Leitsatz (amtlich)

1. Beruft sich ein Mieter darauf, das Mietobjekt sei bereits bei der Übergabe zu Beginn des Mietverhältnisses mängelbehaftet (hier: kontaminiert) gewesen, so trifft den Vermieter die Darlegungs- und Beweislast für eine Übergabe in mangelfreiem Zustand.

2. Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach ein Gewerberaummieter, der ein Objekt unrenoviert übernommen hat, es in einem renovierten (hier: nicht kontaminierten) Zustand zurückzugeben hat, ist unwirksam gem. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Denn in solch einem Fall wird der Mieter verpflichtet, das Objekt in einem besseren Zustand zurückzugeben, als er es selbst vom Vermieter erhalten hat. Dem Mieter wird in diesem Fall nicht nur überbürdet, die Spuren seines eigenen, mit der Mietzahlung eigentlich abgegoltenen Gebrauchs zu beseitigen, sondern auch die des Vormieters. Hier gilt nichts anderes als im Bereich der Wohnraummiete, wenn ein Mieter die Wohnung unrenoviert übernommen hat, aber formularvertraglich zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet wird (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 2015 - VIII ZR 185/14, Rz. 15 und 35).

3. Der Vermieter trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Verpflichtung zur Rückgabe in mangelfreiem (hier: nicht kontaminiertem) Zustand durch andere vertragliche Vereinbarungen, z.B. durch eine angemessene Ausgleichszahlung, kompensiert wird. Überbürdet er dem Mieter ein Übermaß an Renovierungspflichten, trägt er das Risiko der Gesamtunwirksamkeit und kann sich nicht darauf berufen, dass dadurch das vertragliche Gleichgewicht gestört wird (vgl. BGH, Urteil vom 6. April 2005 - XII ZR 302/02, Rz. 26).

4. Veränderungen bzw. Verschlechterungen, die an der Mietsache durch deren vertragsgemäßen Gebrauch und trotz der Beachtung geltender Umweltstandards eingetreten sind, muss der Mieter nicht rückgängig machen (§ 538 BGB). Der Vermieter hat solche Veränderungen auch dann hinzunehmen, wenn sie erheblich sind.

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Aktenzeichen 1 O 344/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 6. März 2018 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Vertrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Im Jahr 1997 schloss die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die .... GmbH i.G., mit dem Voreigentümer des Grundstücks, Herrn H., einen Gewerbemietvertrag über die Hallen 2, 3, 4, 5 und 6. Das Gebäude, welches um das Jahr 1850 erbaut wurde, befindet sich auf der .... Str. in S. und besteht aus mehreren Werk- und Lagerhallen sowie Büros und Sozialräumen. Vormieter war die Firma H., welche u.a. Blankwaffen anfertigte. Dieser Unternehmensteil wurde von der Firma S. GmbH im Jahr 1997 übernommen und fortgeführt. Die .... GmbH i.G. übernahm im Wege des sog. "management buy out" den Bereich der Präzisionsfertigung und die dazu gehörenden Maschinen. Die Betriebsfläche der Firma H. betrug etwa 9.000 m2. Hiervon übernahm die .... GmbH i.G. etwa 4.000 m2. Die Mieträume befanden sich in einem nicht renovierten Zustand. Im Verlaufe des Mietverhältnisses firmierte die Beklagte in die jetzige GmbH um. Sie betreibt einen Zerspanungsbetrieb und ist Systemlieferant von Präzisionsbauteilen für den Fahrzeug-, Betriebe- und allgemeinen Maschinenbau. Am 19. August 1997 ging das Eigentum am Mietobjekt auf den Kläger über. Der monatliche Mietzins betrug zuletzt netto EUR 15.235,63.

Der Mietvertrag mit Zusatzanlage vom 28. November 1997 (Anl. A1, Anlagenband I = A I,I-12) enthält unter anderem folgende Regelungen:

§ 7 - Zustand der Mieträume

7.1 Die Schönheitsreparaturen übernimmt der Mieter. Instandsetzung- und Kleinreparaturen bis zu DM 1.000,- übernimmt der Mieter je Schadenfall...

§ 15 - Instandhaltung der Mieträume

...

15.2 Der Mieter haftet dem Vermieter gegenüber für Schäden, die durch die Verletzung der ihm obliegenden Sorgfaltspflicht schuldhaft verursacht werden...

...

15.4 Der Mieter hat zu beweisen, dass ein Verschulden nicht vorgelegen hat.

§ 18 - Beendigung der Mietzeit

18.1 Die Mieträume sind bei Beendigung der Mietzeit vom Mieter im bezugsfertigen Zustand bzw. im renovierten Zustand mit allen, auch von ihm selbst beschafften, Schlüsseln ohne Anspruch auf Entgelt dem Vermieter zu übergeben. Andernfalls ist der Vermieter berechtigt, auf Kosten des Mieters die Mieträume zu öffnen, zu reinigen und neue Schlösser und Schlüssel anfertigen zu lassen. Der Mieter wird weiterhin die Oberflächen der Böden Ölfrei übergeben.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Mietvertrag Bezug genommen. In der Folgezeit trafen die Parteien mehrere ergänzende Vereinbarungen. Im Jahr 2006 w...

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