Normenkette

FamFG § 32 Abs. 1, § 57 S. 2 Nr. 4, § 32 Abs. 2, § 214 Abs. 1 S. 2; GewSchG § 1 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Offenbach (Beschluss vom 31.05.2012; Aktenzeichen 319 F 959/12)

 

Tenor

Die befristete Beschwerde wird zurückgewiesen

...

Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Beschwerdewert wird auf 1.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin ist die rechtskräftig geschiedene Ehefrau des Antragsgegners und erstrebt im vorliegenden Verfahren im Wege der einstweiligen Anordnung diesem gegenüber Gewaltschutzmaßnahmen gem. § 1 Abs. 1 GewSchG.

Die Antragstellerin hat in ihrem Antrag beim AG behauptet und durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner sie am 16.5.2012 mit der flachen Hand in den Nacken geschlagen und sie von hinten in die Kniekehlen getreten habe. Einem von ihr vorgelegten ärztlichen Attest des Klinikums A vom 16.5.2012 ist zu entnehmen, dass die Antragstellerin Rötungen und Druckschmerzen im Bereich der Halswirbelsäule und ein Hämatom und Druckschmerzen im Bereich der Kniekehle hatte.

Am 17.5.2012 bestätigte die Polizei - nach mündlicher Verfügung - schriftlich das gegen den Antragsgegner angeordnete Annäherungsverbot, das Kontaktverbot und den Platzverweis.

Das AG bestimmte einen Termin zur mündlichen Erörterung auf den 31.5.2012. Ausweislich der Postzustellungsurkunde wurde der Antragsgegner am 24.5.2012 geladen bei gleichzeitiger Zustellung der Antragsschrift vom 21.5.2012. Nachdem nur die ebenfalls ordnungsgemäß geladene Antragstellerin zum Termin erschien, erließ das AG "auf Grund mündlicher Erörterung" am 31.5.2012 eine einstweilige Anordnung gem. § 1 Abs. 1 GewSchG gegen den Antragsgegner.

In der dagegen eingelegten befristeten Beschwerde führte der Antragsgegner aus, dass er von der Ladung zum Termin keine Kenntnis gehabt habe, da er aus beruflichen Gründen "häufig mehrere Tage am Stück unterwegs" sei. Ferner habe er am 31.5.2012 einen anderen Termin bei der gleichen Richterin gehabt und hätte daher problemlos an der mündlichen Erörterung in dem Gewaltschutzverfahren anwesend sein können. In der Sache bestritt der anwaltlich vertretene Antragsgegner den Vortrag der Antragstellerin, ohne sein Vorbringen glaubhaft zu machen.

II. Die befristete Beschwerde gegen die am 31.5.2012 erlassene einstweilige Anordnung des AG ist gem. § 57 Satz 2 Nr. 4, §§ 58 ff. FamFG zulässig. Insbesondere ist sie gem. § 57 Satz 2 Nr. 4 FamFG statthaft.

Das AG hat die einstweilige Anordnung auf Grund mündlicher Erörterung i.S.d. § 32 Abs. 1 Satz 1, § 57 Satz 2 Nr. 4 FamFG erlassen. Dass der Antragsgegner zum Termin am 31.5.2012 nicht erschienen war, ändert an dieser Würdigung nichts. Zwar konnte die Sache auf Grund seines Nichterscheinens im Termin mit ihm nicht im Wortsinne "erörtert" werden. Allerdings war er zu dem Termin ausweislich der Postzustellungsurkunde ordnungsgemäß am 24.5.2012 geladen worden. Wenn eine Ladung ordnungsgemäß erfolgt ist, der Geladene aber nicht zum Termin erscheint, hindert das die Annahme einer "mündlichen Erörterung" i.S.d. § 32 Abs. 1 Satz 1, § 57 Satz 2 Nr. 4 FamFG nicht (vgl. auch Heilmann, NJW 2012, 887 (890)). Andernfalls wäre es den Beteiligten möglich, ein Verfahren in der ersten Instanz durch bloßes Nichterscheinen zu blockieren, da zwar § 32 Abs. 1 FamFG es grundsätzlich dem Ermessen des Gerichts überlässt, eine Sache mit den Beteiligten mündlich zu erörtern, dieses Ermessen jedoch pflichtgemäß auszuüben ist (BT-Drucks. 16/6308, 191) und daher gerade in besonders eingriffsintensiven Verfahren wie solchen in Gewaltschutzsachen zur Gewährung rechtlichen Gehörs für alle Beteiligten eine mündliche Erörterung grundsätzlich angezeigt sein wird (vgl. insoweit Nr. 18 der Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf der Bundesregierung über das FGG-RG, BT-Drucks. 16/6308, 366, der die Bundesregierung zugestimmt hat, BT-Drucks. 16/6308, 407; s. auch Meyer-Holz, in: Keidel, FamFG, 17. Aufl. 2011, § 32 Rz. 3).

Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich auch von demjenigen, der der Entscheidung des 3. Familiensenats des OLG Frankfurt vom 12.4.2011 (Az. 3 UF 25/11, FamRZ 2012, 571 (572)) zugrunde lag. Dort hatte das AG vor Erlass der angegriffenen Entscheidung lediglich persönliche Anhörungen durchgeführt, aber nicht alle Beteiligten des Verfahrens zu einem Termin zur Erörterung der Sache geladen. Vorliegend hat das AG dagegen alle Beteiligten ordnungsgemäß zum Termin geladen, der Antragsgegner ist - unentschuldigt - nur nicht zum Termin erschienen.

Soweit der Antragsgegner vorträgt, er habe von der Ladung zum Termin keine Kenntnis gehabt, da er "häufig mehrere Tage am Stück unterwegs" sei, ändert das nichts an der Ordnungsgemäßheit der Ladung. Unabhängig davon, ob der Antragsgegner tatsächlich nichts von der Ladung wusste, ist sie ihm ausweislich der Zustellungsurkunde zugegangen und damit in seinen Verantwortungsbereich geraten (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 180 Rz. 5) Gerade wenn jemand häufig "unterwegs" is...

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