Entscheidungsstichwort (Thema)

Anlageberatung: Keine generelle Unvereinbarkeit der Empfehlung geschlossener Immobilienfonds als Teil von Stiftungsvermögen

 

Leitsatz (amtlich)

Inhalt und Umfang der Beratungspflichten einer anlageberatenden Bank hängen von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel der Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjektes ergeben können. Die Empfehlung der Investitionen eines Teils des Stiftungskapitals in geschlossene Immobilienfonds mit den damit einhergehenden Risiken einer unternehmerischen Beteiligung stellt per se noch keinen Verstoß gegen Beratungspflichten dar.

 

Normenkette

BGB § 280

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 26.07.2016; Aktenzeichen 2-12 O 189/15)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 26.07.2016 verkündete Urteil des LG Frankfurt am Main - AZ.: 2-12 O 189/15 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.494.899,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.06.2015 auf 1.534.899,00 EUR abzüglich am 15.02.2017 gezahlter 40.000,00 EUR Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte an der A 1 geschlossener Immobilienfonds für ... GmbH & Co. KG in Höhe von 500.000,00 EUR, an der B Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. ...-KG in Höhe von 1.000.000,00 EUR, an der C Beteiligungs-GmbH & Co. KG in Höhe von 1.000.000,00 EUR sowie an der A 2 geschlossenen Immobilienfonds für ... GmbH & Co KG in Höhe von 500.000,00 EUR zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von sämtlichen etwaigen Rückzahlungsansprüchen der Fondsgesellschaften A 1 geschlossener Immobilienfonds für ... GmbH & Co KG, B Verwertungsgesellschaft mbH & Co ...- KG, C Beteiligungs- GmbH & Co KG sowie A 2 geschlossener Immobilienfonds für ... GmbH freizustellen.

Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Beklagten zur Last.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen das Urteil des LG, mit dem dieses sie zur Zahlung eines Betrages in Höhe von insgesamt 1.534.899,-- EUR Zug um Zug gegen die Abtretung der Rechte an im Einzelnen bezeichneten Immobilienfonds verurteilt sowie die Verpflichtung zur Freistellung von sämtlichen etwaigen Rückzahlungsansprüchen der im Einzelnen bezeichneten Fondsgesellschaften festgestellt hat.

Die Klägerin ist eine rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts mit Sitz in Stadt1, welche ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und mildtätige Zwecke im Sinne des Abschnitts "steuerbegünstige Zwecke" der Abgabenordnung verfolgt. Die Errichtung der Stiftung gründete auf einem von dem Vorstandsvorsitzenden der Klägerin (Im Folgenden: Vorstand) eingebrachten Aktienpaket der Firma D AG in Stadt2. Der Vorstand der Klägerin, welcher selbst privat in den Jahren 1995 und 2005 in geschlossene Immobilienfonds investierte, trat im Herbst 2004 in Kontakt mit dem bei der Beklagten mit der Anlageberatung betrauten Zeugen X, um im Zusammenhang mit der geplanten Veräußerung der im Vermögen der Klägerin stehenden 1.184.452 Aktien der vormaligen D AG den daraus zu erwartenden Veräußerungserlös rentabel für die Stiftung der Klägerin anzulegen. Der Vorstand der Klägerin war zuvor langjähriger Vorstand der D AG, wo er bis zuletzt als Aufsichtsratsvorsitzender tätig war. In einem Dokumentationsbogen vom 06.04.2005 (Anlage B 2) gab der Vorstand der Klägerin an, bezüglich wachstumsorientierter Anlageprodukte ausreichende Kenntnisse zu besitzen. In dem Fragebogen zur Vermögensoptimierung vom 04.07.2007 (Anlage B 1) findet sich die Erklärung, seit ca. 40 Jahren die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen für fundierte Anlageentscheidungen in den Bereichen Euro- Geldmarktfonds, festverzinsliche Wertpapiere öffentlicher Emittenten, Aktienfonds, Rentenfonds, offene Immobilienfonds, Index-Fonds, Dachfonds, Aktien (Einzeltitel), Fremdwährungs- und Aktienanleihen zu besitzen.

Nach der Veräußerung der ersten Tranche von Aktien der D AG, die der Vorstand in die Klägerin eingebracht hatte, im Jahre 2004 kam es im Zusammenhang mit der beabsichtigten Anlegung des Erlöses zu Kontakten zwischen den Parteien, wobei der für die Beklagte mit der Betreuung der Klägerin betraute Zeuge X dem Vorstand der Klägerin eine Investition in den Immobilienfonds "A 1 geschlossener Immobilienfonds für ... GmbH & Co. KG" (im F...

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