Nachgehend

BGH (Urteil vom 23.02.2017; Aktenzeichen I ZR 92/16)

 

Gründe

Die Berufung der Klägerin gegen das am 18. Juni 2015 verkündete Urteil der 14c. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen eine Vollstreckung der anderen Partei durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des beitreibbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

A) Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der Firma Gebrüder X. AG, die im Jahre 1978 mit Mart Stam einen unbefristeten Lizenzvertrag zur Herstellung und zum Vertrieb von hinterbeinlosen Stahlrohrstühlen (Freischwenker; nachfolgend: Stam-Stuhl) - nach Vorlage des von ihm im Jahre 1926 geschaffenen, auf dem Weißenhof vom Deutschen Werkbund 1927 ausgestellten Stam-Stuhls - geschlossen hat.

Die Beklagte stellte auf der internationalen und an Fachbesucher gerichteten Büromöbelmesse O. in der Zeit vom 21.- 25. Oktober 2014 in K. eine stapelbare Ausführung ohne Armlehne sowie eine nicht stapelbare Ausführung mit Armlehne (Anlage B 3) des von dem Designer P. geschaffenen Stuhlmodells "Z." aus:

((Abbildung entnommen))

Auf dem Boden des Messestandes der Beklagten befand sich neben den ausgestellten Stühlen ausweislich der als Anlage B 3 vorgelegten Lichtbilder jeweils der Hinweis "Prototype".

Ferner verteilte die Beklagte auf der Messe die als Anlage rop 5 vorgelegte Werbemappe "Latest Collections". Darin enthalten war unter anderem eine kreisförmige, beidseitig bedruckte Informationspappe, auf deren Vorderseite "Z. by P." auf einem Querbalken mittig zu lesen war, umringt von verschiedenen Modellen des Modelltyps (mit und ohne Armlehnen, nicht stapelbar). Rückseitig wird in deutscher und englischer Sprache damit geworben, in welchen Konfigurationen diese Modellreihe erhältlich ist (Farbe, Polsterung, mit/ohne Armlehne, cantilever frame [=Freischwenker]). Auf der Rückseite der Werbemappe, in die der Werbeträger für das Stuhlmodel eingelegt war, befand sich folgender Hinweis:

"Kolektionen ab 2015 bestellbar

Bitte beachten Sie, dass sich die Produktspezifikationen während des Entwicklungsprozesses ändern können" (sic)

Weiterhin war auf der Messe ein Produktkatalog erhältlich, wegen dessen Einzelheiten auf die Anlage B 4 verwiesen wird. Insbesondere ergab sich aus diesem, dass die Modellreihe "Z." noch in der Entwicklungsphase war.

Die Klägerin mahnte die Beklagte durch anwaltliches, dem Geschäftsführer der Beklagten am 21. Oktober 2014 auf der Messe übergebenes Schreiben erfolglos unter Fristsetzung bis 20 Uhr desselben Tages ab. Hierdurch entstanden ihr Kosten in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Streitwert von 150.000,- EUR zzgl. der Auslagenpauschale von 20,- EUR.

Die Beklagte behauptete, jeden Besucher des Messestandes, der sich für die Modelle interessiert hat, darüber informiert zu haben, dass es sich um Prototypen handele.

Nachdem die Parteien im Hinblick auf die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und Auskunftserteilung den Rechtsstreit mit Ausnahme der vorgerichtlichen Kosten übereinstimmend für erledigt erklärt haben, hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin die vorgerichtlichen Abmahnkosten in Höhe von 1.141,90,- EUR nebst Zinsen zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat das Landgericht der Klägerin zu 4/5 und der Beklagten zu 1/5 auferlegt.

Das Landgericht ist der Auffassung, der Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten bestehe nur teilweise aus § 97a Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 1 i.V.m. §§ 97, 2 Abs.1 Nr. 4, 15 ff. UrhG, da die Abmahnung nur bezüglich der Verletzungshandlung des Verbreitens und öffentlich Zugänglichmachens von Abbildungen der streitgegenständlichen Stühle berechtigt gewesen sei, nicht aber auch bezüglich der Verletzungshandlungen des Anbieten und Vertreibens der Stühle selbst sowie des Vervielfältigens von Abbildungen. Für letztere fehle es an einer Erstbegehungsgefahr. Es sei nicht ersichtlich, dass ein Anbieten oder Vertrieb von oder eine Vervielfältigung von Abbildungen der rechtsverletzenden Stühlen in Deutschland drohe. Der Klägerin stünden Abmahnkosten daher nur unter Zugrundelegung eines Streitwertes von 30.000,00 EUR zu.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründeten Berufung.

Sie meint, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union in der Sache Dimensione/Knoll (GRUR 2015, 665) habe das Landgericht eine Verletzung des Verbreitungsrechtes zu Unrecht verneint.

Aus der Werbung für die Modellreihe ...

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