Leitsatz (amtlich)

Eine Feststellungsklage in Widerrufsfällen ist weiterhin zulässig, wenn zwischen den Parteien weder vorgerichtlich noch in erster oder zweiter Instanz Streit über die Höhe der Ansprüche besteht. Da insbesondere die Rechtsfolgen höchstrichterlich geklärt sind, die nach Widerruf der auf Abschluss eines Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung in Altfällen eintreten, ist zu erwarten, dass die Beklagte als Bank ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen wird.

Das Europäische Standardisierte Merkblatt dient der Erfüllung vorvertraglicher Informationspflichten nach § 491a BGB in der vom 11.06.2010 bis zum 20.03.2016 gel-tenden Fassung (vgl. dazu BGH, Urteil vom 22.11.2016 - XI ZR 434/15 -, juris Rn. 30). Das gilt auch, wenn das Merkblatt entgegen § 491a BGB a.F. zusammen mit den Vertragsunterlagen übergeben/übersandt wird. Ohne ausdrücklichen Verweis im Darlehensvertrag auf das Europäische Standardisierte Merkblatt rechnet der Verbraucher nicht damit, dort eine die gesetzliche Widerrufsfrist auslösende Angabe zu finden.

Das Europäische Standardisierte Merkblatt dient der Erfüllung vorvertraglicher Infor-mationspflichten nach § 491a BGB in der vom 11.06.2010 bis zum 20.03.2016 gel-tenden Fassung (vgl. dazu BGH, Urteil vom 22.11.2016 - XI ZR 434/15 -, juris Rn. 30). Das gilt auch, wenn das Merkblatt entgegen § 491a BGB a.F. zusammen mit den Vertragsunterlagen übergeben/übersandt wird. Ohne ausdrücklichen Verweis im Darlehensvertrag auf das Europäische Standardisierte Merkblatt rechnet der Verbraucher nicht damit, dort eine die gesetzliche Widerrufsfrist auslösende Angabe zu finden. Eine Feststellungsklage in Widerrufsfällen ist weiterhin zulässig, wenn zwischen den Parteien weder vorgerichtlich noch in erster oder zweiter Instanz Streit über die Höhe der Ansprüche besteht. Da insbesondere die Rechtsfolgen höchstrichterlich geklärt sind, die nach Widerruf der auf Abschluss eines Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung in Altfällen eintreten, ist zu erwarten, dass die Beklagte als Bank ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen wird.

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 12.02.2016; Aktenzeichen 10 O 551/15)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 12.02.2016 - 10 O 551/15 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziffer 1 des Tenors des landgerichtlichen Urteils wie folgt lautet:

Es wird festgestellt, dass sich der Darlehensvertrag mit der Kontonummer ... für das Objekt H. über 500.000 EUR durch den Widerruf des Klägers vom 28.07.2015 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des LG sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht er Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu jeweils vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert wird für die erste - insoweit in Abänderung der Festsetzung durch das LG - und zweite Instanz auf bis 125.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Darlehenswiderrufs.

Der Kläger schloss mit der Beklagten am 13.01.2011 einen grundpfandrechtlich gesicherten Darlehensvertrag über 500.000 EUR zur Finanzierung des Erwerbs eines Grundstücks zu einem Nominalzins von 3,47 % (Anlage K1). Der Sollzinssatz war gebunden bis zum 30.11.2020. Der Darlehensvertrag enthält unter Nr. 14 eine Widerrufsinformation, die auszugsweise wie folgt lautet:

"Die Frist [gemeint: die Widerrufsfrist] beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z.B. Angabe des effektiven Jahreszinses, Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrags, Angabe der für die Sparkasse zuständigen Aufsichtsbehörde) erhalten hat".

Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 28.07.2015 (Anlage K2) erklärte der Kläger den Widerruf des Darlehens. Die Beklagte wies den Widerruf durch Schreiben vom 29.07.2015 (Anlage K3) zurück.

Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die Frist zur Erklärung des Widerrufs gem. §§ 495, 355 BGB sei am 28.07.2015 noch nicht abgelaufen gewesen, weil die Widerrufsinformation im Darlehensvertrag in verschiedener Hinsicht fehlerhaft sei. Es fehle die Angabe der für die Beklagte zuständigen Aufsichtsbehörde. Die Beklagte selbst habe in ihrer Widerrufsbelehrung die Angabe der zuständigen Aufsichtsbehörde als eine der Voraussetzungen genannt, damit die Widerrufsfrist zu laufen beginne. Der Kläger bestreitet in diesem Zusammenhang, dass er das als Anlage B1 vorgelegte europäische standardisierte Merkblatt erhalten habe. Ein solches sei ihm bis jetzt nicht bekannt gewesen. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben liege nicht vor, da es auf das Motiv des Verbrauchers nicht ankomme. Es fehle jedenfalls am ...

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