Leitsatz (amtlich)

Voraussetzung für die Ersetzung der Einwilligung eines Elternteils zur Einbenennung nach § 1618 BGB ist nicht das Vorliegen einer Kindeswohlgefährdung. Es genügt vielmehr die (niedrigere) Schwelle der Erforderlichkeit.

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 25.01.2023; Aktenzeichen XII ZB 29/20)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Weilburg vom 31. Mai 2019 wird dieser abgeändert und wie folgt neu gefasst:

"Die Einwilligung des weiteren Beteiligten zu 2., dem Kind den Ehenamen "X." zu erteilen, wird ersetzt."

II. Die Gerichtskosten für das erstinstanzliche Verfahren und des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den weiteren Beteiligten zu 1. und 2. hälftig geteilt; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

III. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt. Die Wertfestsetzung des Amtsgerichts wird dahingehend abgeändert, dass der Wert des erstinstanzlichen Verfahrens ebenfalls auf 5.000,- Euro festgesetzt wird.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die weiteren Beteiligten zu 1. und 2. sind die Eltern des am ...2008 geborenen Kindes R. Sie waren miteinander verheiratet; die Ehe wurde im Jahre 2010 geschieden (Amtsgericht Weilburg, 20 F 1.../09 S).

Im Rahmen eines Sorgerechtsverfahrens wurde der weiteren Beteiligten zu 1. durch Beschluss des Amtsgerichts Weilburg vom 14. Juli 2009 das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen (20 F 6.../09 SO). Im Übrigen hat ihr der weitere Beteiligte zu 2. eine Vollmacht erteilt, die sich jedoch nicht auf die Frage der Namensänderung erstreckt. Seit Anfang des Jahres 2014 fanden, nach vorübergehenden begleiteten Umgängen, keine Umgangskontakte des Kindesvaters mit R. mehr statt. Einem Attest vom 29. März 2019 ist zu entnehmen, dass der weitere Beteiligte zu 2. sich in fachärztlicher Behandlung befindet, unter anderem wegen einer Depression sowie einer akuten Belastungsreaktion.

Die weitere Beteiligte zu 1. ist wieder verheiratet und trägt den Ehenamen "X". Eine in der Ehe geborene Halbschwester des betroffenen Kindes trägt diesen Namen ebenfalls.

Die weitere Beteiligte zu 1. trägt vor, dass R. ihren Nachnamen Y. als Strafe empfinde, sie wolle mit diesem Namen nicht angesprochen werden. Eine Bindung zum weiteren Beteiligten zu 2. bestehe nicht.

Mit beim Amtsgericht am 24. September 2018 eingegangenen Schreiben beantragt die weitere Beteiligte zu 1. die Ersetzung der Einwilligung zur Einbenennung.

Der weitere Beteiligte zu 2. wendet sich gegen diesen Antrag.

Es handele sich bei der Frage der Namensänderung um eine wichtige Entscheidung, zu der er sich auf Grund seines Gesundheitszustandes aktuell nicht in der Lage sehe. Auch sei der Name die letzte Verbindung zu seiner Tochter.

Das Amtsgericht hat R. und die weitere Beteiligte zu 1. persönlich angehört. Im Wege der Rechtshilfe wurde der weitere Beteiligte zu 2. am 11. April 2019 vom Amtsgericht Wiesbaden persönlich angehört. Das Jugendamt hat unter dem 4. und unter dem 29. April 2019 Stellung genommen. Auch dem Jugendamt gegenüber habe R. geschildert, dass sie sich auf Grund ihres Nachnamens unwohl und ausgegrenzt fühle, als sei sie kein Teil der Familie. Es falle R. schwer, über die Namensänderung zu reden, und sie wolle endlich Ruhe hiervon haben. Sie habe täglich Angst, Post vom Gericht zu bekommen, dass sie den Nachnamen behalten müsse. Bei dem Gespräch habe sie durchgehend Tränen in den Augen gehabt und dagegen angekämpft, weinen zu müssen. Sie habe emotional sehr belastet gewirkt. Eine positive Entscheidung sei wichtig für das Kind.

Mit Beschluss vom 31. Mai 2019 hat das Amtsgericht den Antrag der weiteren Beteiligten zu 1. zurückgewiesen. Eine Ersetzung sei nur in Ausnahmefällen vorzunehmen und setze eine umfassende Abwägung der Beteiligteninteressen voraus. Sie habe zu unterbleiben, wenn die Trennung des Namensbandes aus Gründen des Kindeswohls nicht unabdingbar notwendig sei. Daran fehle es hier, denn allein der Wunsch des Kindes reiche nicht aus. Bloße Widrigkeiten als Folge der Namensverschiedenheit würden ebenfalls die Erforderlichkeit nicht begründen.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die weitere Beteiligte zu 1. mir Ihrer Beschwerde, mit welcher sie weiter die Ersetzung der Einwilligung des Kindesvaters erstrebt. Der weitere Beteiligte zu 2. hat Stellung genommen, sieht sich weiter zu einer Entscheidung über die Namensänderung nicht imstande, bringt aber auch zum Ausdruck, dass R. vermittelt bekommen sollte, dass sie mit ihrem Namen perfekt sei.

Das Jugendamt hat im Rahmen des Beschwerdeverfahrens Stellung genommen und befürwortet die Namensänderung.

Von einer weitergehenden Darstellung des Sachverhaltes wird abgesehen.

II. Die gemäß §§ 58 ff FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1. ist begründet. Die Voraussetzungen für die Ersetzung der Einwilligung des weiteren Beteiligten zu 2. sind erfüllt, weil die Namensänderung nach Überzeugung des S...

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