Leitsatz (amtlich)

Gerichtliche Maßnahmen nach § 139 ZPO sind nicht geboten, wenn das prozessuale Verhalten der Partei den Schluss darauf zulässt, sie könne oder wolle nicht weiter vortragen. Dieser Schluss liegt nahe, wenn sich die Notwendigkeit weiteren Vortrages aufdrängt und der Prozessgegner hierauf zutreffend hingewiesen hat.

 

Normenkette

ZPO § 139

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 03.08.2005; Aktenzeichen 2/23 O 412/04)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 3.8.2005 verkündete Urteil der 23. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der durch die Nebenintervention verursachten Kosten zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte und ihre Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf der Grundlage eines Vertrages vom 12.3.1999 (Bl. 56 d.A.) als Gewährleistungsbürgin in Anspruch. Die Bürgschaft diente der Ablösung eines in einem Generalunternehmervertrag (Bl. 28 ff. d.A.) vereinbarten Gewährleistungseinbehalts. Nach der Bürgschaftsurkunde setzte die Bürgschaft voraus, dass das Werk "in Übereinstimmung mit den vertraglichen Bestimmungen fertiggestellt und unbeanstandet und vorbehaltlos abgenommen" worden war. In Nrn. 10.3 ff. des Generalunternehmervertrages war eine förmliche Abnahme und eine "Nachabnahme" zu im Abnahmeprotokoll festgestellten Mängeln und Restarbeiten vereinbart. Der dem Generalunternehmer - der Streithelferin der Beklagten - zustehende Werklohn wurde beglichen.

Zur Darstellung der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug.

Das LG hat die Klage abgewiesen.

Mit ihrer Berufung rügt die Klägerin, das LG habe ihren Vortrag zu Abnahmen vom 15.12.1998 und vom 21.1.1999 sowie dazu übergangen, dass die im Abnahmeprotokoll vom 21.1.1999 vorbehaltenen Schönheitsreparaturen bis zum 30.1.1999 erledigt gewesen seien. Sie sei davon ausgegangen, mit diesem Protokoll eine vorbehaltlose Abnahme bewiesen zu haben. Das LG habe es versäumt, auf seine gegenteilige Ansicht hinzuweisen; wenn es dies pflichtgemäß getan hätte, hätte sie bereits erstinstanzlich die nunmehr (Bl. 289 d.A.) benannten drei Zeugen dafür benannt, dass am 21.1.1999 eine vorbehaltlose Abnahme erfolgt, bis zum 30.1.1999 die "Schönheitsreparaturen" erledigt und die Fliesenspiegel angebracht worden seien und dass das Bauvorhaben "nochmals" und vorbehaltlos abgenommen worden sei.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 53.913,10 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 51.807,67 EUR seit dem 13.2.2004, aus 1.900,91 EUR seit dem 21.5.2004 und aus 204,51 EUR seit dem 12.2.2005 zu zahlen, hilfsweise, unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückzuverweisen.

Die Beklagte und ihre Streithelferin beantragen, die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigen das landgerichtliche Urteil.

II. Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die im Bürgschaftsvertrag vereinbarten Voraussetzungen für die Haftung der Beklagten waren nicht festzustellen.

1. Der Senat teilt die Ansicht des LG zur Auslegung des Bürgschaftsvertrages. Aus der Vertragsurkunde ergibt sich, dass die Bürgschaftsverpflichtung von zwei Voraussetzungen abhängen sollte, der vertragsgemäßen Fertigstellung und der Abnahme, die ohne Beanstandungen und Vorbehalte erklärt worden sein musste. Der Wortlaut der Vertragsurkunde ist klar.

Gründe für eine davon abweichende Auslegung sind weder dargelegt noch ersichtlich. Die Klausel bezweckte erkennbar eine Begrenzung des Risikos der Beklagten dergestalt, dass bei Abschluss des Bürgschaftsvertrages kein Streit über die Vollständigkeit und die Qualität der erbrachten Bauleistung bestehen und dass dies dokumentiert sein sollte. Angesichts dieses Zwecks wäre einer vorbehaltlosen Abnahme allenfalls der Fall gleichzustellen, dass bei der Abnahme zwar Vorbehalte erklärt wurden, die Zedentin aber nach Erledigung der "vorbehaltenen" Rest- und Mängelbeseitigungsarbeiten ggü. der Streithelferin schriftlich erklärte, nun seien die Vorbehalte hinfällig geworden. Der Ansicht der Klägerin, der angesprochene Vertragspassus stelle lediglich eine rechtlich unerhebliche Einleitungsbemerkung dar, vermag der Senat nicht zu folgen.

2. Mangels einer Überrumpelung der Zedentin scheitert eine Einbeziehung der Voraussetzungsklausel nicht an § 3 AGBG; dies ist im landgerichtlichen Urteil der Sache nach zutreffend ausgeführt.

3. Am 21.1.1999 fehlten sowohl die vertragsgemäße Fertigst...

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