Leitsatz (amtlich)

1. Zur näheren Konkretisierung eines bereits erstinstanzlich zuerkannten Klageantrags bedarf es in der Berufungsinstanz keiner Anschlussberufung.

2. Wird das Hintergelände zweier benachbarter Grundstücke durch einen gemeinsamen Weg erschlossen, durch den die gemeinsame Grundstücksgrenze verläuft, so handelt es sich bei diesem Weg um eine Grenzeinrichtung. Das Einfahrtstor zu diesem Weg ist ebenfalls Grenzeinrichtung und darf nicht von einem Nachbarn einseitig beseitigt werden.

 

Normenkette

BGB §§ 249, 421, 823 Abs. 2, §§ 921-922, 1118

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Aktenzeichen 3 O 308/00)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sie hinsichtlich des Klageantrages zu 2) als Gesamtschuldner verurteilt werden, den zwischen den Häusern Bl.-Str. 10 und Bl.-Str. 12 verlaufenden Erschließungsweg gegen die Bl. Straße durch ein verschließbares Tor zu sichern. Das Tor ist zwischen den Mauerpfeilern zu errichten, die das jeweilige Ende der Mauern bilden, die die Vorgärten der Häuser Bl.-Str. 10 und Bl.-Str. 12 vom öffentlichen Straßenraum trennen. Es hat aus einem – von der Straße aus gesehen – linken Flügel von ca. 2,10 m Breite und einem rechten Flügel von ca. 1,60 m Breite zu bestehen und sich in der Gestaltung an die Einfriedigung der Vorgärten der Häuser Bl.-Str. 10 und 12 anzupassen. Das Tor ist nach Errichtung stets – mit Ausnahme des Moments des Durchgangs oder der Durchfahrt – verschlossen zu halten.

Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO n.F. abgesehen.

II. Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

Die Beklagten sind sowohl verpflichtet, es durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass der Wege zwischen den Häusern Bl.-Str. 10 und Bl.-Str. 12 ausschließlich zur Andienung des Grundstücks Flur 53, Flurstück 187benutzt wird und nicht zur Durchfahrt zu den Flurstücken 190 und 192, als auch das an der Einfahrt vorhanden gewesene verschließbare Tor wiederherzustellen und dieses stets – mit Ausnahme des Moments des Durchgangs oder der Durchfahrt – verschlossen zu halten.

Die im ersten Rechtszuge erfolgreichen Kläger waren nicht genötigt, nur zum Zwecke der Konkretisierung ihres Klageantrages zu 2) Anschlussberufung einzulegen. Mit der Anschlussberufung (§ 524 ZPO n.F.) kann der Berufungsbeklagte nach st. Rspr. des BGH eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils auch dann erreichen, wenn er hierdurch nicht beschwert ist (vgl. BGH MDR 1978, 398). Die Anschlussberufung ist demgemäß dort geboten, wo der Berufungsbeklagte die im ersten Rechtszuge gestellten Anträge erweitern oder wo er neue Ansprüche geltend machen will; sie ist nicht erforderlich, wenn sich die Anträge des Berufungsbeklagten auf die Abwehr der Berufung beschränken (BGH, MDR 1978, 398).

Um mehr als um die Abwehr der Berufung geht es hier nicht. Die Kläger haben vielmehr zur Erleichterung der Vollstreckung ihren im ersten Rechtszuge gestellten Antrag konkretisiert. Die von den Beklagten zu erbringenden Leistungen bleibt nach Art und Umfang dieselbe. Der neue Antrag stellt ggü. dem Alten kein Mehr dar. In einem solchen Falle ist die Einlegung einer Anschlussberufung nicht erforderlich (vgl. BGH, MDR 1978, 398).

Aus dem Gesagten folgt darüber hinaus, dass keine Klageänderung i.S.d. § 533 ZPO n.F. vorliegt. gem. § 264 ZPO ist es als eine Änderung der Klage nicht anzusehen, wenn der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird. Dies gilt erst recht, wenn bei gleichbleibendem Klagegrund der Antrag lediglich konkretisiert wird.

Die Kläger haben gem. § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB gegen die Beklagten einen Anspruch darauf, dass über das Wegerecht, das zugunsten des Flurstück bestellt worden ist, nicht auch der Verkehr abgewickelt wird, der die Flurstücke 190 und 192 zum Ziel oder zum Ausgang hat. Ein Wegerecht für ein Grundstück gibt keine Berechtigung für weitere anliegende Grundstücke (vgl. Staudinger/Mayer, BGB, Neubearb. 2002, § 1018 Rz. 103). Auf das Ausmaß der Beeinträchtigung kommt es nicht an, wenn – wie im Streitfall – das berechtigte Grundstück und weitere anliegende Grundstücke nicht durch ein einheitliches Gebäude verbunden sind (vgl. BGHZ 44, 171 ff. = MDR 1966, 45).

Hinsichtlich der Toranlage folgt der Anspruch der Kläger aus §§ 921, 922 i.V.m. §§ 823 Abs. 2, 249, 421 BGB.

Die Toranlage ist eine Grenzeinrichtung i.S.d. § 921 BGB und als solche vor unbefugten Eingriffen des Nachbarn geschützt.

Bei dem Weg handelt es sich um eine Grenzeinrichtung (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 61. Aufl., § 921 Rz. 1). Er ist für beide Grundstücke von Vorteil, da über ihn auch das Hintergelände des klägerischen Grundstücks erschlossen wird und ausweislich der zu den Akten gereichten Flurkarte der Hauseingang dem Wege zugewandt ist. Angesichts dessen hätte es der Dienstbarkeit nicht einmal bedurft...

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