Verfahrensgang

AG Siegen (Entscheidung vom 31.01.1990; Aktenzeichen 3 (8) IV 698/65)

AG Gummersbach (Aktenzeichen 4 IV 690/89)

 

Tenor

Das Amtsgericht Gummersbach ist für die besondere amtliche Weiterverwahrung des Erbvertrages vom … (UR-Nr. … in …) örtlich zuständig.

 

Gründe

Die Witwe … und ihr Sohn … haben am … vor dem Notar … in … einen Erbvertrag geschlossen, in dem beide Vertragsschließenden letztwillig verfügt haben. Dieser Erbvertrag ist am … bei dem Amtsgericht … zur besonderen amtlichen Verwahrung gegeben worden. Die Witwe … ist am … mit ihrem letzten Wohnsitz in … verstorben. Der Sohn … der Verstorbenen hat mit Schreiben vom 02.10.1989 bei dem Amtsgericht … die Eröffnung des Erbvertrages beantragt, die am 13.10.1989 erfolgt ist. Danach ist das Amtsgericht … gemäß § 2261 Satz 2 BGB verfahren und hat den Erbvertrag im Original mit einer beglaubigten Abschrift der Niederschrift über die Eröffnungsverhandlung und Ablichtungen anderer Urkunden dem Amtsgericht – Nachlaßgericht – Gummersbach übersandt.

Der Rechtspfleger des Amtsgerichts Gummersbach hat mit Verfügung vom 17.01.1990 die Übernahme des Erbvertrages zur besonderen amtlichen Verwahrung des dortigen Amtsgerichts abgelehnt. Seiner Auffassung nach ergibt sich die Zuständigkeit für die besondere amtliche Weiterverwahrung eines Erbvertrages ausschließlich aus § 2258 a Abs. 2 BGB, ohne daß nach dem Tod des erstverstorbenen Vertragsschließenden ein Zuständigkeitswechsel eintrete.

Das Amtsgericht Siegen hält gemäß § 2261 S. 2 BGB das nach dem Tod des erstverstorbenen Vertragsschließenden zuständige Nachlaßgericht zuständig für die besondere amtliche Weiterverwahrung des Erbvertrages und hat mit Beschluß vom 31.01.1990 die Sache gemäß § 5 FGG dem Senat zur Bestimmung des örtlich zuständigen Amtsgerichts vorgelegt.

Die Vorlage ist gemäß § 5 FGG zulässig. Es handelt sich um einen Streit der beteiligten Amtsgerichte ausschließlich über die örtliche Zuständigkeit für die besondere amtliche Weiterverwahrung des Erbvertrages. Die beteiligten Amtsgerichte sind sich darüber einig, daß der Erbvertrag nach den §§ 2300, 2273 Abs. 2 BGB wieder zu verschließen und in die besondere amtliche Verwahrung zurückzubringen ist, da der Erbvertrag eine letztwillige Verfügung des überlebenden Vertragsschließenden enthält, die sich nicht lediglich auf den Erbfall nach den Erstversterbenden bezieht. (so bereits Senat OLGZ 1972, 73 = Rechtspfleger 71, 398; ferner die nachstehend zitierte Rechtsprechung).

Der Senat ist nach § 5 Abs. 1 Satz 1 FGG anstelle des Bundesgerichtshofes zur Bestimmung des zuständigen Gerichtes berufen, weil das zu seinem Bezirk gehörende Amtsgericht Siegen zuerst mit der Sache befaßt worden ist.

Die Frage, welches Gericht für die besondere amtliche Weiterverwahrung eines gemeinschaftlichen Testamentes oder Erbvertrages nach dem Tode des Erstversterbenden zuständig ist, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet. Einerseits wird die Auffassung vertreten, daß § 2261 Satz 2 BGB zur Zuständigkeit desjenigen Amtsgerichts führe, das die Aufgaben des Nachlaßgerichtes nach dem Tode des Erstversterbenden wahrzunehmen habe (frühere Rechtsprechung des BayObLgZ 1974, 7, 8 = Rpfleger 1974, 156; OLG Celle Rpfleger 1979, 24; OLG Zweibrücken Rpfleger 1988, 149; aus der Kommentar-Literatur: MK Musielack BGB, 2. Aufl., § 2273 Rdn. 8; Soergel-M. Wolf, BGB, 11. Aufl., § 2273 Rdn. 7; Staudinger-Kanzleiter, BGB, 12. Aufl., § 2273 Rdn. 16; Erman/Hense/Schmidt, BGB, 8. Aufl., § 2273 Rdn. 4; Dittmann/Reimann/Bengel, Testament und Erbvertrag, 2. Aufl., § 2273 Rdn. 12). Dieser Auffassung hat sich der Senat in seiner bisherigen ständigen Rechtssprechung angeschlossen (OLGZ 1972, 73 = Rpfleger 1973, 398; Rpfleger 1987, 313). Die Gegenauffassung geht demgegenüber dahin, daß die Zuständigkeit für die besondere amtliche Weiterverwahrung eines gemeinschaftlichen Testaments oder Erbvertrags durch den ersten Erbfall keine Veränderung erfährt und bei dem bisher zuständigen Amtsgericht verbleibt (KGJ 20 A 262 sowie Rpfleger 1972, 405 und 1981, 304; OLG Köln, Rpfleger 1975, 249; SchlHOLG SchlA 1978, 101; OLG Oldenburg NJW-RR 1987, 265; OLG Stuttgart Rpfleger 1988, 189). Dieser Auffassung hat sich jüngst auch das BayObLG unter Aufgabe seiner gegenteiligen früheren Rechtsprechung angeschlossen (Rpfleger 1989, 284 f.; ihm folgend Palandt-Edenhofer, BGB, 49. Aufl., § 2273 Anm. 3 in Abweichung von den Vorauflagen).

Der Senat hält nach erneuter Überprüfung an seiner bisherigen Auffassung fest. Dafür sind die folgenden Gründe maßgeblich:

Nach § 2261 BGB hat das Gericht, bei dem das Testament bzw. der Erbvertrag in amtlicher Verwahrung ist, die Eröffnung auch dann vorzunehmen, wenn nach dem letzten Wohnort des Erstversterbenden (§ 73 FGG) ein anderes Gericht als Nachlaßgericht berufen ist. Für diesen Fall sieht Satz 2 der Vorschrift weiter vor, daß das Testament (bzw. der Erbvertrag) nebst einer beglaubigten Abschrift der über die Eröffnung aufgenommenen Niederschrift dem Nachlaßgericht ...

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