Entscheidungsstichwort (Thema)

Heilmittelwerbung: Empfehlung durch eine im Gesundheitswesen tätige Person

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu den "im Gesundheitswesen tätigen Personen" i.S.v. § 11 I 1 Nr. 2 HWG zählen nur Ärzte, Apotheker und sonstige Personen, die mit Arzneimitteln erlaubterweise handeln, nicht dagegen sog. "Firmenexperten".

2. Ob ein Werbespot die Empfehlung eines Arzneimittels durch eine im Gesundheitswesen tätige Person enthält, beurteilt sich aus der Sicht des Werbeadressaten, der den Spot mit situationsadäquater Aufmerksamkeit verfolgt; dies gilt insbesondere für die Frage, ob die auftretende Person als Apotheker oder als "Firmenexperte" angesehen wird.

 

Normenkette

HeilMWerbG § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 05.06.2014; Aktenzeichen 2-3 O 18/14)

 

Tenor

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 5.6.2014 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Das LG hat es der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt, für WICK Schleimlöser Einmal Täglich Retardkapseln mit der Abbildung einer als solche bezeichneten "WICK® Expertin" wie in dem nachfolgend abgebildeten Storyboard des aktuellen TV-Spots geschehen, der als Anlage auf CD-ROM beigefügt ist, zu werben und/oder werben zu lassen:

Abbildung

0:15

"Bei festsitzendem Husten ...

Abbildung

0:16

... gibt es jetzt die neuen ...

Abbildung

0:20

... WICK Schleimlöser Retardkapseln

Abbildung

0:24

Den ganzen Tag wirksam - mit nur einer Kapsel."

Es hat diese im Beschlusswege erlassene einstweilige Verfügung auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hin bestätigt.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin.

Von einer weiteren Darstellung des Tatbestands wird abgesehen (§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO).

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Der Verfügungsanspruch folgt aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG.

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG darf außerhalb der Fachkreise für Arzneimittel nicht geworben werden mit Angaben oder Darstellungen, die sich auf eine Empfehlung von im Gesundheitswesen tätigen Personen beziehen.

Der streitgegenständliche Werbespot zeigt nach der insoweit maßgeblichen Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise eine im Gesundheitswesen tätige Person.

Während die Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG a.F. an eine "fachliche Empfehlung" anknüpfte, nennt § 11 in der seit dem 19.10.2012 geltenden Fassung einen bestimmten Personenkreis, von dem die Empfehlung stammen muss. Der Begriff "fachlich" nach altem Recht entsprach in subjektiver Hinsicht dem des "Fachkreises" i.S.v. § 2 HWG. Der Begriff wird, entsprechend dem Regelungsgegenstand des HWG, der über Arzneimittel weit hinausgeht, weit ausgelegt. Erfasst werden die Angehörigen der Heilberufe und des Heilgewerbes und auch Einrichtungen, die der Gesundheit von Mensch oder Tier dienen (BT-Drucks. IV/1867, 7; wiedergegeben bei Gröning, HWG, Rz. 2 zu § 2). § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG n.F. dient der Umsetzung der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel.

Dort heißt es in Art. 90 lit. f:

"Die Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel darf keine Elemente enthalten, die

...

f) sich auf eine Empfehlung von Wissenschaftlern, von im Gesundheitswesen tätigen Personen oder von Personen beziehen, die weder Wissenschaftler noch im Gesundheitswesen tätige Personen sind, die aber aufgrund ihrer Bekanntheit zum Arzneimittelverbrauch anregen können;..."

Was unter "im Gesundheitswesen tätigen Personen" im Sinne dieser Richtlinie zu verstehen ist, ergibt sich aus Artt. 6, 7 der Richtlinie. Das sind die zur Verschreibung oder Abgabe von Arzneimittel Berechtigten. Der Begriff entspricht dem eingeschränkten Fachkreisbegriff in Art. 10 Abs. 1 HWG (Bülow/Ring, Heilmittelwerbegesetz, 3. Aufl., § 2 Rz. 2, § 10 Rz. 11; Gröning, a.a.O., § 11 Rz. 19, die hier in Bezug genommene RL 92/28/EWG entspricht in ihrer Terminologie der RL 2001/83/EG). Erfasst sind mit anderen Worten Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker und Personen, die mit Arzneimittel erlaubterweise Handel treiben, nicht dagegen sog. "Firmenexperten".

In dem streitgegenständlichen Werbespot wird Hannelore S. zwar als "Wick-Expertin" bezeichnet. Auf ihrem Kittel befindet sich ein kleiner Aufnäher, auf dem der Name "Wick" steht. Außerdem ist in der linken Bildschirmhälfte mit weißer Schrift eingeblendet:

"Hannelore S.

Wick Expertin".

Gleichwohl vermittelt der Werbespot in seiner Gesamtheit gegenüber dem verständigen Werbeadressaten, der den Spot mit situationsadäquater Aufmerksamkeit verfolgt, den Eindruck, bei Hannelore S. handele es sich um eine Apothekerin oder eine Apothekenangestellte.

Auf die Szene mit der Expertin entfallen zehn Sekunden des Werbespots. Sie wird dominiert von der Person der Hannelore S., die dem Fernsehzuschauer mitteilt, bei festsitzendem Husten gebe es jetzt die neuen Wick-Schleimlöser Reta...

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