Leitsatz (amtlich)

Verwirkung des Widerrufsrechts nach § 495 Abs. 1 BGB a.F.

 

Normenkette

BGB § 495 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 26.11.2015; Aktenzeichen 2-28 O 237/15)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 26.11.2015 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung haben die Kläger zu tragen.

Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Hinsichtlich des Sachverhalts wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, die keiner Änderung oder Ergänzung bedürfen, gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Die Kläger machen gegen die Beklagte Ansprüche im Zusammenhang mit dem Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrags vom April 2011 geltend.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass den Klägern gegen die Beklagte Ansprüche im Zusammenhang mit dem Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrags nicht zuständen, da einem etwaigen Widerrufsrecht der Kläger jedenfalls die Einwände der Verwirkung und der unzulässigen Rechtsausübung entgegen ständen.

Die Kläger hätten kein schutzwürdiges Interesse an einem Widerruf. Der Zweck der Widerrufsvorschriften sei vorliegend nicht einschlägig. Die Kläger nutzten eine formal bestehende Widerrufsmöglichkeit zur Erreichung vertragsfremder Zwecke aus. Sie seien auf das Darlehen zur Finanzierung ihres Eigenheims angewiesen gewesen. Die Voraussetzungen einer unzulässigen Rechtsausübung seien damit gegeben.

Zeit- und Umstandsmoment der Verwirkung seien vorliegend ebenfalls erfüllt angesichts des Zeitablaufs sowie des Angewiesenseins der Kläger auf das Darlehen und ihrer jahrelangen Erfüllung ihrer Vertragspflichten.

Die Kläger haben am 23.6.2016 gegen das ihnen am 23.5.2016 zugestellte Urteil des Landgerichts fristgerecht Berufung eingelegt und diese am 25.8.2016 fristgerecht innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet.

Mit der Berufung verfolgen die Kläger ihre erstinstanzlichen Anträge weiter, ergänzt um Hilfsanträge.

Die Kläger hätten von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch gemacht, um den Vertrag rückabzuwickeln, wie dies bei fehlerhaften Widerrufsbelehrungen das Recht der Kläger sei. Es werde bestritten, dass sie Zinsen bzw. Vorfälligkeitsentschädigung hätten einsparen wollen. Die Annahme des Landgerichts, die Kläger seien auf das Darlehen zur Finanzierung ihres Eigenheims angewiesen gewesen, sei mit dem Parteivortrag nicht vereinbar und werde hilfsweise bestritten.

Es sei vorliegend entgegen der rechtsfehlerhaften Auffassung des Landgerichts weder eine unzulässige Rechtsausübung gegeben noch läge eine Verwirkung vor, wie im Einzelnen ausgeführt.

Die Beklagte habe zwei völlig unterschiedliche und von der Musterwiderrufsbelehrung verschiedene Widerrufsbelehrungen dem Vertrag beigefügt. Die Beklagte könne sich nicht auf die Schutzwirkung der Musterwiderrufsbelehrung berufen; unabhängig davon, ob eine inhaltliche Übereinstimmung zu dem Muster gegeben sei, fehle es an den notwendigen Voraussetzungen, die das Deutlichkeitsgebot mit sich bringe. Die lediglich beispielhafte Aufzählung wichtiger Angaben in der im Vertrag enthaltenen Widerrufsbelehrung erweise sich als nicht vollumfänglich hinsichtlich aller wichtigen Angaben.

Die Widerrufsbelehrung sei nicht hinlänglich deutlich gestaltet im Sinne von § 354 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.; insoweit werde auf das Urteil des OLG Nürnberg vom 1.8.2016 (14 U 1780/15) verwiesen.

Unter Verweisung auf das Urteil des EuGH vom 9.9.2016 (C-42/15-) werde angeregt, die Sache dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 26.11.2015 abzuändern und

1. festzustellen, dass das Darlehen mit der Kontonummer ... von den Klägern wirksam widerrufen wurde und sich in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat;

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger auf der Grundlage des Widerrufs eine Endabrechnung des Darlehensvertragsverhältnisses mit der Kontonummer ... und des sich daraus ergebenden Rückgewährschuldverhältnisses zu erteilen;

3. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rückabwicklung des Darlehensvertrags mit der Kontonummer ... mit den Klägern in Verzug befindet und den Klägern Ersatz für jeden schaden schuldet, der diesen durch die Verweigerung der Anerkennung des Widerrufs nach dem 22.6.2015 entstanden ist;

4. die Beklagte zu verurteilen, die Kläger von der Inanspruchnahme der Kostenrechnung der A vom 8.7.2015 Rechnungsnummer ... in Höhe eines Betrags von 3.243,23 EUR freizustellen;

hilfsweise

die Beklagte zu verurteilen, aus dem Darlehen ... an die Kläger 25.168,45 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 2,5 % über dem jeweiligen Bas...

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