Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungsausschluss wegen wissentlicher Pflichtverletzung in der D&O-Versicherung bei fehlender Vermittlererlaubnis

 

Leitsatz (amtlich)

Aus dem Fehlen der nach § 34f Abs. 1 S. 2 GewO erforderlichen Vermittlererlaubnis kann auf eine wissentliche Pflichtverletzung geschlossen werden,die zum bedingungsgemäßen Leistungsausschluss in der D&O-Versicherung führt, da es sich bei der Erlaubnispflicht um eine berufliche Kardinalpflicht des Anlageberaters handelt.

 

Normenkette

GewO § 34f Abs. 1; WG § 103

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Urteil vom 29.07.2020; Aktenzeichen 5 O 285/19)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 29.07.2020 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Das vorliegende und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Kläger machen gegen die Beklagte als Vermögensschadens-Haftpflichtversicherung einen Direktanspruch wegen eines Schadensersatzanspruchs im Zusammenhang mit Geldanlagen geltend.

Der Honoraranlageberater Z1 (im Folgenden Zeuge), der zugleich Geschäftsführer der X GmbH war, unterhielt bei der Beklagten eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung zu Versicherungsschein-Nummer ... mit Versicherungsbeginn jedenfalls zum 30.06.2013. Ob davor ebenfalls eine solche Versicherung bestand, ist zwischen den Parteien streitig. Dem Vertrag lagen u.a. die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung (AVB) sowie die Besonderen Vereinbarungen für die Vermittlung von Finanzanlagen im Sinne von § 34 f Gewerbeordnung (BB) zugrunde, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.

Am 14.02.2013 und 14.05.2013 fanden Gespräche statt, in denen der Zeuge Z1 die Klägerin in Vermögensangelegenheit beriet. Die Einzelheiten sind zwischen den Parteien streitig. Gleiches gilt für ein Gespräch des Zeugen Z1 mit dem Kläger am 07.08.2013.

Mit anwaltlichen Schreiben vom 14.07.2014 bzw. 21.07.2014 machten die Kläger gegenüber dem Zeugen Ansprüche auf Schadensersatz in Höhe von 117.777,41 EUR (Kläger) und in Höhe von 41.082,01 EUR (Klägerin) unter Hinweis auf dessen Tätigwerden ohne Erlaubnis nach dem KWG geltend.

Über das Vermögen des Zeugen wurde durch das Amtsgericht München das Insolvenzverfahren eröffnet (...). Die Kläger meldeten ihre Schadensersatzforderungen unter dem 30.12.2014 an. Der Insolvenzverwalter Y bestritt die Forderungen zunächst, erkannte sie dann aber an, so dass sie im Februar 2016 zur Tabelle festgestellt wurden. Dem Zeugen wurde mit Beschluss vom 09.03.2020 Restschuldbefreiung erteilt.

Der Insolvenzverwalter setzte die Beklagte mit Schreiben vom 02.07.2015 über die Forderungsanmeldungen der Kläger unter deren Beifügung in Kenntnis.

Mit Schreiben vom 07.07.2015 teilte die Beklagte dem Insolvenzverwalter die Schadensnummern mit, unter denen die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche bearbeitet würden. Ferner heißt es dort "Ohne an dieser Stelle in eine nähere haftungs- und deckungsrechtliche Prüfung eintreten zu wollen, müssen wir in deckungsrechtlicher Hinsicht auf den Ausschlusstatbestand des § 4 Ziff. 5 AVB hinweisen. ... Hat Herr Z1 nicht über eine Erlaubnis nach § 32 I 1 KWG verfügt, müssten wir wohl von einer solchen nicht versicherten wissentlichen Pflichtverletzung ausgehen".

Die Beklagte teilte den Klägern mit Schreiben vom 08.08.2018 mit, dass von einer wissentlichen Pflichtverletzung auszugehen sei, da dem Zeugen bekannt gewesen sei, dass die X GmbH nicht über die erforderliche Erlaubnis für die erwerbsmäßige Erbringung von Finanzdienstleistungen verfügt habe, was ihm auch bei der Beratung der Kläger bewusst gewesen sei. Sie sei daher nicht zur Leistung verpflichtet.

Die Kläger haben geltend gemacht, dass die Feststellung ihrer Forderungen nicht wegen vorsätzlicher unerlaubter Handlung erfolgt sei, so dass hier allein von fahrlässigem Handeln des Zeugen ausgegangen werden könne. Die Feststellung zur Tabelle entfalte gegenüber der Beklagten Bindungswirkung. Denn die Beklagte habe Kenntnis sowohl von dem Insolvenzverfahren des Zeugen als auch der Anmeldung der Klageforderungen gehabt. Sie habe daher die Möglichkeit gehabt, auf das Verfahren Einfluss zu nehmen und die Feststellung der Forderungen zu verhindern. Durch die Feststellung sei der Haftpflichtanspruch in einer die Fälligkeit nach § 106 VVG auslösenden Weise festgestellt worden.

Bei den im Insolvenzverfahren festgestellten Forderungen der Kläger handele es sich um direkte Ansprüche der Kläger gegen den Zeugen, so dass nach Ziffer II.2 BB auch die Tätigkeit des Zeugen gegenüber den Klägern vom Versicherungsschutz umfasst sei.

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