Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Erledigung der Hauptsache durch Gebrauchmachen von Ermächtigung

 

Leitsatz (amtlich)

Das Gebrauchmachen von einer gerichtlichen Entscheidung nach § 9 Abs. 2 SchVG durch Einberufung einer Gläubigerversammlung führt noch nicht ohne Weiteres zur Erledigung der Hauptsache und zum Wegfall des Rechtsschutzinteresses einer gegen die gerichtliche Ermächtigungsentscheidung gerichteten Beschwerde nach § 9 Abs. 3 SchVG.

 

Normenkette

SchVG § 9

 

Verfahrensgang

AG Darmstadt (Entscheidung vom 28.04.2017)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Er hat der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren entstandene notwendige Aufwendungen zu erstatten. Im Übrigen findet eine Erstattung notwendiger Aufwendungen im Beschwerdeverfahren nicht statt.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren und das erstinstanzliche Verfahren wird - insoweit in Abänderung des angefochtenen Beschlusses - auf jeweils 5.000,- EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin ist Inhaberin von Schuldverschreibungen der betroffenen Gesellschaft ausweislich einer Depotbescheinigung vom 27.04.2017 (Bl. 1156 d. A.) in Höhe von zuletzt 1.079.090,38 EUR. Über das Vermögen der Gesellschaft ist seit dem 27.03.2015 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Antragsgegner als Insolvenzverwalter bestellt. In den Anleihebedingungen (Bl. 1250 ff. d. A.) ist die Beteiligte zu 3. zur gemeinsamen Vertreterin der Anleihegläubiger bestimmt worden.

Mit jeweiligen Schreiben vom 31.01.2017 an den Antragsgegner und an die gemeinsame Vertreterin (Bl. 1090 ff. d. A.) ließ die Antragstellerin diese auffordern, binnen 14 Tagen eine Gläubigerversammlung/Abstimmung ohne Versammlung zur Abberufung der gemeinsamen Vertreterin einzuberufen. Der Antragsgegner wies den Antrag mit Schreiben vom 01.03.2017 (Bl. 1103 ff. d. A.) zurück. Auch die Beteiligte zu 3. ließ durch Schreiben vom 06.03.2017 (Bl. 1108 d. A.) mitteilen, dass ihr mangels Kostendeckung die Einberufung der Gläubigerversammlung nicht möglich sei.

Mit am 01.03.2017 eingegangenem Antrag hat die Antragstellerin beim Amtsgericht die gerichtliche Ermächtigung zur Einberufung einer Gläubigerversammlung beantragt. Durch den angefochtenen Beschluss, auf dessen Einzelheiten verwiesen wird, hat das Amtsgericht die Antragstellerin ermächtigt, innerhalb von 3 Wochen eine Gläubigerversammlung mit dem Antrag auf Abberufung des bisherigen gemeinsamen Vertreters einzuberufen. Darüber hinaus hat es einen Versammlungsleiter bestimmt. Zur Begründung hat das Amtsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antrag begründet sei, weil einem berechtigten Verlangen der Antragstellerin auf Einberufung der Gläubigerversammlung weder durch den Antragsgegner noch durch die gemeinsame Vertreterin entsprochen worden sei. Die Antragstellerin halte mehr als die erforderlichen 5 % des ausstehenden Nennbetrags der Unternehmensanleihe. Dies stehe aufgrund der vorgelegten Bescheinigung der depotführenden Bank vom 27.04.2017 fest; auch im Zeitpunkt der Zurückweisung des Antrags durch die gemeinsame Vertreterin habe kein hinreichender Grund bestanden, an der Richtigkeit der auf die Antragstellerin lautenden Depotübersicht zu zweifeln. Die erforderliche Begründung eines besonderen Interesses an der Einberufung liege in dem mitgeteilten Tagesordnungspunkt der Abberufung der gemeinsamen Vertreterin. Ein weitergehendes Interesse müsse nicht dargelegt werden. Daran ändere die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nichts und auch nicht der Umstand, dass die gemeinsame Vertreterin bereits in den Anlagebedingungen bestellt worden sei. Im Übrigen sei das Einberufungsverlangen eindeutig; eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung sei nicht erkennbar.

Gegen diesen Beschluss hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 09.05.2017 (Bl. 1199 ff. d. A.) Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass der Antragstellerin bei Abfassung des amtsgerichtlichen Beschlusses vom 28.04.2017 das Rechtsschutzbedürfnis gefehlt habe. Mit Telefax vom 27.04.2017 (Bl. 1161 ff. d. A.) habe der Antragsgegner dem Gericht mitgeteilt, dass die gemeinsame Vertreterin der Anleihegläubiger - die Beteiligte zu 3. - am gleichen Tage gemäß dem Minderheitsverlangen zu einer Abstimmung ohne Versammlung der Anleihegläubiger eingeladen habe. Die Antragstellerin habe ihr Ziel vollständig erreicht; der angefochtene Beschluss sei aus diesem Grund aufzuheben.

Die Antragstellerin ist der Beschwerde entgegengetreten. Sie meint, die nunmehrige Einberufung sei nicht von dem Ziel getragen, eine Abstimmung zu ermöglichen, sondern eine solche zu verhindern. Es solle in Ansehung des Umstandes, dass allein der Versammlungsleiter der ersten Versammlung bzw. der Abstimmung ohne Versammlung über die Einberufung einer zweiten Versammlung entscheide, die Abstimmung im Ergebnis verhindert werden. Die gemeinsame Vertreterin habe bereits Anlass zur Vermutung gegeben, dass sie keine sachlich gebotene zweite Versammlung anberau...

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