Leitsatz (amtlich)

Das Land als Träger der Straßenbaulast genügt seiner Verkehrssicherungspflicht im Zusammenhang mit der Durchführung von Mäharbeiten, wenn es das Schnittgut anschließend abseits vom Fahrbahnrand liegen lässt und nach einem Unwetter zeitnah eine Kontrollfahrt durchführt. Kommt es kurze Zeit später zu einem Verkehrsunfall, weil Grasschnitt auf die Fahrbahn hinüber geweht und diese dadurch glatt geworden ist, hat das Land hierfür nicht einzustehen.

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Marburg (Urteil vom 04.05.2004; Aktenzeichen 2 O 45/04)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Marburg v. 4.5.2004 - 2 O 45/04 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger macht gegen das beklagte Land Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend.

Am Mittwoch, dem 10.7.2002, befuhr die Zeugin Z 1, die Lebensgefährtin des Klägers, mit dem dem Kläger gehörenden Pkw, einem ..., gegen 18.45 Uhr die Landstraße L. aus O 1 kommend in Richtung O 2. Für den Bereich der späteren Unfallstelle war durch eine entsprechende Beschilderung eine Höchstgeschwindigkeit von maximal 70 km/h erlaubt. Ferner wurde durch das Zeichen 105 des § 40 StVO auf eine Doppelkurve, zunächst links, hingewiesen und durch das Zusatzzeichen 1006/36 des § 39 StVO vor der Gefahr von Auffahrunfällen gewarnt. Das beklagte Land war und ist für diesen Streckenabschnitt verkehrssicherungspflichtig.

Die Zeugin Z 1 kam mit ihrem Fahrzeug ausgangs einer Rechtskurve über eine Kuppe nach links von der Fahrbahn ab, fuhr eine Böschung hinunter und prallte gegen einen Baum. Sie wurde bei dem Unfall leicht verletzt, an dem BMW entstand ein wirtschaftlicher Totalschaden.

Der Kläger begehrt mit der Klage Ersatz seines materiellen Schadens i.H.v. 6.069,29 Euro, der sich aus dem Wiederbeschaffungswert für ein Ersatzfahrzeug i.H.v. 5.275 Euro, einer Nutzungsentschädigung von 380 Euro, Sachverständigenkosten i.H.v. 394,29 Euro und einer Auslagenpauschale von 20 Euro zusammensetzt.

Der Kläger hat behauptet, die Zeugin Z 1 sei mit ca. 60 km/h durch die oben genannte Rechtskurve über die Kuppe gefahren. Die Fahrbahn sei aufgrund des vorausgegangenen Regens noch nass gewesen. Für sie völlig überraschend habe auf beiden Fahrbahnen festgefahrenes Schnittgut in erheblichem Umfang gelegen. Das Gras habe aufgrund der Nässe der Fahrbahn dazu geführt, dass diese absolut schmierig und glatt gewesen sei. Zudem sei die Fahrbahn durch Erde verschmutzt gewesen. Die Verunreinigung der Fahrbahn sei durch zuvor durchgeführte Mäharbeiten am Straßenrand verursacht worden. Insoweit ist unstreitig, dass das beklagte Land am Unfalltag zwischen etwa 15.00 Uhr und 15.50 Uhr im Bereich der späteren Unfallstelle die mit Gras bewachsenen Banketten gemäht hatte. Der Kläger hat weiter behauptet, dass auf der infolge der Verunreinigungen schmierigen Geraden das Fahrzeug nach links weggerutscht und - unstreitig - eine Böschung hinunter geraten sei. Er hat die Auffassung vertreten, das beklagte Land sei seiner Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen und habe unter Verstoß gegen § 32 StVO das sich auf der Straße und den Banketten befindliche Mähgut nicht beseitigt. Gerade aufgrund des am Unfalltag unstreitig herrschenden Unwetters hätten weitere Sicherheitsmaßnahmen ergriffen und die Straße sowie der angrenzende Bereich nach Abschluss der Mäharbeiten laufend überprüft werden müssen. Das Schnittgut hätte unmittelbar nach dem Mähen abgefahren, zumindest hätten die vor den Mäharbeiten aufgestellten Warnschilder bis zum Abtransport des Mähgutes stehen gelassen werden müssen.

Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 6.069,29 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszins seit dem 29.8.2002 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, es sei bei den Mäharbeiten ein Mähfahrzeug mit Gebläse verwendet worden, welches das Schnittgut von der Fahrbahn weg in Richtung der Banketten geblasen habe. Bis zum Ende der von ca. 15.00 Uhr bis 15.50 Uhr andauernden Mäharbeiten am Straßenrand in Richtung O 3 seien Schnittgut oder Erde auf der Fahrbahn nicht vorhanden gewesen. Aufgrund des am Nachmittag herrschenden Unwetters hätten Mitarbeiter der Straßenmeisterei -, nämlich die Zeugen Z 2 und Z 3, gegen 17.00 Uhr eine Kontrollfahrt durchgeführt und kein Schnittgut und keine Erdverschmutzung auf der Fahrbahn im Bereich der späteren Unfallstelle festgestellt. Allerdings habe zu dieser Zeit äußerst schlechtes Wetter mit Regen und Sturm geherrscht, der im Bezirk der Straßenmeisterei - zur Entwurzelung einzelner Bäume geführt habe. Die Zeugin Z 1 sei angesichts der ungünstigen Witterungsbedingungen zu schnell gefahren, obwohl sie über Ortskenntnisse verfügt habe und ihr die Beschilderung bekannt gewesen sei.

Das beklagte Land hat nach Durchführung der Beweisaufnahme vor dem LG behauptet, das zur Unfallzeit auf d...

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