Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe bei Rückübertragung von Unterhaltsansprüchen

 

Leitsatz (amtlich)

Erfolgt die Rückübertragung der Unterhaltsansprüche vom Träger der Sozialhilfe auf den Unterhaltsberechtigten nur zu dem Zweck, die Kosten der Rechtsverfolgung einer anderen öffentlichen Kasse zu überwälzen - etwa bei ausschließlicher Geltendmachung von Rückständen - so kann wegen Rechtsmissbrauchs - keine PKH bewilligt werden.

 

Normenkette

BGB § 242; ZPO § 114; BSHG § 91 Abs. 4

 

Verfahrensgang

AG Offenbach (Beschluss vom 07.01.2002; Aktenzeichen 311 F 4/02)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 02.04.2008; Aktenzeichen XII ZB 266/03)

 

Tenor

Die Beschwerde wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

Die Klägerin macht mit ihrer Klage gegen ihren getrenntlebenden Ehemann für einen zurückliegenden Zeitraum, in dem sie Sozialhilfe bezog, Unterhaltsansprüche geltend. Die Stadt O1 hat die auf sie als Sozialhilfeträger übergegangenen Unterhaltsansprüche an die Klägerin zurückübertragen. Das AG hat mit dem angefochtenen Beschluss der Klägerin die beantragte Prozesskostenhilfe mit der Begründung versagt, sie sei wegen des Kostenerstattungsanspruchs aus § 91 Abs. 4 BSHG nicht prozesskostenhilfebedürftig. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer sofortigen Beschwerde, der das AG nicht abgeholfen hat.

Die Beschwerde unterliegt der Entscheidung durch den Senat in seiner durch das GVG vorgegebenen Besetzung, da der nach § 568 Satz 1 ZPO zuständige Einzelrichter das Verfahren nach § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO auf den Senat übertragen hat.

Die zulässige Beschwerde - die mangels förmlicher Zustellung des angefochtenen Beschlusses als fristgemäß (§§ 127 Abs. 2, 569 ZPO) zu erachten ist - bleibt ohne Erfolg. Der Klägerin muss nach Ansicht des Senats die beantragte Prozesskostenhilfe versagt werden. Dafür ist - entgegen der Rechtsansicht des AG - aber nicht ein Kostenerstattungsanspruch aus § 91 Abs. 4 BSHG als Vermögen i.S.v. § 115 ZPO maßgeblich, sondern der Umstand, dass die Rückübertragung vom Träger der Sozialhilfe auf die Klägerin nur den Zweck verfolgt, die Kosten der Rechtsverfolgung einer anderen öffentlichen Kasse (der Landeskasse) zu überwälzen. Dies sieht der Senat als rechtsmissbräuchlich und nicht als von § 91 Abs. 4 BSHG gedeckt.

Zu der Frage, ob die Verpflichtung des Trägers der Sozialhilfe aus § 91 Abs. 4 Satz 2 BSHG die Prozesskostenhilfebedürftigkeit des Unterhaltsgläubigers ausschließt, besteht in Rechtsprechung und Literatur keine einheitliche Auffassung. Teilweise wird vertreten, die Regelung begründe einen Anspruch auf Zahlung eines Auslagenvorschusses gegen den Sozialhilfeträger, der ggü. der Prozesskostenhilfe vorrangig sei (Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 114 Rz. 10; OLG Celle FamRZ 1999, 1284) OLG Karlsruhe, FamRZ 1999, 1508; OLG Schleswig, SchlHA 2000, 136; KG, FamRZ 2003, 99). Eine Ausnahme hiervon soll aus prozessökonomischen Gründen gelten, wenn über den auf den Sozialhilfeträger übergegangenen Anspruch hinaus ein weitergehender Unterhaltsanspruch geltend

gemacht wird (OLG Karlsruhe, a.a.O.; OLG Köln, FamRZ 2003, 101). Nach anderer Ansicht ergibt sich aus § 91 Abs. 4 Satz 2 BSHG lediglich ein Anspruch auf Kostenfreistellung, der erst nach Abschluss des Verfahrens zum Tragen komme und keinen Anspruch auf Vorschusszahlungen begründe, weshalb er den Anspruch auf Prozesskostenhilfe unberührt lasse (OLG Zweibrücken FamRZ 2002, 105, FamRZ 2001, 629; OLG Braunschweig FamRZ 2000, 1023, OLG Nürnberg FamRZ 1999, 1284). Soweit jedoch ausschließlich übergegangene und zurückübertragene Unterhaltsansprüche geltend gemacht werden, sei Prozesskostenhilfe zu versagen, da es an einem eigenen schutzwürdigen Interesse an der Prozessführung fehle (OLG Nürnberg, a.a.O.; Musielak/Fischer, ZPO, 3. Aufl., § 114 Rz. 35; MünchKomm/Wax, ZPO, 2. Aufl., § 114 Rz. 138; OLG Frankfurt, Beschluss vom 1.4.1999 (Az. 5 WF 123/98) und Beschluss vom 9.3.2000 (5 WF 167/99)).

Der Senat hält an seiner Rechtsauffassung für den Fall fest, dass mit der Klage nur Unterhaltsrückstände geltend gemacht werden.

Die Rückübertragung durch den Sozialhilfeträger auf den Hilfebedürftigen nur zum Zweck der Überbürdung von Kosten der Rechtsverfolgung auf die Landesjustizkasse hält er auch angesichts der zitierten gegenteiligen Rechtsprechung weiter für rechtsmissbräuchlich. § 91 Abs. 4 Satz 2 BSHG eröffnet dem Sozialhilfeträger zwar eine erweiterte Möglichkeit, dem Hilfebedürftigen die Prozessführung zu übertragen, wobei dieser dann Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen kann. Die geänderte Vorschrift soll aber nicht nur und ausschließlich die Möglicheit eröffnen, Kosten auf andere öffentliche Kassen zu verlagern und sich allein zu diesem Zweck des Hilfebedürftigen zu bedienen.

Der Gesetzgeber hat in der Begründung zu § 7 Abs. 4 Satz 3 UVG, dessen Regelung identisch ist mit derjenigen des § 91 Abs. 4 Satz 2 BSHG, zum Ausdruck gebracht, dass sich im Rahmen der Prozesskostenhilfe nicht auf die Kostenübernahmepflicht d...

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