Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütungsfestsetzungsverfahren des Rechtsanwalts gegen den eigenen Mandanten: Behandlung außergebührenrechtlicher Einwendungen

 

Leitsatz (amtlich)

Nach § 11 Abs. 5 RVG ist die Festsetzung der Anwaltsvergütung abzulehnen, soweit der Mandant Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Da es nach dem Wortlaut dieser Vorschrift genügt, dass der Mandant außergebührenrechtliche Einwendungen oder Einreden "erhebt", ist von dem für die Festsetzung der Vergütung zuständigen Rechtspfleger eine Prüfung der Begründetheit der Einwendungen oder eine Aufforderung an den Mandanten, seine Einwendungen näher zu substantiieren, nicht zu verlangen; der Rechtspfleger hat auch keine materiell-rechtliche Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen.

 

Normenkette

RVG § 11 Abs. 5

 

Verfahrensgang

LG Marburg (Beschluss vom 23.03.2010; Aktenzeichen 5 O 11/07)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des früheren Anwalts des Beklagten zu 1) wird der Beschluss der Rechtspflegerin beim LG Marburg vom 23.3.2010 (5 O 11/07), durch welchen im Rahmen der Abhilfeentscheidung über die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 1) der Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 25.2.2010, soweit er den Beklagten zu 1) betraf, aufgehoben wurde, aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens, an die Rechtspflegerin beim LG Marburg zurückverwiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde, welche der Beschwerdeführer als früherer Prozessbevollmächtigter des Beklagten zu 1) im eigenen Kosteninteresse gegen die von ihm vertretene Partei erhebt, ist zulässig - §§ 11 Abs. 2 Satz 3 RVG, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO, 11 Abs. 1 RPflG, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 1 Satz 1, 2, Abs. 2 ZPO. Insbesondere übertrifft der Beschwerdewert offensichtlich den Zulässigkeitsgrenzwert von 200 EUR - § 567 Abs. 2 Satz 2 ZPO.

In der Sache führt das Rechtsmittel zur Zurückverweisung der angefochtenen Entscheidung an das LG, welches nach gebotener Sachverhaltsaufklärung über die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 1) vom 11.3.2010 (Bl. 130 d.A.) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 25.2. erneut zu entscheiden haben wird. Der Rechtspflegerin wird gem. § 572 Abs. 3 ZPO aufgegeben, aufzuklären, ob der Beklagte zu 1) als Gegner des Kostenfestsetzungsantrags bzw. Schuldner des Kostenfestsetzungsbeschlusses in der Sache Einwendungen gegen die Kostenfestsetzung erhebt, die sachlich außerhalb des Gebührenrechts liegen. Das bisherige Vorbringen des Beklagten zu 1) im Beschwerdeschreiben vom 11.3.2010 (Bl. 130 d.A.)

"Durch die Arbeitsweise des Herrn X, der mich in den letzten Jahren vertreten hat, also auch in anderen Sachen, die nur aufgrund seiner Untätigkeit entstanden sind, bin ich in psychiatrischer Behandlung. (...) Durch geschicktes hinhalten hat Herrn X es immer wieder verstanden, mich nicht an andere Rechtsanwälte zu wenden. Durch Privatzahlungen von ihm an mich, nach dem Motto, wenn wir deine Forderungen einholen, verrechnen wir das, hielten mich bei ihm. Das war falsch. Auch dieser Fall muss durch ein Wiederaufnahmeverfahren aufgearbeitet werden, auch dort stimmt die Bearbeitung nicht. Wegen der Arbeitsweise und der Vorenthaltung von Originalunterlagen bin ich auch schon bei der Rechtsanwaltskammer in O1 vorstellig. Dort wartet man auf eine Stellungnahme des Herrn X. Auch hat er eingegangene Forderungen für mich, mir nicht mitgeteilt. (...)"

lässt nicht erkennen, ob der Beklagte zu 1) tatsächlich außergebührenrechtliche Einwendungen geltend macht, und ob ihnen die Qualität zukommt, die erforderlich ist, um ein dem Grunde nach gerechtfertigtes Kostenfestsetzungsbegehren eines Anwalts zu blockieren, ob der Kläger also wirklich außergebührenrechtliche Einwendungen "erhebt".

Nach § 11 Abs. 5 RVG ist die Festsetzung der Anwaltsvergütung abzulehnen, soweit der Mandant Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben.

Da es nach dem Wortlaut dieser Vorschrift genügt, dass der Mandant außergebührenrechtliche Einwendungen oder Einreden "erhebt", ist von dem für die Festsetzung der Vergütung zuständigen Rechtspfleger eine Prüfung der Begründetheit der Einwendungen oder eine Aufforderung an den Mandant, seine Einwendungen näher zu substantiieren, nicht verlangt, der Rechtspfleger hat auch keine materiell-rechtliche Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen. Deshalb müssen die Anforderungen an die Darlegung außergebührenrechtlicher Einwendungen seitens des Gegners eines Vergütungsfestsetzungsantrags gering bleiben. Zwar dient das Kostenfestsetzungsverfahren dazu, dem Anwalt in einem möglichst unkomplizierten und schnellen Verfahren einen Vollstreckungstitel zur Realisierung seines Vergütungsanspruchs gegen seinen Auftraggeber in die Hand zu geben. Dieses Verfahren will vor allem vermeiden, dass wegen jeglichen Honoraranspruchs des Anwalts gegen seinen Auftraggeber eigens ein gesonderter Rechtsstreit geführt werden ...

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