Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine fristgerechte Invaliditätsfeststellung bei Zuordnung der Schäden zum falschen Unfallereignis in der Invaliditätsbescheinigung

 

Leitsatz (amtlich)

Enthält bei zwei aufeinanderfolgenden Unfällen eine eindeutig nur dem ersten Unfallereignis zugeordnete Invaliditätsbescheinigung auch Angaben zu Schäden, die aus dem zweiten Unfallereignis resultieren, liegt darin keine Invaliditätsfeststellung im Sinne von Ziffer 2.1.1.1 AUB bezüglich der Schäden aus dem zweiten Unfallereignis.

 

Normenkette

AUB Ziff. 2.1.1.1; VVG § 186

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 19.12.2019; Aktenzeichen 2-23 O 471/14)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 19.12.2019 (2/23 O 471/14) wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses Urteil und das mit der Berufung angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten Leistungen aus einer Unfallversicherung i.H.v. 23.400 EUR wegen eines behaupteten Unfallereignisses vom XX.01.2010 und daraus resultierender Verletzungen des linken Daumens.

Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Unfallversicherung, für die nach der zum Unfallzeitpunkt gültigen Ausfertigung Nr. 13 des Versicherungsscheins eine Invaliditätsgrundsumme von 195.000,- EUR mit progressiver Staffel galt. Dem Vertrag liegen die AL-AUB 2002 sowie besondere Bedingungen der Beklagten für die Bemessung des Invaliditätsgrades für Heilberufe zugrunde. Nach diesen beträgt der Daumenwert 60%.

Ziff. 2.1.1.1 AL-AUB 2002 ("Voraussetzungen für die Leistung") lautet:

Die versicherte Person ist durch den Unfall auf Dauer in ihrer körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt (Invalidität).

Die Invalidität ist

  • Innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten und
  • Innerhalb von 21 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und von Ihnen bei uns geltend gemacht worden.

Der Kläger meldete den behaupteten Unfall vom XX.01.2010 mittels eines ausgefüllten Formulars der Beklagten, das die Ausschließlichkeitsvermittlerin der Beklagten Vorname1 X am 03.03.2010 an den Schadenservice der Beklagten weiterleitete. Wegen des näheren Inhalts wird auf die Anlage BLD 10, Bl. 92-94 d.A, Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 03.03.2010 teilte die Beklagte dem Kläger daraufhin die dem Vorgang zugeordnete Schadennummer mit und führte zu den Invaliditätsfristen i.S.v. § 186 VVG unter Bezugnahme auf Ziff. 2.1.1.1 AL-AUB 2002 aus, dass die versicherte Person durch den Unfall auf Dauer in ihrer körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt sein müsse. Die Invalidität müsse innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten sein und innerhalb von 21 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und vom Kläger bei der Beklagten geltend gemacht werden. Mit Schreiben vom 27.10.2010 erinnerte die Beklagte den Kläger mit gleichlautendem Hinweis an die Invaliditätsfristen. Mit weiterem Schreiben vom 15.11.2010 übersandte die Beklagte dem Kläger einen "Fragebogen Invalidität", in dem die zuvor mitgeteilte Schadennummer und das Unfalldatum vorgegeben waren, und wiederholte den zuvor zweimalig erteilten Hinweis, allerdings ergänzt um den Satz "Werden diese Fristen nicht eingehalten, besteht kein Anspruch auf Invaliditätsleistung". Am 29.12.2010 reichte der Kläger zwar ein handschriftlich ausgefülltes Formular "Fragebogen Invalidität" bei der Beklagten ein. Dieses trägt allerdings eine andere Schadennummer und ein anderes Unfalldatum, nämlich die Schadendaten zu einem weiteren, nicht mehr streitgegenständlichen Unfall vom XX.04.2009, bei dem der Kläger sich an der Schulter verletzte. Bei den Angaben des Klägers zu den Unfallfolgen beschreibt dieser stichwortartig Schulterbeschwerden. Der zuletzt behandelnde Arzt führt darin handschriftlich als Dauerfolgen "Chronische Reizung ACG" und eine Diagnose an, die trotz unklaren Schriftbilds, zumindest auch als "Instabilität Daumengrundgelenk" gelesen werden kann. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage BLD 6, Bl. 74 d.A., Bezug genommen. In der Folgezeit reichte der Kläger keine weiteren Unterlagen bei der Beklagten mit Bezug zu dem Unfallereignis vom XX.01.2010 mehr ein.

Der Kläger hat vorgetragen, er habe sich am XX.01.2010 am linken Daumen verletzt, indem er von einem Tennisschläger an der Hand getroffen worden sei. Es sei zu einer Bone Bruise, einer Impressionsfraktur des Kopfes des ersten Mittelhandknochens linksseits und einer Kapselsprengung des Daumengrundgelenks links gekommen. Aufgrund dessen habe er dauerhaft ein Instabilitätsgefühl sowie Schmerzen bei Ausübung von Druck über den Daumen. Feinmotorisc...

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