Leitsatz (amtlich)

Eine unerhebliche Pflichtverletzung i.S.v. § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ist in der Regel zu verneinen, wenn es bei einem mit einem automatischen Getriebe ausgestatteten Neuwagen der gehobenen Mittelklasse im Fall der plötzlichen Beschleunigung bei einer Geschwindigkeit von ca. 40 - 50 km/h zu einer Verzögerung der Zurückschaltung, einem spürbaren Schaltstoß und einer Unterbrechung im Kraftfluss von bis zu einer Sekunde kommt.

 

Verfahrensgang

LG Krefeld (Urteil vom 05.12.2006; Aktenzeichen 12 O 14/06)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 5.12.2006 verkündete Urteil des Vorsitzenden der 2. Kammer für Handelssachen des LG Krefeld abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die D. Leasing GmbH, Servicecenter D., 15.004,21 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins aus 36.404,26 EUR vom 14.9.2005 bis 26.9.2006 und aus 15.004,21 EUR seit dem 27.9.2006 zu zahlen. Es wird festgestellt, dass im Übrigen der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Beweissicherungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines geleasten Kraftfahrzeugs wegen angeblicher Mängel am Getriebe.

Der streitgegenständliche X. wurde im Februar 2002 produziert. Die Software der Getriebeelektronik hatte den Entwicklungsstand der 46. Kalenderwoche des Jahres 2001. Das Fahrzeug stand 18 Monate unverkauft bei einem Händler in R.

Am 11.9.2003 leaste der Kläger, der einen nicht im Handelsregister eingetragenen Karosserie-Fachbetrieb betreibt, bei der D.C.S. Leasing GmbH (Leasinggeberin) ein "Neufahrzeug" X. Dem Leasingvertrag lagen ein kalkulierter Kaufpreis von 38.875 EUR netto, eine dreijährige Vertragslaufzeit, ein Restwert von 55,5 % und monatliche Leasingraten von 450 EUR zugrunde. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Leasingvertrages trat die Leasinggeberin sämtliche Ansprüche hinsichtlich Sachmängeln des Fahrzeugs an den Kläger ab, der bei einem Rücktritt etwaige Zahlungen an den Leasinggeber zu fordern hatte.

Die Leasinggeberin erwarb das Fahrzeug bei der Beklagten.

Das Fahrzeug wurde am 18.9.2003 für den Kläger zugelassen und übernommen. Am 6.10.2003 rügte der Kläger Mängel an der Getriebeschaltung. Diesen Mangel behob die Beklagte nicht. Am 22.1.2004 rügte der Kläger erneut, dass das Automatikgetriebe nicht richtig schalte. Die danach von der Beklagten vorgenommene Nachbesserung blieb

vergeblich. Auch nachdem der TÜV R: am 5.2.2004 eine deutliche Verzögerung im Ansprechen der Getriebeautomatik festgestellt hatte, blieb ein weiterer Nachbesserungsversuch der Beklagten im März 2004 erfolglos.

Am 28.4.2004 erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag. In dem Beweissicherungsverfahren LG Krefeld 3 OH 5/04 stellte der Sachverständige fest, dass es bei einer Fahrgeschwindigkeit von ca. 40 bis 50 km/h im 5. bzw. 4. Gang mit plötzlicher Beschleunigung zeitweise im Schaltvorgang zu einer Verzögerung der Zurückschaltung, zum kurzzeitigen Auftouren des Motors (Drehzahlanstieg) sowie nach Abschluss des Schaltvorgangs zu einem spürbaren Schaltstoß kommt und dass kurzzeitig ein "Loch" im Kraftfluss vorhanden ist. Diese Mängel treten nur zeitweise in bestimmten Fahrsituationen auf und sind nicht ständig reproduzierbar. Das Fehlen des Kraftflusses liegt im Ein-Sekunden-Bereich.

Der Kläger fuhr mit dem Fahrzeug 9.486 km und lässt sich mit der Berechnung von 0,67 % je 1.000 km eine Nutzungsentschädigung i.H.v. 2.470,74 EUR netto anrechnen. Weiter gefahrene Kilometer beruhen darauf, dass der Sachverständige Prüffahrten unternahm.

Der Kläger hat zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Herausgabe der Limousine X., Ident.-Nr. ... an die D. Leasing GmbH, Servicecenter D. (45.095 EUR brutto - 2.866,06 EUR brutto=) 42.228,94 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.9.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, beiden Parteien sei bewusst gewesen, dass ein Lagerfahrzeug erworben werden solle; jedenfalls seien auf das Alter des Fahrzeuges bezogene Ansprüche verjährt. Die Verzögerung beim Ansprechen der Getriebeautomatik sei bei allen vergleichbaren X.-Fahrzeugen dieses Typs und Baujahrs vorhanden und entspreche dem Stand der Technik zum Zeitpunkt des Baujahres. Jedenfalls sei der Mangel unerheblich.

Das LG hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Ansprüche wegen des Alters des Fahrzeugs seien verjährt. Der Zustand am Getriebe sei kein Mangel, weil der Sachverständige nicht festgestellt habe, dass dieser Zustand nicht dem damaligen Stand der Technik aller vergleichbaren Fahrzeuge entsprochen habe.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt. Er meint, die Klage habe Erfolg haben müssen, weil er bei Vertragsschluss nicht gewusst habe, dass das gekaufte Fahrzeug 18 Monate alt gewesen sei. Die geschilderte Eigenart des Getriebes beinhalte auch ei...

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