Entscheidungsstichwort (Thema)

Wert des Beschwerdegegenstandes bei Rechtsmittel gegen Verurteilung zur Abgabe eidesstattlicher Versicherung im Rahmen einer Stufenklage

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Wert des Beschwerdegegenstandes bemisst sich im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert, sowie einem Geheimhaltungsinteresse des Auskunftspflichtigen.

2. Das Risiko, wegen einer (möglicherweise) falschen eidesstattlichen Versicherung mit einem Strafverfahren oder Schadensersatzansprüchen überzogen zu werden, ist bei der Wertbemessung nicht zu berücksichtigen.

3. Zur Frage, ob bei der Wertbemessung Kosten zu berücksichtigen sind, die wegen der Hinzuziehung eines Anwalts zur Überprüfung der eidesstattlich zu versichernden Auskünfte entstanden sind.

 

Normenkette

ZPO § 511 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Urteil vom 21.08.2019; Aktenzeichen 4 O 181/15)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Die Berufung der Beklagten gegen das am 21.8.2019 verkündete Teil-Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt wird als unzulässig verworfen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Der Gebührenstreitwert des Berufungsverfahrens wird auf 580,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht im Wege der Stufenklage Pflichtteilsansprüche aus eigenem Recht sowie aufgrund Rechtsnachfolge von Todes wegen nach ihrer verstorbenen Mutter geltend.

Mit am 21.8.2019 verkündetem Teil-Urteil (Bl. 752 ff. d. A.), der Beklagten zugestellt am 22.8.2019, hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass sie den Bestand des Nachlasses des am XX.XX.2011 verstorbenen A so vollständig angegeben hat, als sie dazu imstande ist. Hinsichtlich des weiteren Auskunftsantrags auf erster Stufe hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Auf die Urteilsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 755 ff. d. A.) wird Bezug genommen.

Hiergegen hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 19.9.2019 (Bl. 768 ff. d. A.), bei Gericht eingegangen am 20.9.2019, Berufung eingelegt und diese auch sogleich begründet. Auf die Berufungsbegründung wird ebenfalls Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 21.8.2019 verkündeten Teil-Urteils des Landgerichts Darmstadt Az. 4 O 181/15 die Klage vom 28.2.2019 hinsichtlich des Hilfsantrags kostenfällig abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

Der Senat hat mit Verfügung vom 23.10.2019 (Bl. 786 d. A.) darauf hingewiesen, dass er Zweifel an der Zulässigkeit der Berufung hat, weil der Beschwerdewert des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht erreicht sein dürfte. Hierzu hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 15.11.2019 (Bl. 793 ff. d. A.), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, Stellung genommen.

II. Die Berufung der Beklagten ist unzulässig, da der in § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO normierte Wert des Beschwerdegegenstandes von mehr als 600,00 EUR nicht erreicht ist.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes bemisst sich im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert, sowie einem - vorliegend nicht geltend gemachten - Geheimhaltungsinteresse des Auskunftspflichtigen (BGH, Beschluss v. 29.11.1995, IV ZB 19/95, juris Rn. 9). Das Risiko wegen einer (möglicherweise) falschen eidesstattlichen Versicherung mit einem Strafverfahren oder Schadensersatzansprüchen überzogen zu werden, ist - entgegen der Ansicht der Beklagten - bei der Wertbemessung nicht zu berücksichtigen (BGH, Beschluss v. 29.11.1995, IV ZB 19/95, juris Rn. 10).

Richtig ist allerdings, dass derjenige, der zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verurteilt ist, nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtetet ist, die erteilte Auskunft auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen und gegebenenfalls zu ergänzen und zu berichtigen. Dazu kann der Auskunftspflichtige einen Rechtsanwalt einschalten, wenn der Urteilsausspruch nicht hinreichend bestimmt ist, so dass Zweifel über seinen Inhalt und Umfang im Vollstreckungsverfahren zu klären sind, oder wenn die sorgfältige Erfüllung des titulierten Anspruchs Rechtskenntnisse voraussetzt (BGH, Beschluss v. 29.11.1995, IV ZB 19/95, juris Rn. 12).

Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe kann der Beklagten im Streitfall jedoch zugemutet werden, die eidesstattliche Versicherung ohne anwaltlichen Rat und Beistand abzugeben. Insbesondere ist der Inhalt der abzugebenden eidesstattlichen Versicherung im Urteil des Landgerichts hinreichend bestimmt. Zwar bezieht sich der Urteilstenor nicht auf eine bestimmte erteilte Auskunft, sondern nur pauschal auf "den Bestand des Nachlasses" des Erblassers. Aus den Entscheidungsgründen, die zur Auslegung des Tenors heranzuzi...

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