Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflicht zur Einreichung von Anträgen und Erklärungen als elektronisches Dokument

 

Normenkette

FamFG § 14b; ZPO § 130a

 

Verfahrensgang

AG Darmstadt (Beschluss vom 17.07.2023; Aktenzeichen 58 F 1352/22 S)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Darmstadt vom 17.07.2023 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligte zu 1. hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.011,- Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1. - die Deutsche Rentenversicherung Bund - begehrt die Abänderung des Ausspruchs zum Versorgungsausgleich.

Zum Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung erzielte die Antragstellerin ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von rund 1.500,- Euro und der Antragsgegner in Höhe von rund 1.870,- Euro. Ausweislich der im Verfahren eingeholten Auskunft der Beteiligten zu 1. vom 27.03.2023 (Bl. 17 ff. d. A.) erwarb die Antragstellerin während der Ehezeit in der allgemeinen Rentenversicherung 11,9896 Entgeltpunkte, einen Zuschlag in Höhe von 3,6563 Entgeltpunkten für langjährige Versicherung sowie in der allgemeinen Rentenversicherung Ost weitere 4,5022 Entgeltpunkte und 0,6581 Entgeltpunkte für langjährige Versicherung. Der Antragsgegner erwarb während der Ehezeit Anwartschaften bei der Beteiligten zu 2.

Mit Beschluss vom 17.07.2023 - der Beteiligten zu 1. zugestellt am 31.07.2023 - hat das Amtsgericht die am 18.12.1987 geschlossene Ehe der Antragstellerin und des Antragsgegners geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Dabei hat es den Ausgleich der von der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund - Ost erworbenen Entgeltpunkte für langjährige Versicherung außer Acht gelassen. Mit seiner Rechtsmittelbelehrung hat das Amtsgericht unter anderem darauf hingewiesen, dass die Beschwerde durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle erklärt werden könne und dass die Beschwerdeschrift von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen sei.

Die Beteiligte zu 1. wendet sich mit ihrer am 11.08.2023 beim Amtsgericht auf dem Postweg eingelegten, nicht unterzeichneten, sondern mit einem maschinenschriftlichen Schriftzug versehenen Beschwerdeschrift gegen die Entscheidung über den Versorgungsausgleich bezogen auf das außer Acht gelassene Anrecht der Antragstellerin.

Die Akten sind am 13.09.2023 beim Oberlandesgericht eingegangen. Mit Schreiben vom 14.09.2023 hat die stellvertretende Senatsvorsitzende die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeschrift mangels Einreichung in der nach § 14b FamFG vorgesehenen Form nicht wirksam eingelegt worden sei. Die Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen hat die Beschwerdeführerin verstreichen lassen.

II. Die gemäß §§ 58 ff. FamFG statthafte Beschwerde der Beteiligten zu 1. war gemäß § 68 Abs. 2 Satz 2 FamFG als unzulässig zu verwerfen.

Nach der am 31.07.2023 erfolgten Zustellung des angefochtenen Beschlusses an die Beteiligte zu 1. hätte die Beschwerde gemäß § 63 Abs. 1 FamFG bis zum Ablauf des 31.08.2023 (§ 113 Satz 1 FamFG i. V. mit § 188 Abs. 2 BGB, § 222 Abs. 2 ZPO) bei dem hierfür gemäß § 64 Abs. 1 Satz 1 FamFG zuständigen Amtsgericht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form eingelegt werden müssen.

Nach § 14b Abs. 1 Satz 1 FamFG sind schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen von Behörden seit dem 01.01.2022 als elektronisches Dokument im Sinne der § 14 Abs. 2 FamFG, § 130a ZPO einzureichen. Auch die Beschwerdeführerin unterliegt als Körperschaft des öffentlichen Rechts der aktiven Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs nach § 14b Abs. 1 FamFG (OLG Bamberg, Beschluss vom 17.02.2022 - 2 UF 8/22 = FamRZ 2022, 1049; Streicher FamRZ 2023, 495 (498, Fußnote 46)). Die Einreichung eines elektronischen Dokuments ist hier unzweifelhaft nicht erfolgt.

Die Beschwerdeführerin war auch nicht deswegen von der Einreichung eines elektronischen Dokuments befreit, weil § 64 Abs. 2 Satz 1 FamFG auch eine Beschwerdeeinlegung zur Niederschrift zur Geschäftsstelle zulässt. Bedient sich der Versorgungsträger nicht dieser Form der Beschwerdeeinlegung, sondern der in § 64 Abs. 2 Satz 1 FamFG alternativ vorgesehenen Beschwerdeeinlegung "durch Einreichung einer Beschwerdeschrift", muss es seit dem 01.01.2022 ein den Anforderungen des § 130a ZPO genügendes elektronisches Dokument übermitteln (vgl. BGH, Beschluss vom 07.12.2022 - XII ZB 200/22 = BeckRS 2022, 40573; ebenso OLG Frankfurt, Beschluss vom 15.02.2022, 4 UF 8/22 = FamRZ 2022, 802).

Zwar ist der zum 01.01.2022 in Kraft getretene § 14b Abs. 1 Satz 1 FamFG durch Gesetz vom 05.10.2021 (BGBl. I S. 4607) gegenüber seiner ursprünglichen, durch Gesetz vom 10.10.2013 (BGBl. I S. 3786) vorgesehenen Fassung dahingehend abgeändert worden, dass er die Einreichung eines elektronischen Dokuments nicht mehr für sämtliche Anträge und Erklärungen, sondern nur noch für schriftlich einzureichende Anträge und...

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