mitbestimmungsförderung, die zum überwiegenden Teil durch Abführungen von gewerkschaftsangehörigen Aufsichtsratsmitgliedern finanziert wird.

Die Abführungspflicht des Klägers erfolgte auf Grund von § 3 Ziffer 4 Absatz 3 der Satzung der Beklagten, die wie folgt lautet:

„Das Mitglied hat Einkünfte aus Mitbestimmungsfunktionen entsprechend den vom Vorstand auf der Grundlage eines Gewerkschaftstagsbeschlusses ergangenen Richtlinien abzuführen.” Im Oktober 1990 wurden – auf Grundlage des bereits am 7.3.1979 gefassten DGB-Beschlusses (Bl. 69 d.A.) und des Beschlusses des 16. ordentlichen Gewerkschaftstags vom 22.–28.10.1989 – durch den Vorstand der …ie „Richtlinien über die Abführung von Vergütungen aus der Wahrnehmung von Mitbestimmungsfunktionen oder ähnlichen Aufgaben” erlassen (Bl. 70 d.A.).

Nach diesen Regelungen hatte der Kläger von seiner Vergütung jedes Jahr einen die Grenze von 6.000,– DM übersteigenden Teilbetrag vollständig und von dem verbleibenden Betrag nochmals 15 % (900,– DM) an die …-Stiftung abzuführen. Berechnungsgrundlage war der Vergütungsbetrag netto pro Jahr.

Obwohl der Kläger diese Abführungsregelung durch Selbstverpflichtung am 19.5.1992 (Bl. 67 d.A.) nochmals ausdrücklich anerkannt hatte, zahlte er ab 1991 die Beträge nicht vollständig, wobei die genauen Beträge zwischen den Parteien streitig sind.

Die Beklagte forderte den Kläger vielfach zur vollständigen Abführung auf. Um dem Kläger dies zu erleichtern, bot sie ihm mit Schreiben vom 2.11.1995 (Bl. 115 d.A.) eine Nachzahlungsregelung an, die der Kläger aber nicht wahrnahm. Mit Schreiben vom 3.3.1997 (Bl. 117 d.A.) machte die Beklagte ihn erneut auf die rückständigen Abführungsbeträge aufmerksam.

Die Ortsverwaltung … der Beklagten leitete am 27.2.1997 auf Antrag ihres Mitglieds Rosenberger gegen den Kläger ein Ausschlußverfahren nach §§ 9 ff. ihrer Satzung ein. § 11 Ziff. 1 der Satzung hat folgenden Wortlaut:

”Mitglieder, die nachweislich die Interessen der … schädigen, gegen die Satzung verstoßen oder sich beharrlich weigern, den Anweisungen des Vorstandes oder der Ortsverwaltung ihrer Verwaltungsstelle Folge zu leisten, können nach Durchführung eines Untersuchungsverfahrens aus der … ausgeschlossen werden.”

Hinsichtlich des weiteren Verfahrens wird auf die Bestimmungen der Satzung (Bl. 68 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger wurde unter dem 13.11.1997 über das Verfahren informiert und nahm mit Schreiben vom 2.12.1997 dazu Stellung. Am 3.4.1998 trat die von der Ortsverwaltung einberufene Untersuchungskommission zusammen. An dieser Sitzung nahmen Vertreter der Beklagten sowie der Kläger selbst und zwei von ihm vorgeschlagene Beisitzer teil. Hinsichtlich der Einzelheiten des Sitzungsverlaufs wird auf das Protokoll (Bl. 73 ff. d.A.) Bezug genommen.

In Übereinstimmung mit der abgegebenen Empfehlung der Untersuchungskommission sowie den zustimmenden Stellungnahmen der Ortsve...

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