Entscheidungsstichwort (Thema)

Liegenschat

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 12.12.1996; Aktenzeichen 2/9 T 838/95)

AG Frankfurt am Main (Beschluss vom 31.10.1995; Aktenzeichen 65 UR II 134/94 WEG)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Die Erstbeschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 31.10.1995 wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Verfahrens der Erstbeschwerde und des Verfahrens der weiteren Beschwerde haben die Antragsteller zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Wert: 15.000,– DM.

 

Gründe

Die zulässige sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner hat in der Sache Erfolg. Der angefochtene Beschluß ist in der Würdigung des Nachteils für die Antragsteller (§ 22 I 2 WEG) nicht rechtsfehlerfrei ergangen. Da eine weitere Aufklärung nicht erforderlich ist, kann der Senat selbst abschließend entscheiden.

Das Landgericht ist noch zutreffend davon ausgegangen, daß vorliegend die gesetzliche Regelung des § 22 I WEG durch die §§ 4 VIII, 5 der Gemeinschaftsordnung nicht abbedungen worden ist. Eine solche Vorschrift der Gemeinschaftsordnung tritt zusätzlich neben das Einwilligungserfordernis der benachteiligten Wohnungseigentümer (BGH NJW 96, 1216; OLG Düsseldorf, ZMR 97, 435; OLG Zweibrücken, NJW 92, 2899; KG WaM 91, 517 = NJW-RR 91, 1300; BayObLG WE 92, 95). Danach wäre der gegen die Stimmen der Antragsteller gefaßte Beschluß der Eigentümerversammlung vom 10.8.1994 nur dann wirksam, wenn die Voraussetzungen des § 22 I 2 i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG vorliegen, wenn also die baulichen Maßnahmen der Antragsgegner für die Antragsteller keinen über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidlichen Maß hinausgehenden Nachteil bedeuten. Dies ist entgegen der Annahme des Landgerichts der Fall.

Bei baulichen Veränderungen des gemeinschaftlichen Eigentums hat auch der Senat eine Benachteiligung widersprechender Wohnungseigentümer angenommen, wenn das optimale Erscheinungsbild der Anlage in erheblicher Weise umgestaltet wird (für die Parabol-Antenne: OLG Frankfurt, ZMR 97, 607; für eine Balkonverglasung: OLG Frankfurt, DWE 94, 115; für eine Markise: OLG Frankfurt, DWE 86, 30; für eine Pergola: OLG Frankfurt, DWE 89, 70). Auch beim Neueinbau eines größeren Fensters kann eine zustimmungsbedürftige Maßnahme gegeben sein (Senatsbeschluß 20 W 354/94 vom 15.12.1994), was aber nur im Einzelfall festgestellt werden kann. Wenn vorliegend das Amtsgericht nach dem Augenscheinstermin vom 16.1.1995, und aufgrund der zu den Akten gereichten Lichtbildern die Antragsteller nicht für unzumutbar beeinträchtigt hält, kann das Landgericht sich für die gegenteile Annahme nicht auf den Senatsbeschluß vom 18.11.1982 zur Sprossenverglasung beziehen (OLG Frankfurt, Rpfl. 83, 64) und den Beschluß des OLG Karlsruhe/ZMR 85, 209 für zu großzügig halten. Der Beschluß des OLG Karlsruhe (a.a.O.) war Gegenstand der Vorlageentscheidung des BGH vom 19.12.1991 (BGH NJW 92, 978 = WuM 92, 159), mit der im Einbau vergrößerter Dachfenster kein optischer Nachteil gesehen wurde. Dies muß auch hier gelten, wo auf der Nordseite ein Fenster neu und auf der Südseite nur eine „verglaste Dachluke” durch ein etwas breiteres Fenster ersetzt worden ist.

Auch der Annahme anderer Benachteiligungen durch das Landgericht kann nicht gefolgt werden, weil es sich nicht um konkrete Beeinträchtigungen handelt (vgl. OLG Karlsruhe a.a.O.). Das Landgericht meint in allgemein gehaltenen Ausführungen, der Abstellraum könnte als Wohnraum genutzt werden und damit auch intensiver von einer größeren Anzahl von Bewohnern und das Dach könnte früher sanierungsbedürftig sein und Streit über die Kostentragung entstehen. All dies kann derzeit als Nachteil im Sinne des § 22 I 2 WEG nicht festgestellt werden.

Mangels konkreter Benachteiligung der Antragsteller ist der – deklaratorische – Eigentümerbeschluß vom 10.8.1994 nicht ungültig. Der weiteren Beschwerde war daher mit den Nebenentscheidungen aus den §§ 47, 48 WEG stattzugeben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1115230

NZM 1998, 962

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge