Leitsatz (amtlich)

Zur Bewertung eines als Diebesgut an sich genommenen Taschenmessers als "gefährliches Werkzeug" im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB.

 

Verfahrensgang

AG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 932 Ds 10590 - 531 Js 10942/06 A)

 

Gründe

Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat den Angeklagten wegen Diebstahls mit Waffen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt.

Dagegen richtet sich die statthafte und auch sonst in zulässiger Weise eingelegte und mit der Sachrüge begründete Revision des Angeklagten. Sie wendet sich gegen eine Verurteilung des Angeklagten wegen Diebstahls mit Waffen.

Das angefochtene Urteil hält auf die Sachrüge der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

Die Feststellungen tragen die Verurteilung wegen Diebstahls mit Waffen (§ 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB) nicht.

Das Amtsgericht hat zum Tatgeschehen festgestellt:

"Der Angeklagte begab sich am 10.03.2006 gegen 03.00 Uhr in die ...straße. Dort stand ein Transporter der Marke XX mit dem amtlichen Kennzeichen ... Dieser Transporter stand im Eigentum des Zeugen Z1. Die Heckklappe des Transporters war zu diesem Zeitpunkt unverschlossen. Der Angeklagte öffnete die Heckklappe des Transporters, drang in das Fahrzeug ein und nahm drei Zigarettenpäckchen, eine Schutzbrille und ein Taschenmesser an sich. Diese Gegenstände wollte er für sich behalten. Ihr Gesamtwert betrug zwischen 25 und 30 Euro. Das Taschenmesser war zwar von minderer Qualität, hatte aber eine Klingenlänge von 8 cm sowie eine Klingenbreite von mehr als 1 cm.

Etwa eine halbe Stunde vor der Tat hatte der Angeklagte Kokain, Heroin und Methadon genommen. Aufgrund dessen war er nur noch eingeschränkt in der Lage, das begangene Unrecht einzusehen und sich dieser Einsicht entsprechend zu verhalten."

Diese Feststellungen tragen die Bewertung des vom Angeklagten als Diebesgut an sich genommenen Taschenmessers als "gefährliches Werkzeug" im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB nicht.

Allerdings sind nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 265 m.w.N.) Messer, sofern sie nicht schon dem Waffenbegriff unterfallen, generell als "gefährliche Werkzeuge" einzustufen. Ob dies grundsätzlich ungeachtet der Größe und der eigentlichen Bestimmung als Gebrauchsgegenstand eines solchen Messers auch für Taschenmesser gilt oder ob es im Hinblick darauf, dass sich das Mitsichführen eines solchen Taschenmessers als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens als sozialadäquates Verhalten darstellt, einer einschränkenden Auslegung des Begriffs des gefährlichen Werkzeuges im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB bedarf, hat der BGH zuletzt ausdrücklich offen gelassen (BGH NStZ 2005, 340).

Im Schriftum gibt es eine ganze Reihe von Vorschlägen zu Abgrenzungskriterien (vgl. Übersicht bei Tröndle/Fischer, StGB, 53. Aufl., § 244 Rz 7 ff). Vertreten werden sowohl subjektive, als auch objektive Lösungsansätze zur Restriktion des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB, die überwiegend für erforderlich erachtet wird. Soweit das Merkmal der "Waffenersatzfunktion" herangezogen wird, um eine uferlose Ausweitung des Begriffs des "gefährlichen Werkzeuges" auf jeden beliebigen Gegenstand zu vermeiden (Tröndle/Fischer a.a.O. Rz 9 d m.w.N.), führt dies in einer Vielzahl von Fällen zu sachgerechten Ergebnissen, hilft aber im Fall eines Taschenmessers nicht weiter. Bei kleineren Messern, wie Taschenmessern, wird eine waffenersetzende abstrakte Gefährlichkeit- abhängig von der konkreten Beschaffenheit des Taschenmessers - kaum gegeben sein.

Der Senat sieht deshalb keine Veranlassung, für die Beurteilung von Taschenmessern als "gefährliches Werkzeug" von seiner in Anlehnung an die Entscheidung des 3. Strafsenats des BGH (NStZ 1999, 301 f) entwickelten Rechtsprechung (StV 2002, 145) abzuweichen. Da das Mitführen eines Taschenmessers als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens ein sozialadäquates Verhalten darstellt, ist eine einschränkende Auslegung des Begriffs des gefährlichen Werkzeuges zumindest für Taschenmesser angebracht. In dem Fall erfordert die Einordnung des Gegenstandes als gefährliches Werkzeug neben seiner Eignung, erhebliche Verletzungen beifügen zu können, die Feststellung einer generellen, von der konkreten Tat losgelösten Bestimmung des Gegenstandes zur gefährlichen Verwendung seitens des Täters, welche noch nicht die konkrete Verwendungsabsicht erreicht.

Die Feststellungen des Amtsgerichts rechtfertigen hier unter Anwendung dieser Grundsätze nicht die Einordnung des von dem Angeklagten aus dem Fahrzeug mitgenommen Taschenmessers als gefährliches Werkzeug i.S.d. § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB.

Wegen der von dem Amtsgericht festgestellten "minderen Qualität" des Taschenmessers bestehen bereits Bedenken, ob es im Hinblick auf seine Beschaffenheit überhaupt geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen.Da nicht ausgeführt wird, worauf sich die mindere Qualität bezieht, z.B. auf die Schärfe oder Bruchfestigkeit der Klinge des Taschenmessers, kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Messer generell ungeeignet ist, ein...

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