Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitpunkt für Grundentscheidung über Vollstreckungsschutz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Mit § 116 Abs. 3 Satz 3 FamFG sollten die Vollstreckungsmöglichkeiten aus Titeln, welche regelmäßig den Lebensunterhalt des Gläubigers sicherstellen, gestärkt werden.

2. Die Grundentscheidung über den Vollstreckungsschutz soll regelmäßig noch in der Instanz getroffen werden, die zunächst allgemein über die Vollstreckbarkeit zu befinden hat, und nicht an den Anfang der neu mit der Sache befassten nächsten Instanz verlagert werden (entsprechende Fortgeltung der Grundsätze des § 712 ZPO; vgl. BGH FamRZ 2013, 1299).

3. Eine Ausnahme davon besteht, wenn die Gründe, auf die der Einstellungsantrag nach § 120 Abs. 2 FamFG gestützt wird, im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht noch nicht vorlagen oder aus anderen Gründen nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht werden konnten; insoweit läuft § 120 Abs. 2 S. 3 FamFG mit dem Verweis auf §§ 707, 719 ZPO auch nicht leer.

4. Diese Grundsätze gelten in der Tatsacheninstanz ebenso wie in der Rechtsbeschwerdeinstanz, da es jeweils in gleicher Weise nur um die antragsabhängige Prüfung eines glaubhaft zu machenden nicht zu ersetzenden Nachteils geht (Anschluss an OLG Frankfurt, 3 UF 460/10, FamRZ 2012, 576; Festhaltung an 6 UF 205/14; dazu i. E. zust. Spieker NZFam 2015, 241).

 

Normenkette

FamFG § 116 Abs. 3, § 120 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Lampertheim (Beschluss vom 17.04.2015; Aktenzeichen 1 F 628/14 UE)

 

Tenor

Der Antrag des Antragsgegners auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des AG - Familiengericht - Lampertheim vom 17.4.2015 (1 F 628/14 UE) wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Das AG hat den Antragsgegner mit Beschluss vom 17.4.2015 zur Zahlung monatlichen Trennungsunterhalts i.H.v. zunächst 483 EUR ab 1.4.2015 sowie sich erhöhenden Beträgen bis zu monatlich 565 EUR ab Dezember 2015 und zur Zahlung rückständigen Trennungsunterhalts i.H.v. insgesamt 4.505,50 EUR nebst Zinsen an die neben ihrem Studium noch etwas zuverdienende Antragstellerin verpflichtet. Zugleich hat das AG gem. § 116 Abs. 3 FamFG auch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung angeordnet. Auf den Inhalt des Beschlusses, den der Antragsgegner inzwischen mit der Beschwerde angefochten hat, wird Bezug genommen. Erst nach Verkündung der Entscheidung hat der Antragsgegner mit Einlegung der Beschwerde die Einstellung der Zwangsvollstreckung gem. § 120 Abs. 2 FamFG beantragt. Er hat als Nachteil im Sinne dieser Vorschrift auf Darlehensraten verwiesen, die er bei einer Verpflichtung zum Unterhalt nicht mehr bedienen könne. Das AG hat den Antrag zuständigkeitshalber zusammen mit dem Rechtsmittel gegen die Hauptsache an das OLG abgegeben.

Der Antrag ist jedenfalls nicht begründet.

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH kommt die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus der angefochtenen Entscheidung im Rechtsbeschwerdeverfahren "nicht in Betracht", wenn in der Vorinstanz kein Antrag auf Vollstreckungsschutz gestellt worden ist; dies gilt auch seit Einführung des FamFG unter fortwährender Heranziehung des Rechtsgedankens aus dem nicht mehr direkt anwendbaren § 712 ZPO weiter (BGH FamRZ 2013, 1299 m.w.N.). Der 3. Senat für Familiensachen des OLG Frankfurt (FamRZ 2012, 576) hat nicht zuletzt anhand der Entstehungsgeschichte der Neuregelung des Vollstreckungsschutzes in § 120 Abs. 2 FamFG grundlegend ausgeführt, dass der vom BGH ursprünglich für die Revisionsinstanz entwickelte Grundsatz ebenso für das Beschwerdeverfahren in Bezug auf eine gem. § 116 Abs. 3 FamFG sofort wirksame und damit vollstreckbare Entscheidung aus der ersten Instanz anzuwenden ist, es sei denn, die Gründe, auf die der Einstellungsantrag gestützt wird, lagen im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht noch nicht vor oder konnten aus anderen Gründen nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht werden (ebenso OLG Hamm FamRZ 2011, 1678). Letztere Einschränkung gegenüber der zitierten Rechtsprechung des BGH beachtet - insoweit entgegen der Annahme des Beschwerdeführers - auch der Senat, d.h. der Unterschied zwischen Tatsacheninstanz und Rechtsbeschwerdeinstanz, dass neuere Entwicklungen vorgetragen werden können, wird berücksichtigt (vgl. auch OLG Frankfurt, 6 UF 205/14 = BeckRS 2014 22620; dazu differenzierende Besprechung Spieker NzFam 2015, 241). Insoweit läuft § 120 Abs. 2 Satz 3 FamFG mit dem Verweis auf §§ 707, 719 ZPO auch nicht etwa leer bzw. ist nicht generell ausgeschlossen. Im Übrigen bleibt der Senat weiterhin bei der Argumentation, dass nämlich in besonderem Maße bei titulierten Unterhaltsansprüchen die Berücksichtigung der Gläubigerinteressen von Bedeutung ist, da die Vollstreckungsmöglichkeiten aus Titeln, welche regelmäßig den Lebensunterhalt des Gläubigers sicherstellen, mit der Regelung des FamFG gestärkt werden sollten, wie aus § 116 Abs. 3 Satz 3 FamFG deutlich wird (OLG Frankfurt, a.a.O.). Folgte man der Gegenauffassung (OLG Düsseldorf FamRZ 2014,...

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