Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrenskostenhilfe: Beschwerde gegen die Verweigerung der Beiordnung eines Anwalts in einer Familienstreitsache

 

Leitsatz (amtlich)

Die Beschwerde gegen die Verweigerung der Beiordnung eines Anwalts ist im EA-Verfahren auf Unterhalt unzulässig. Der Senat folgt in ständiger Rechtsprechung auch für das nach dem 31.8.2009 geltende Recht der herrschenden Auffassung, wonach die Überprüfung eines Verfahrenskostenhilfebeschlusses im Rahmen einer einstweiligen Anordnung ausgeschlossen ist, wenn das Familiengericht die Erfolgsaussicht verneint hat.

 

Normenkette

FamFG §§ 57, 113; ZPO § 127 Abs. 2; FamFG §§ 78, 113 Abs. 1, § 114 Abs. 3, 4 Nr. 2

 

Verfahrensgang

AG Melsungen (Beschluss vom 15.03.2010)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 18.05.2011; Aktenzeichen XII ZB 265/10)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG - Familiengerichts - Melsungen vom 15.3.2010 wird als unzulässig verworfen.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen, außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin beantragte mit Schriftsatz vom 5.2.2010 eine einstweilige Anordnung zur Zahlung von Kindesunterhalt. Für dieses Verfahren beantragte sie außerdem die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung der sie vertretenden Rechtsanwältin.

Die Antragstellerin teilte mit, dass seit Januar 2009 eine Beistandschaft für Unterhaltssachen durch das Jugendamt eingerichtet sei, die jedoch seit Februar 2010 ruhe, weil der Antragsgegner weder Auskunft über die Höhe seines Einkommens erteilt noch auf Zahlungsaufforderungen reagiert habe. Sie überreichte ein Schreiben des die Beistandschaft führenden Jugendamts an die Verfahrensbevollmächtigte (Bl. 6 d.A.), mit dem Unterlagen für die Verfahrensführung übersandt und für die gerichtliche Festsetzung des Kindesunterhalts viel Erfolg gewünscht wurde. Diesen Unterlagen war eine Vorkorrespondenz mit dem auch später im Verfahren mandatierten Rechtsanwalt des Antragsgegners zu entnehmen.

Das Familiengericht wies nach Eingang des Antrags darauf hin, dass eine Anwaltsbeiordnung nicht in Betracht komme, weil für die Geltendmachung von Unterhalt eine Beistandschaft beim Jugendamt eingerichtet sei. Anwaltszwang bestehe gem. § 114 Abs. 4 FamFG nicht; eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt erscheine nicht notwendig, weil eine qualifizierte Vertretung durch das Jugendamt gewährleistet sei. Eine anwaltliche Vertretung auf Staatskosten sei daneben nicht möglich. Die Antragstellerin teilte daraufhin mit, die Beistandschaft sei beendet. Der zuständige Mitarbeiter des Jugendamts habe die Antragstellerin auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme anwaltlichen Rats verwiesen. Die Sachbearbeiter des Jugendamts, die sämtlich nicht über eine juristische Ausbildung verfügten, seien nicht dazu in der Lage, ein gerichtliches Verfahren zu führen.

Der anwaltlich vertretene Antragsgegner verteidigte sich mit dem Einwand fehlender Leistungsfähigkeit gegen den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Am 15.3.2010 bewilligte das Familiengericht der Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe, lehnte jedoch die Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten unter Bezugnahme auf den zuvor erteilten Hinweis ab. Die Beistandschaft berechtige zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen. Die Sache weise keine besondere Schwierigkeit auf, da lediglich der Mindestunterhalt geltend gemacht werde. Im Hauptsacheverfahren, das gleichzeitig anhängig gemacht worden war und das zur gemeinsamen Verhandlung mit dem einstweiligen Anordnungsverfahren verbunden worden ist, ist der Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung der Rechtsanwältin bewilligt worden. Die Beteiligten haben den Rechtsstreit insgesamt durch Vergleich erledigt.

Gegen den die Anwaltsbeiordnung im Eilverfahren versagenden Beschluss vom 15.3.2010, der ihr am 16.3.2010 zugestellt worden ist (Bl. 61 d.A.), ist am 16.4.2010 durch die Verfahrensbevollmächtigte sofortige Beschwerde eingelegt worden. Sie macht geltend, die Angelegenheit sei rechtlich schwierig gewesen. Die Kindesmutter und auch das Jugendamt seien nicht dazu in der Lage gewesen, in einem Verfahren mit Parteibeibringungsmaxime den substantiierten Vortrag der Gegenseite zu der behaupteten Leistungsunfähigkeit adäquat zu bestreiten. Ein Eilverfahren sei als flankierende Maßnahme zur Geltendmachung von Unterhalt im Übrigen geboten gewesen. Außerdem gelte das Gebot der Waffengleichheit. Im Ergebnis verstoße der angefochtene Beschluss auch gegen das in Art. 3 GG verankerte Gleichheitsgebot, weil ohne sachlichen Grund zwischen einem kostenarmen und einer begüterten Partei differenziert werde. Der minderjährigen Antragstellerin stehe eine Wahl zwischen der Vertretung durch das Jugendamt oder der Vertretung durch einen Rechtsanwalt zu. Darüber hinaus greife die fehlende Anwaltsbeiordnung auch in das Berufsrecht der Verfahrensbevollmächtigten selbst ein.

Das AG hat der Beschw...

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