Entscheidungsstichwort (Thema)

Verbot des Insichgeschäfts auch für Erwerb von Erbteil durch Minderjährigen

 

Leitsatz (amtlich)

Grundsätzlich gilt das Verbot des Selbstkontrahierens gemäß den §§ 1629 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1, 1795 Abs. 2, 181 BGB nicht für ein Insichgeschäft eines Elternteils, das dem Kind lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt. Der unentgeltliche Erwerb eines Erbteils durch einen Minderjährigen ist wegen der Erbenhaftung aber nie lediglich rechtlich vorteilhaft, auch dann nicht, wenn er bereits Miterbe ist. In diesen Fällen kann auch die familiengerichtliche Genehmigung nach den §§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 10 BGB erforderlich sein.

 

Normenkette

BGB §§ 181, 1629 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 1, § 1643 Abs. 1, § 1795 Abs. 2, § 1822 Nr. 10, §§ 2032-2033, 2385

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 1.000,- EUR.

 

Gründe

I. In Abt. I lfd. Nr. 2 des betroffenen Grundbuchs ist noch A als Eigentümer eingetragen. Dieser ist am ... 2013 verstorben. Nach einem gemeinschaftlichen Erbschein des AG Darmstadt - Nachlassgericht - vom 7.10.2013 -.../13 (2013), ist dieser von der Beteiligten zu 1. zu ½ und den Beteiligten zu 2. bis 4. zu jeweils 1/6 beerbt worden. In Abt. III lfd. Nrn. N1, N2, N3, N4 und N5 des betroffenen Grundbuchs sind mehrere Grundschulden bzw. Sicherungshypotheken eingetragen.

Am 2.4.2014 hat der Verfahrensbevollmächtigte seine notarielle Urkunde vom 19.12.2013, UR-Nr .../2013, zu den Grundakten gereicht. Ausweislich des darin enthaltenen Erbteilsübertragungsvertrages hat die Beteiligte zu 1. den ihr zustehenden Erbteil am Nachlass ihres verstorbenen Ehemannes - der noch im Grundbuch als Eigentümer verzeichnet ist - zu gleichen Teilen auf ihre drei Kinder, die Beteiligten zu 2. bis 4., übertragen; die Erbteilsübertragung sollte durch Schenkung erfolgen. Die Beteiligten haben entsprechende Grundbuchberichtigung beantragt. Die Beteiligte zu 1. ist dabei als alleinsorgeberechtigte Mutter auch in Vertretung ihrer noch minderjährigen Tochter, der Beteiligten zu 4., aufgetreten. Wegen der Einzelheiten des Erbteilsübertragungsvertrages wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Durch die angefochtene Zwischenverfügung, auf deren Einzelheiten ebenfalls Bezug genommen wird, hat das Grundbuchamt darauf hingewiesen, dass die Erklärungen der Mutter - der Beteiligten zu 1. - für die noch minderjährige Beteiligte zu 4. von einem zu bestellenden Pfleger zu genehmigen seien. Dessen Erklärungen bedürften der familiengerichtlichen Genehmigung mit Rechtskraftvermerk nebst Wirksamkeitsnachweis in der Form des § 29 GBO. Gegen diese Zwischenverfügung haben die Beteiligten ausweislich des Schriftsatzes ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 26.5.2014, auf den verwiesen wird, Beschwerde eingelegt, in der sie im Wesentlichen darauf abstellen, dass eine familiengerichtliche Genehmigung nicht erforderlich sei, da die Übertragung des Erbteils der Mutter auf die Tochter für das minderjährige Kind keinen rechtlichen Nachteil bedeute. Die Rechtspflegerin beim Grundbuchamt hat der Beschwerde ausweislich ihres Beschlusses vom 30.5.2014 nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Auf Hinweis des Senats hat der Verfahrensbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 10.7.2014 klargestellt, dass die Zwischenverfügung insgesamt angefochten werde.

II. Die Beschwerde ist gem. § 71 Abs. 1 GBO statthaft und auch ansonsten zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Zwischenverfügung ist nicht zu beanstanden.

Auszugehen ist zunächst davon, dass die von den Vertragsbeteiligten bewilligte und beantragte Grundbucheintragung den Eintritt der Unrichtigkeit des Grundbuchs durch eine wirksame Erbteilsübertragung voraussetzt (vgl. dazu Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rz. 962; OLG Köln Rpfleger 1996, 446). Der notarielle Erbteilsübertragungsvertrag vom 19.12.2013 enthält hier sowohl die Verfügung über den Miterbenanteil am ungeteilten Nachlass gemäß den §§ 2032, 2033 BGB als auch das diesem Verfügungsvertrag zugrunde liegende Verpflichtungsgeschäft in Form eines Schenkungsvertrages gem. § 2385 BGB. Das Grundbuchamt hat die Wirksamkeit der dinglichen Rechtsänderung - der Erbteilsübertragung, nicht des schuldrechtlichen Grundgeschäfts - von Amts wegen zu prüfen.

Bei Abschluss des notariellen Erbteilsübertragungsvertrags war die minderjährige Beteiligte zu 4. nicht wirksam durch ihre Mutter - die Beteiligte zu 1. - vertreten. Die alleinsorgeberechtigte Beteiligte zu 1. war nicht berechtigt, als Vertragspartner auf der einen Seite und zugleich als gesetzliche Vertreterin ihres minderjährigen Kindes auf der anderen Seite aufzutreten. Dies ergibt sich aus den §§ 1629 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1, 1795 Abs. 2, 181 BGB.

Grundsätzlich gilt das Verbot des Selbstkontrahierens allerdings nicht für ein Insichgeschäft eines Elternteils, das dem Kind lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt (vgl. dazu Schöner/Stöber, a.a.O., Rz. 3602; Palandt/Götz, BGB, 73. Aufl., § 1795 Rz. 13 m.w.N.). ...

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