Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Verkehrssicherungspflicht des Verwalters und Aufsichtspflichtverletzung eines Bewohners

 

Verfahrensgang

AG Bad Homburg (Aktenzeichen 4 UR II 58/80)

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2/9 T 1067/81)

 

Tenor

Der Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe wird zurückgewiesen.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde trägt der Beteiligte zu 1).

Der Wert des weiteren Beschwerdeverfahrens wird auf DM 2.000,– festgesetzt.

 

Gründe

Die zulässige weitere Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, daß die Antragsgegner als damalige Verwalter nicht verpflichtet sind, an den Antragsteller ein Schmerzensgeld zu zahlen.

Zu Recht hat das Landgericht dahinstehen lassen, ob die Antragsgegner eine – dem Antragsteller gegenüber bestehende – Verkehrssicherungspflicht verletzt haben. Schon die Frage, ob eine Anpflanzung bzw. das Belassen einer kniehohen Berberitzenhecke neben einem etwa 1,20 m breiten befestigten Zugangsweg zu einem Hauseingang tatbestandsmäßig eine unerlaubte Handlung i. S. § 823 Abs. 1 BGB darstellt – was das Amtsgericht ausdrücklich bejaht hat und wovon das Landgericht offensichtlich ebenfalls ausgegangen ist –, braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden, weil die Antragsgegner an der behaupteten Körperverletzung – sollte sie überhaupt auf dem fraglichen Weg geschehen sein – angesichts des dem Antragsteller zuzurechnenden Mitverschuldens kein ins Gewicht fallendes Verschulden trifft.

Zwar schließt nicht schon die Tatsache, daß in der aufgrund der Teilungserklärung erlassenen Hausordnung das Spielen auf dem Rasen verboten und angeordnet ist – wovon ohnehin ausgegangen werden müßte –, daß die Gehwege nur zweckentsprechend benutzt werden dürfen – wozu Ballspielen nicht gehört –, eine Ersatzpflicht der Antragsgegner von vornherein aus. Denn grundsätzlich muß der Verkehrssicherungspflichtige damit rechnen, daß Verhaltensvorschriften nicht eingehalten werden. Solange aber konkrete Anhaltspunkte für die Übertretung von Verhaltensvorschriften nicht vorliegen, kann der Mangel an entsprechender Voraussicht des Verkehrssicherungspflichtige allenfalls ein geringes Verschulden begründen. Daß den Antragsgegnernvor dem fraglichen Unfall bekannt war, daß Kinder auf den Zugangswegen Ball spielen und sich dabei an der Hecke verletzt haben, ist in den Tatsacheninstanzen nicht vorgetragen worden.

Gegenüber dieser allenfalls leichten Fahrlässigkeit überwiegt das Verschulden des Antragstellers sowie das seiner gesetzlichen Vertreterin, so daß der Antragsteller den entstandenen Schaden allein zu tragen hat.

Aus zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht ein Mitverschulden des Antragstellers darin erblickt, daß er entgegen der Zweckbestimmung auf dem Zugangsweg gespielt hat. Die Gefahr, bei einem Sturz in die neben dem Weg befindliche dornige Hecke zu fallen und sich daran zu verletzen, ist auch einem 10jährigen Kind erkennbar; Anhaltspunkte dafür, daß ihm die erforderliche Einsichtsfähigkeit, sich selbst vor Schaden zu bewahren, gefehlt habe (§ 828 Abs. 2 BGB), sind nicht ersichtlich. Selbst wenn dem Antragsteller das Verbot nicht bekannt gewesen wäre, müßte er sich das Mitverschulden seiner gesetzlichen Vertreterin – seiner Mutter – zurechnen lassen, weil sie ihn nicht über das Verbot und die bei einer Übertretung bestehenden Gefahren informiert hat.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts trifft allerdings den Antragstellerpersönlich kein Mitverschulden an der Aufrechterhaltung des vorhandenen Zustands, weil er als Miteigentümer unterlassen hat, auf die Entfernung der Hecke einzuwirken. Zum einen kann von einem 10jährigen nicht die Einsichtsfähigkeit erwartet werden,er müsse von rechtlichen Möglichkeiten als Wohnungseigentümer Gebrauch machen, soweit dies gesetzlich überhaupt zulässig ist. Zum anderen könnte ein Mitverschuldensvorwurf nur darauf gestützt werden, daß nichtvor dem Unfall zweckentsprechende Schritte unternommen worden sind; das Unterlassen geeigneter Maßnahmennach dem fraglichen Ereignis kann zum Entstehen des Schadens nicht beigetragen haben.

Gleichwohl hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht ein dem Antragsteller zuzurechnendes Mitverschulden bejaht; denn er muß sich nach §§ 254 Abs. 2 Satz 2, 278 BGB das Verschulden seiner Mutter als seine gesetzliche Vertreterin zurechnen lassen, das darin zu erblicken ist, daß sie nicht vor dem Unfall auf die Entfernung der Hecke durch sachgerechte Maßnahmen, z. B. einen entsprechenden Antrag in der Wohnungseigentümer-Versammlung oder bei Gericht, eingewirkt hat. Dieses Unterlassen muß der Antragsteller gegen sich gelten lassen; zwar ist § 278 BGB im Rahmen des § 254 BGB nur unter der Voraussetzung anwendbar, daß zwischen den Parteien vertragliche Beziehungen oder jedenfalls sonstige rechtliche Sonderbeziehungen bestehen. Wenn auch zweifelhaft ist, ob im vorliegenden Fall mangels eines schriftlichen Verwaltervertrags mit den An...

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