Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiederverwahrung eines gemeinschaftlichen Testaments. Testament

 

Leitsatz (redaktionell)

Die besondere amtliche Weiterverwahrung eines gemeinschaftlichen Testaments oder Erbvertrags erfolgt nach dem Tod des Erstverstorbenen durch das Amtsgericht, das als Nachlassgericht für den Nachlass des Erstverstorbenen zustänig wäre.

 

Normenkette

BGB § 2261

 

Verfahrensgang

AG Langen (Hessen) (Entscheidung vom 03.11.1994; Aktenzeichen 4 IV W 28/94)

AG Oldenburg i.H. (Entscheidung vom 23.03.1963; Aktenzeichen 11 IV 338/94)

 

Tenor

Für die Wiederverwahrung des notariellen gemeinschaftlichen Testaments vom 23. März 1963 ist das Amtsgericht Oldenburg (Holstein) zuständig.

 

Gründe

Der Notar … in … übersandte das bei ihm am 23.3.1963 errichtete gemeinschaftliche Testament der Eheleute … an das Amtsgericht Langen des damaligen Wohnsitzes der Testatoren. Nach dem Tod der Ehefrau, die zuletzt in … wohnte, wurde das Testament vom Amtsgericht Langen eröffnet und alsdann dem Amtsgericht Oldenburg (Holstein) übersandt mit der Bitte, das gemeinschaftliche Testament in die dortige besondere amtliche Verwahrung zu nehmen. Das Amtsgericht Oldenburg (Holstein) vertritt die Ansicht, daß das Testament beim bisherigen Verwahrungsgericht wieder zu verwahren sei, und hat es abgelehnt, das Testament in die weitere besondere amtliche Verwahrung zu übernehmen. Daraufhin hat das Amtsgericht Langen die Sache dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main zur Bestimmung des für die besondere amtliche Verwahrung des Testaments Örtlich zuständigen Gerichts vorgelegt.

Die Vorlage ist gemäß § 5 FGG zulässig. Es handelt sich um einen Streit der beteiligten Amtsgerichte ausschließlich über die örtliche Zuständigkeit für die besondere amtliche Weiterverwahrung des Testaments. Der Senat ist anstelle des an sich dazu berufenen Bundesgerichtshofs zuständig für die Entscheidung; zu seinem Bezirk gehört nämlich das zuerst mit dieser Sache – d. h. mit der weiteren Verwahrung des eröffneten gemeinschaftlichen Testaments – befaßte Gericht.

Die Frage, welches Gericht für die besondere amtliche Weiterverwahrung eines gemeinschaftlichen Testaments oder Erbvertrags nach dem Tode des Erstversterbenden zuständig ist, wird in der Rechtsprechung und im Schrifttum unterschiedlich beantwortet. Einerseits wird die Ansicht vertreten, daß § 2261 Satz 2 BGB zur Zuständigkeit desjenigen Amtsgerichts führe, das die Aufgaben des Nachlaßgerichts nach dem Tode des Erstversterbenden wahrzunehmen habe (OLG Celle Rpfleger 1979, 24; OLG Hamm OLGZ 1987, 283 = Rpfleger 1987, 313 und OLGZ 1990, 276 = Rpfleger 1990, 299; OLG Zweibrücken MDR 1988, 233 = Rpfleger 1988, 149; OLG Karlsruhe BWotZ 1989, 63; MünchKomm-Musielak BGB 2. Aufl. Rn. 8, Staudinger/Kanzleiter BGB 12. Aufl. Rn. 16, Erman/Schmidt BGB 9. Aufl. Rn, 4, Jauernig/Stümer BGB 7. Aufl. Anm. 2, je zu § 2273; Firschlug/Graf Nachlaßrecht 7. Aufl. S. 224, 225). Dieser Auffassung hat sich der Senat in seiner bisherigen ständigen Rechtsprechung angeschlossen (zuletzt in 20 W 106/89 vom 16.3.1989). Die Gegenmeinung geht demgegenüber dahin, daß die Zuständigkeit für die besondere amtliche Weiterverwahrung eines gemeinschaftlichen Testaments oder Erbvertrags durch den ersten Erbfall keine Veränderung erfährt und bei dem bisher zuständigen Amtsgericht verbleibt (KG Rpfleger 1972, 405; 1977, 24; 1981, 304; OLG Köln Rpfleger 1975, 249; OLG Schleswig SchlHAnz 1978, 101; OLG Oldenburg NJW-RR 1987, 265; OLG Stuttgart NJW-RR 1988, 904 = Rpfleger 1988, 189 = Die Justiz 1988, 205; OLG Saarbrücken Rpfleger 1988, 484; BayObLGZ 1989, 59 = NJW-RR 1989, 712 = Rpfleger 1989, 284; Soergel/Wolf BGB 12. Aufl. Rn. 11, Palandt/Edenhofer BGB 53. Aufl. Rn. 6, je zu § 2273).

Der Senat hält nach erneuter Prüfung an seiner bisherigen Auffassung fest. Wegen der Begründung kann auf die ausführlichen Darlegungen des OLG Hamm (OLGZ 1990, 276 = Rpfleger 1990, 299) verwiesen werden, die einer ausführlichen Wiederholung und Ergänzung nicht bedürfen, da auch die Vertreter der Gegenmeinung, soweit ersichtlich, seitdem keine neuen wesentlichen Argumente zur Stützung ihrer Ansicht entwickelt haben.

Entgegen der Auffassung des OLG Schleswig (SchlHAnz 1978, 101), auf das sich das Amtsgericht Oldenburg (Holstein), beruft, ist durch den Wortlaut des § 2273 Abs. 2 Satz 2 BGB („in die besondere amtliche Verwahrung zurückzubringen”) nur die Wiederverwahrung, nicht aber die örtliche Zuständigkeit geregelt, so daß § 2261 BGB anwendbar ist. Der Gefahr eines bei der Übersendung des Testaments eintretenden Verlusts wird dadurch begegnet, daß beim Verwahrungsgericht eine beglaubigte Abschrift verbleibt (§ 2261 BGB). Mit der Anwendbarkeit des § 2261 BGB wird die bisherige Zuständigkeit des Verwahrungsgerichts (§ 2258 a BGB) aufgehoben und die des Nachlasgerichts begründet, jedoch nicht in seiner Funktion als Nachlaßgericht, worauf das OLG Köln (Rpfleger 1975, 248) hingewiesen hat, sondern als für die Wiederverwahrung örtlich zuständig gewordenes Amtsgericht (zur Zweckmäßigkeit T...

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