Leitsatz (amtlich)

1. § 17 Nr. 6 VOB/B ist keine Schutzgesetz i.S.v. § 823 II BGB.

2. Zur Haftung des Zwangsverwalters nach § 154 ZVG.

 

Normenkette

BGB § 823; InsO § 60; VOB/B § 17; ZVG §§ 9, 154

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 23.11.2007; Aktenzeichen 2-27 O 91/07)

 

Gründe

I. Der Beklagte hat als Zwangsverwalter mehrerer Baugrundstücke der Firma A GmbH (AG Hanau 42 L 73-81/02) ein Bauvorhaben zu Ende geführt und in diesem Zusammenhang die Klägerin mit Bauarbeiten beauftragt. Die Klägerin hat dem Beklagten eine Gewährleistungsbürgschaft überlassen, um den Gewährleistungseinbehalt i.H.v. 9.758,28 EUR abzulösen. Gleichwohl ist ihr der Einbehalt nicht ausgezahlt worden. Die von dem Beklagten mit Schreiben vom 3.9.2004 an die betreibende und die Zwangsverwaltung bevorschussende Gläubigerin, die B eG, gerichtete Aufforderung, den Einbehalt an die Klägerin auszuzahlen, ist erfolglos geblieben. Die Zwangsverwaltungsverfahren sind auf Antrag der Gläubigerin nach und nach, das letzte Verfahren am 5.1.2005 aufgehoben worden. Nach weiteren Mahnungen hat der Beklagte mit Schreiben vom 29.12.2006 die Bürgschaftsurkunde der Klägerin zurückgegeben und mitgeteilt, die Zwangsverwaltung sei seit langem aufgehoben, er verwalte keine Vermögenswerte mehr aus diesem Verfahren.

Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin den Beklagten persönlich auf Zahlung dieser Summe in Anspruch. Sie ist der Ansicht, der Beklagte hafte gem. § 154 ZVG. Er habe den Sicherheitseinbehalt entgegen § 17 Nr. 6 VOB/B nicht auf ein Sperrkonto eingezahlt, sondern augenscheinlich mit den übrigen Massegeldern vermengt und anderweit ausgekehrt. § 17 Nr. 6 VOB/B sei ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB. Außerdem meint die Klägerin, der Beklagte habe gem. § 150 ZVG eine ihr gegenüber obliegende Vermögensbetreuungspflicht. Diese habe er bedingt vorsätzlich verletzt, indem er den Einbehalt nicht von der Masse getrennt und nicht auf ein Sperrkonto eingezahlt habe. Deshalb hafte er auch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB.

Der Beklagte trägt vor, da die Gläubigerin sämtliche Mittel zur Erstellung des Bauvorhabens bevorschusst habe und darüber auch abgerechnet worden sei, sei der rechnerisch sich ergebende Betrag des Einbehalts noch bei der ...-Bank vorhanden. Ferner meint der Beklagte, die Klägerin sei nicht Beteiligte i.S.d. § 154 ZVG und könne sich deshalb auf diese Haftungsvorschrift nicht berufen. Der Beklagte habe auch keine ihm gegenüber Beteiligten bestehenden Pflichten verletzt. Das trage die Klägerin auch nicht vor. Auch sei § 17 Nr. 6 VOB/B kein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB. Dem Beklagten obliege ggü. der Klägerin auch keine Vermögensbetreuungspflicht, da die Klägerin an dem Zwangsverwaltungsverfahren nicht beteiligt sei. Jedenfalls habe der Beklagte den Sicherheitseinbehalt nicht vorsätzlich der Klägerin vorenthalten.

Das LG hat die Klage abgewiesen, weil die Verwalterhaftung gem. § 154 ZVG ggü. der Klägerin, die nicht Beteiligte i.S.v. § 9 ZVG sei, nicht bestehe. Auch ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB bestehe nicht. Den Beklagten treffe zwar eine Vermögensbetreuungspflicht. Die Pflicht, den Sicherheitseinbehalt auf ein Sperrkonto einzuzahlen, begründe eine solche Pflicht. Dass der Beklagte das dafür erforderliche Geld nicht gehabt habe, sei gleichgültig, da sich diese Pflicht nicht auf bestimmte Buchgeldpositionen beziehe. Dem Beklagten sei aber kein vorsätzliches Handeln vorzuwerfen, da er den Inhalt der maßgeblichen Treuepflicht nicht positiv erkannt habe.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie meint, bei richtiger Würdigung der Umstände habe das LG den bedingten Vorsatz des Beklagten nicht verneinen dürfen. Jedenfalls sei der Beklagte über seine Vorstellungen persönlich zu vernehmen, was die Klägerin aufgrund einer Überraschungsentscheidung des LG in erster Instanz nicht habe beantragen können.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 9758,28 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.9.2004 und 859,80 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil, wendet sich ergänzend gegen die Annahme einer Vermögensbetreuungspflicht und dagegen, dass § 17 Nr. 6 VOB/B ein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB sei.

Die Akten des AG Hanau 42 L 73-81/02 waren zu Informationszwecken Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II. Die Berufung ist unbegründet. Das LG hat die Klage mit Recht abgewiesen.

Der Klägerin steht ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB nicht zu.

Ob, wie das LG im Anschluss an die Ansicht des OLG München (NJW 2006, 2278) meint, die Pflicht, den Sicherungseinbehalt auf ein Sperrkonto einzuzahlen, als besondere, typischerweise fremdnützige Vermögensbetreuungspflicht i.S.v. § 266 StGB anzusehen ist, erscheint zweifelhaft. Der Unternehmer hat es in der ...

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