Leitsatz (amtlich)

a) Für die Entscheidung über im Ablehnungsgesuch, das gegen den Einzelrichter beim LG gerichtet ist, ist der geschäftsplanmäßige Vertreter als Einzelrichter zuständig.

b) Besondere Umstände des einzelnen Streitfalls können auch bei einem Großunternehmen mit eigener Rechtsabteilung eine Ausnahme von der Regel rechtfertigen, wonach von ihm verlangt werden kann, einen am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Prozessbevollmächtigten zu beauftragen. In einem solchen Fall sind die Reisekosten des auswärtigen Rechtsanwalts erstattungsfähig.

 

Normenkette

ZPO § 45 Abs. 1, §§ 91, 348 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 01.03.2006; Aktenzeichen 2-26 O 135/02)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des LG Frankfurt/M. vom 1.3.2006 abgeändert.

Das Ablehnungsgesuch wird für begründet erklärt.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagten mit der Klage auf Resthonorar aus einem Architektenvertrag für das Bauvorhaben Einfamilienwohnhaus ...-weg ... in O1 in Anspruch. Mit der Widerklage machen die Beklagen gegen den Kläger Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Planung und Bauüberwachung geltend. Nach Erstattung des mit Beweisbeschluss vom 17.8.2004 angeordneten Sachverständigengutachtens vom 18.8.2005 fand am 7.2.2006 ein Fortsetzungstermin zur mündlichen Verhandlung statt. Zu diesem Termin war das persönliche Erscheinen der Beklagten angeordnet worden.

Die Beklagten erschienen zum Termin. Während der informatorischen Anhörung des Beklagten bat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten den Einzelrichter, Richter am LG Richter A, die Verhandlung in einer leiseren Tonlage zu führen, da er bei dieser Lautstärke Kopfschmerzen bekomme. Darauf erwiderte der Richter: "Das ist mir egal". Die Beklagten lehnten den Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit ab.

Die Beklagten begründen das Ablehnungsgesuch mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 21.2.2006 im Einzelnen. Danach entnehmen sie der Erwiderung des Richters eine Gleichgültigkeit ggü. ihrer ordnungsgemäßen Interessenwahrnehmung und befürchten deshalb keine unvoreingenommene Behandlung bzw. Bewertung ihrer Behauptungen und Rechtsansichten. Nach Auffassung der Beklagten gilt dies um so mehr, als aus den Äußerungen des Richters zum Ablehnungsgesuch und der Nachhaltigkeit mit der er sich zunächst geweigert habe, dieses zu protokollieren, zu entnehmen sei, dass er die Ablehnung als persönlichen Angriff empfinde.

Der Richter am LG A. hat sich am 15.2.2006 wie folgt dienstlich geäußert:

Im Rahmen der informatorischen Anhörung der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung äußerte sich der Prozessbevollmächtigte der Beklagten dahingehend, der Richter spreche etwas zu laut, er bekomme Kopfschmerzen und man möge daher leiser sprechen. Darauf hin wurde durch den Richter geäußert, dies sei ihm egal.

Das LG hat das Ablehnungsgesuch mit Beschluss des Einzelrichters vom 1.3.2006 im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, es sei nicht erkennbar, dass sich die Spannungen zwischen dem Beklagtenvertreter und dem abgelehnten Richter auf das Verhältnis des Richters zur Partei ausgewirkt hätten.

Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihrer am 6.3.2006 eingegangenen sofortigen Beschwerde. Der Beschluss vom 1.3.2006 leide schon an einem Verfahrensmangel, als über das Ablehnungsgesuch der Einzelrichter des LG und nicht die Kammer in voller Besetzung entschieden habe. In der Sache wiederholen die Beklagten im Wesentlichen ihre Begründung zum Ablehnungsgesuch vom 21.2.2006. Sie führen weiter aus, die Erwiderung offenbare das Fehlen jedweden Respekts in Bezug auf die Interessen und Bedürfnisse des Gegenübers. Eine diesen als Person betreffende Ablehnung des Erklärenden mache es unwahrscheinlich, dass der Erklärende gleichwohl dessen Sachargumente ohne inneren Vorbehalt zur Kenntnis nehmen könnte. Dies wirke sich damit auch unmittelbar auf die Prozessaussichten der Beklagten aus. Die Bewertung des Ablehnungsantrages als wörtlich "Quatsch" mache deutlich, dass sich der abgelehnte Richter im Verhältnis zur Beklagtenpartei nicht mehr nach sachlichen Maßstäben orientiere, sondern sein Denken emotional bestimmt sei. Letztlich komme in der zunächst abgelehnten Protokollierung eine Ablehnung der prozessualen Rechte der Beklagten zum Ausdruck.

Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die zulässige, insb. form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten ist auch begründet.

1. Allerdings leidet die angefochtene Entscheidung nicht schon an einem Verfahrensmangel.

Zur Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch gegen einen Einzelrichter ist gem. § 348 Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. § 45 Abs. 1 ZPO ebenfalls der Einzelrichter berufen. Von dieser Zuständigkeitszuweisung geht der Senat in Übereinstimmung mit der in der Rechtsprechung der OLG als herrschend zu bezeichnenden Ansicht aus (OLG Karlsruhe OLGReport Karlsruhe 2003, 523; OLG Karlsruhe v. 24.6.2004 - 9 W 35/04, OLGReport Karlsruhe 2004, 490; KG v. 12.4.2004...

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