Entscheidungsstichwort (Thema)

Prüfung der Mittellosigkeit im Rahmen der Betreuervergütung

 

Leitsatz (amtlich)

Im Rahmen der Betreuervergütung sind bei der Prüfung der Mittellosigkeit Zinsen, die dem Betroffenen aus der Geldanlage eines ihm wegen eines Unfalles gezahlten Schmerzensgeldes zufließen, nicht zu berücksichtigen.

 

Normenkette

BGB § 253 Abs. 2, §§ 1835-1836, 1836c, 1836d, 1908i Abs. 2; FGG §§ 56g, 69e; SGB 2 § 11; SGB 2 § 12; SGB 3; SGB 12 § 83; SGB 12 § 90; VBVG § 1

 

Verfahrensgang

LG Gießen (Beschluss vom 12.11.2008; Aktenzeichen 7 T 355/08)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 132 EUR.

 

Gründe

I. Der Betroffene zog sich bei einem Verkehrsunfall im Jahr 1997 schwere Hirnverletzungen zu und leidet seitdem an einer chronischen organischen Psychose sowie einer halbseitigen Lähmung und einer schwersten Sprachstörung. Er lebt seitdem in einem Pflegeheim und erhält vom Sozialamt ein monatliches Taschengeld i.H.v. 89 EUR. Das dem Betroffenen wegen des eingangs genannten Verkehrsunfalls ausgezahlte Schmerzensgeld ist auf mehreren Sparkonten angelegt und belief sich im Juli 2008 auf rund 110.000 EUR einschließlich der laufend erzielten Zinserlöse, die der Betreuer für die Zeit ab 2005 mit 8.564,45 EUR bezifferte.

Der Betreuer beantragte, ihm für seine Tätigkeit in der Zeit vom 1.1. bis 30.6.2008 eine aus dem Vermögen des Betroffenen zu zahlende Vergütung i.H.v. 660 EUR festzusetzen, wobei er davon ausging, dass der Betroffene wegen der ihm zugeflossenen Zinserträge aus dem Schmerzensgeld vermögend sei.

Dem folgend setzte das AG mit Beschluss vom 15.9.2008 eine aus dem Vermögen des Betroffenen zu zahlende Vergütung i.H.v. 660 EUR fest.

Hiergegen legte die für den Betroffenen vom AG bestellte Verfahrenspflegerin sofortige Beschwerde ein, mit der sie geltend machte, da sich die Bankguthaben des Betroffenen ausschließlich aus Schmerzensgeld und hieraus erzielten Zinsen zusammen setzten und beides kein verwertbares Vermögen darstelle, sei der Betroffene als mittellos im Sinne des Gesetzes anzusehen, so dass eine Festsetzung der Betreuervergütung gegen sein Vermögen nicht erfolgen dürfe.

Der vom LG angehörte Bezirksrevisor teilte mit, im Hinblick auf die verwaltungsgerichtliche und sozialgerichtliche Rechtsprechung, wonach Zinsen aus Schmerzensgeld nicht als Einkünfte anzurechnen seien, bestünden gegen die Festsetzung der Betreuervergütung gegen die Staatskasse keine Einwände.

Das LG änderte die amtsgerichtliche Entscheidung mit Beschluss vom 12.11.2008 dahingehend ab, dass dem Betreuer für seine Tätigkeit in der Zeit vom 1.1.2008 bis 30.6.2008 eine von der Staatskasse zu erstattende Vergütung i.H.v. 528 EUR festgesetzt wurde. Zur Begründung hat die Kammer im Wesentlichen ausgeführt, es sei von einem durch den Gesetzgeber beabsichtigten umfassenden Anrechnungsschutz für Rechtspositionen, die sich aus § 253 Abs. 2 BGB ergeben, auszugehen, der auch Zinsen aus Schmerzensgeld umfasse.

Gegen den landgerichtlichen Beschluss hat der Betreuer am 3.12.2008 zu Protokoll der Rechtspflegerin des LG Gießen die sofortige weitere Beschwerde erklärt, mit welcher er weiterhin geltend macht, nachdem die frühere Betreuerin sich ausdrücklich nicht für eine Schmerzensgeldrente, sondern die Auszahlung des Schmerzensgeldes in einer Summe entschieden habe, sei nur das ausgezahlte Schmerzensgeld geschützt, wohingegen die hieraus angesparten Zinsen für die Betreuervergütung herangezogen werden könnten.

II. Die gem. §§ 69e Abs. 1 Satz 1, 56g Abs. 5 Satz 2 FGG kraft Zulassung im landgerichtlichen Beschluss statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde des Betreuers führt in der Sache nicht zum Erfolg, weil die Entscheidung des LG nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht, §§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO. Zu Recht hat das LG entschieden, dass die aus der Anlage des Schmerzensgeldes erzielten Zinsen von dem Betroffenen nicht für die Betreuervergütung einzusetzen sind.

Nach §§ 1908i Abs. 1, 1835 Abs. 4, 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB, 1 Abs. 2 Satz 2 VBVG erhält der Berufsbetreuer seine nach Maßgabe der §§ 4 und 5 VBVG zu berechnende Vergütung bei Mittellosigkeit des Betreuten aus der Staatskasse. Der Betreute gilt nach § 1836d BGB als mittellos, wenn er die Vergütung aus seinem einzusetzenden Einkommen oder Vermögen nicht, nur zum Teil oder nur in Raten oder im Wege gerichtlicher Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen aufbringen kann.

Zur Ermittlung des einzusetzenden Vermögens verweist § 1836c Nr. 2 BGB auf § 90 SGB XII. Neben dem in § 90 Abs. 1 und 2 SGB XII im Einzelnen näher aufgeführten sog. Schonvermögen bleibt gem. § 90 Abs. 3 SGB XII auch Vermögen unberücksichtigt, dessen Einsatz für den Betreuten selbst oder seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. In Anlehnung an die Rechtsprechung der VG zum Sozialhilferecht ist im Rahmen der Betreuervergütung in Literatur und Rechtsprechung allgemein anerkannt, da...

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