Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des Beraters wegen fehlerhafter Aufklärung über Provisionen

 

Normenkette

BGB § 280

 

Verfahrensgang

LG Gießen (Beschluss vom 26.04.2016; Aktenzeichen 2 O 53/16)

 

Tenor

In dem Rechtsstreit (...) wird die Beklagte darauf hingewiesen, dass der Senat ihrer Berufung einstimmig keine Aussicht auf Erfolg beimisst. Da auch die übrigen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO vorliegen, ist beabsichtigt, die Berufung ohne Anberaumung einer mündlichen Verhandlung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen.

 

Gründe

I. Mit der Berufung wendet sich die Beklagte gegen das am 26.04.2016 verkündete Urteil des LG, durch das dieses der von der Klägerin erhobenen Klage auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit der Zeichnung zweier geschlossener Fonds stattgegeben hat.

Die Klägerin, welche seit etwa 1989 Kundin der Beklagten ist, zeichnete auf der Grundlage der jeweils durch den Zeugen A als Mitarbeiter der Beklagten erfolgten Beratung am 03.03.2006 die Beteiligung an dem Schiffsfonds der Schifffahrts-Gesellschaft "B" mbH & Co. KG (im Folgenden: Fonds B) zu einem Nennbetrag von 25.000 US-Dollar zuzüglich 5 % Agio und am 14.05.2008 den US-Immobilienfonds "C." (im Folgenden: Fonds C) zu einem Nennbetrag von 20.000 US-Dollar zuzüglich 5 % Agio. Für die Vermittlung des Fonds B erhielt die Beklagte eine Vermittlungsprovision in Höhe von insgesamt 12 % der Einlagesumme, während ihr für den Fonds C eine Vermittlungsprovision von 9 % vergütet wurde. Die Klägerin, welche zuvor bereits im Dezember 2002 sowie im September 2003 jeweils geschlossene Immobilienfonds in Höhe von nominal 20.000 US-Dollar bzw. 20.000 Euro gezeichnet hatte, ließ sich im Rahmen des mit dem Zeugen A geführten Beratungsgesprächs von ihrem Ehemann begleiten, welcher seinerseits vor der Zeichnung der streitgegenständlichen Beteiligungen in zwei geschlossene Immobilienfonds investiert hatte. In einer von diesem am 09.09.2004 unterzeichneten und mit "Kundenangaben für die Anlageberatung" überschriebenen Erklärung waren die Anlageziele als "langfristig" und die Risikobereitschaft mit "risikobereit" angegeben (Bl. 155 f. d.A.).

Die Klägerin hat zur Begründung der der Beklagten vorgeworfenen Beratungsfehler geltend gemacht, seitens des Zeugen A nicht über das Risiko des Totalverlustes, der eingeschränkten Fungibilität, eines möglichen Wiederauflebens der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB sowie der Möglichkeit der Rückforderung gemäß §§ 30, 31 GmbHG sowie gemäß § 3.5 des Gesellschaftsvertrages und die schifffondsspezifischen Risiken bzw. die Risiken der Beteiligung an US-Fonds hingewiesen worden zu sein. Während der Zeuge A im Übrigen erklärt habe, die Vergütung der Beklagten beschränke sich auf das 5%ige Agio, habe dieser ihr mit den streitgegenständlichen Beteiligungen riskante Anlagen empfohlen, obwohl die Klägerin als Anlageziel jeweils "Alterssicherung" angegeben habe.

Die Beklagte hat sich zur Begründung ihres Klageabweisungsbegehrens darauf berufen, die Klägerin sei in gleicher Weise wie ihr Ehemann risikobereit gewesen und sei im Zusammenhang mit der Beratung über die typischen unternehmerischen Risiken sowohl im Zusammenhang mit der Investition in den US-Immobilienmarkt als auch der Beteiligung an dem Schiffsfonds hingewiesen worden. Im Übrigen habe der Zeuge A die Aufklärung der Klägerin jeweils anhand der Emissionsprospekte vorgenommen und der Klägerin den Prospekt auch vor der Zeichnung zur Verfügung gestellt. Während der Klägerin seitens der Beklagten bei der Diskussion über das zusätzlich anfallende Agio erklärt worden sei, dass dieses letztlich an die Beklagte fließe, seien die Klägerin und ihr Ehemann hinsichtlich der an die Beklagte gezahlten Vergütung überhaupt nicht interessiert gewesen. Im Übrigen hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.

Das LG hat der Klage durch das angefochtene Urteil, auf dessen Inhalt wegen der tatsächlichen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO Bezug genommen wird, in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs aus fehlerhafter Kapitalanlageberatung gemäß § 280 Abs. 1 BGB hat es auf eine Aufklärungspflichtverletzung hinsichtlich der in beiden Fällen vereinbarten Vermittlungsvergütung abgestellt, auf deren Höhe der Zeuge A über den von ihm unstreitig erteilten Hinweis auf das an die Beklagte fließende 5 %-ige Agio hinaus nicht hingewiesen habe. Während die Klägerin zur Überzeugung des Gerichts die Anlage nicht gezeichnet hätte, wenn sie um die an die Beklagte über das Agio hinaus gezahlte Vergütung gewusst hätte, sei der Beklagten die ihr obliegende Widerlegung aufklärungsrichtigen Verhaltens nicht gelungen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung, mit der sie weiterhin die Abweisung der Klage erstrebt. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Zur Begründung macht sie geltend, d...

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