Leitsatz (amtlich)

Verjährungshemmung für Anspruch auf Rückzahlung des Restdarlehens nach Kündigung des Darlehensvertrages

 

Normenkette

BGB § 497 Abs. 3 Nr. 3

 

Verfahrensgang

LG Gießen (Entscheidung vom 14.09.2018; Aktenzeichen 3 O 47/18)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 14.07.2020; Aktenzeichen XI ZR 553/19)

 

Tenor

Der Regelung des § 497 III 3 BGB über die Hemmung der Verjährung erfasst auch den Anspruch auf Rückzahlung der Restdarlehenssumme nach Kündigung des Darlehensvertrages.

Die Berufung des Beklagten gegen das am 14.9.2018 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Gießen wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt aus abgetretenem Recht Rückzahlung einer infolge Kündigung eines Darlehensvertrages zur Rückzahlung fälligen Restdarlehenssumme. Die für diesen Anspruch regelmäßig bestehende dreijährige Verjährungsfrist ist abgelaufen. Die Klägerin beruft sich auf die zehnjährige Hemmung nach § 497 III 3 BGB. Der Beklagte ist der Auffassung, diese Vorschrift erfasse nur während des Darlehensvertrages aufgelaufene Tilgungs- und (vertragliche) Zinsleistungen, nicht dagegen den Anspruch auf Zahlung der gesamten Restschuld nach Kündigung des Darlehensvertrages. Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 I, 1 ZPO).

Der Beklagte hat gegen das der Klage stattgebende Urteil Berufung eingelegt. Er wiederholt und vertieft seine Rechtsauffassung, dass § 497 III 3 BGB auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sei.

Der Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteil die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Der Klägerin steht der aus abgetretenem Recht geltend gemachte Anspruch auf Darlehensrückzahlung zu. Wie das Landgericht mit Recht angenommen hat, ist der Anspruch insbesondere nicht verjährt, da die Verjährung gemäß § 497 III 3 BGB gehemmt war und die Klageforderung innerhalb von zehn Jahren seit ihrer Entstehung gerichtlich geltend gemacht worden ist.

Die Hemmungsregelung des § 497 III 3 BGB erfasst entgegen der vom Landgericht Hamburg (vgl. NZI 2018, 374) vertretenen Auffassung auch den hier streitgegenständlichen Anspruch auf Rückzahlung der Restdarlehenssumme nach Kündigung des Darlehensvertrages (so auch - entgegen dem Landgericht Hamburg - Schwintowski in Herberger u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl., Rdz. 12.2 zu § 497).

Grundsätzlich enthalten Verjährungsvorschriften formale Regelungen, deren Auslegung sich im Interesse der Rechtssicherheit eng an den Wortlaut anlehnen muss; dies gilt auch für die Vorschrift des § 497 III 3 BGB (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 13.3.2007 - XI ZR 263/06 - sowie die diesem Beschluss vorangegangene Entscheidung OLG Köln WM 2007, 1326). Der Wortlaut der Vorschrift, wonach die Verjährung "der Ansprüche auf Darlehensrückzahlung und Zinsen" gehemmt sind, lässt es nicht zu, davon die Rückzahlung des Restdarlehens nach Kündigung des Darlehensvertrages auszunehmen. Unter diesen Umständen vermag auch der Versuch des Landgerichts Hamburg, aus Sinn und Zweck der Regelung, wie sie sich insbesondere aus der Gesetzesbegründung ergibt, etwas anderes herzuleiten, nicht zu überzeugen.

Allerdings liegt der Hemmungsregelung des § 497 III 3 BGB die Überlegung zugrunde, es vor dem Hintergrund der kurzen dreijährigen Verjährungsfrist zu vermeiden, dass der Gläubiger trotz eingehender Zahlungen des Schuldners allein zur Verhinderung des Verjährungseintritts die Titulierung betreiben und damit weitere Kosten zu Lasten des Schuldners verursachen muss (vgl. BGH NJW 2011, 1870, Rn. 14). Wie das Landgericht Hamburg zutreffend ausgeführt hat, entfällt die Grundlage für diese gesetzgeberische Erwägung, wenn der Schuldner die Zahlungen eingestellt und der Darlehensgeber deswegen den Darlehensvertrag gekündigt hat. Gleichwohl steht im Hinblick auf den bereits angesprochenen formalen Charakter der Verjährungsregelungen der Wortlaut des § 497 III 3 BGB einer einschränkenden Auslegung entgegen. Es wäre daher Sache des Gesetzgebers, aus den vom Landgericht Hamburg angestellten Erwägungen durch eine entsprechende Änderung des Gesetzes die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen.

Die weiteren Voraussetzungen für den geltend gemachten Klageanspruch hat das Landgericht mit zutreffenden Gründen bejaht; insoweit werden in der Berufungsbegründung auch keine weiteren Einwendungen erhoben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO, die Entscheidung üb...

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