Entscheidungsstichwort (Thema)

Architektenrecht: Zur Verfassungsmäßigkeit des Koppelungsverbots nach Art. 10 § 3 MRVG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Art. 10 § 3 MRVG verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Soweit die Regelung zu einer Ungleichbehandlung von freiberuflichen Architekten und Bauunternehmen führt, liegt aufgrund der unterschiedlichen Berufsbilder schon kein vergleichbarer Sachverhalt vor. Aber auch die Ungleichbehandlung von freiberuflichen Architekten, die sich über ihr eigentliches Berufsbild hinaus als Generalunternehmer, Generalübernehmer oder Bauträger betätigen und Unternehmen, die diese Leistungen anbieten, ist nicht willkürlich, sondern zur Sicherung des freien Wettbewerbs unter Architekten und Ingenieuren zum Schutze von Bauwilligen sowie von Mietern sachlich gerechtfertigt.

2. Der Veräußerer, der den Erwerber an einen bestimmten Architekten binden will, wird nicht dadurch in seinem Eigentumsrecht nach Art. 14 Abs. 1 GG beschränkt, dass eine Architektenbindung unwirksam ist. Das Koppelungsverbot bewirkt keine Beschränkung der Veräußerungsbefugnis, sondern vereitelt allenfalls die mit der Bindung bezweckte zusätzliche Gewinnmöglichkeit.

3. Art. 10 § 3 MRVG stellt eine Beraufsausübungsregelung i.S.v. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Die daraus folgenden Beschränkungen dienen wettbewerblichen und wohnungsbaupolitischen Zielen zum Schutz der einzelnen Architekten und der Verbraucher und sind im Interesse des Gemeinwohls erforderlich.

 

Normenkette

MRVG Art. 10 § 3

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Urteil vom 05.10.2006; Aktenzeichen 19 O 29/06)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 25.09.2008; Aktenzeichen VII ZR 174/07)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 19. Zivilkammer des LG Wuppertal - Einzelrichter - vom 5.10.2006 - 19 O 29/06 - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 990,97 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.3.2005 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 98 % und dem Beklagten zu 2 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von dem Beklagten nach vorzeitiger Beendigung des Architektenvertrages vom 21.2.2000 die Vergütung für erbrachte Architektenleistungen der Leistungsphasen 1 bis 4 des § 15 Abs. 2 HOAI einschließlich Nebenkosten sowie für nicht erbrachte Leistungen der Leistungsphasen 5 bis 9 gem. § 15 Abs. 2 HOAI unter Berücksichtigung bereits geleisteter Zahlungen insgesamt 43.888,38 EUR. Hilfsweise stützt er seinen Anspruch auf ungerechtfertigte Bereicherung und Geschäftsführung ohne Auftrag.

Nachdem die Parteien 1996 miteinander Kontakt aufgenommen hatten - auf wessen Initiative hin ist streitig, um für den Beklagten ein Grundstück für sein inzwischen insolventes Unternehmen zu finden, schlug der Kläger, der damals für die P. GbR tätig war, nach Besichtigung diverser anderer Grundstücke das Grundstück N. Straße ... in W. vor, das im Eigentum der Geschwister K. stand. Entweder im Mai 1996 (so der Kläger) oder im Sommer 1997 (so der Beklagte) arrangierte der Kläger das erste gemeinsame Gespräch der Parteien mit den Eigentümern, bei dem der Beklagte sein Projekt vorstellte. Alle weiteren Gespräche mit den Eigentümern wurden ausschließlich vom Kläger geführt.

Nach einem Gespräch zwischen den Parteien in Anwesenheit des Zeugen A., dessen Inhalt jedoch streitig ist, teilte der Kläger dem Beklagten unter dem 3.12.1999 mit, dass die P. GbR mit einer Beschränkung der Architektenleistungen auf die Leistungsphasen 1 bis 4 nicht einverstanden sei, da das Projekt über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren in eine zwischenzeitlich baureife Form gebracht worden sei. Eine Zusammenarbeit komme nur bei Erbringung der gesamten Leistungsphasen 1 bis 9 in Betracht. In der Folgezeit kamen die Parteien überein, dass das Grundstück geteilt werden soll, wobei streitig ist, ob dies durch den Kläger oder den Beklagten veranlasst wurde. Am 19.2.2000 stimmten die Eigentümer einer Teilung des Grundstücks zu und der Kläger versuchte, auch die zweite Grundstückshälfte für die Eigentümer K. zu vermarkten. Die P. GbR und der Beklagte schlossen sodann am 21.2.2000 einen Architektenvertrag betreffend die Leistungsphasen 1-9 des § 15 Abs. 2 HOAI für die Errichtung eines Neubaus einer Lagerhalle auf dem Grundstück N. Straße .....

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