Verfahrensgang

LG Duisburg (Urteil vom 10.06.2010; Aktenzeichen 1 O 470/09)

 

Tenor

Unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Klägerin wird das am 10.6.2010 verkündete Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des LG Duisburg teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 4.752,46 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.6.2009 zu zahlen.

Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die Klägerin von der Honorarforderung des Dipl.-Ing. K. W., H-H-Str., E., gemäß Rechnung vom 13.5.2009 (Rechnungsnummer) in Höhe eines Betrages von 409,46 EUR freizustellen.

Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die Klägerin von dem Honoraranspruch ihrer Prozessbevollmächtigten für deren vorprozessuale Tätigkeit in dieser Sache in Höhe eines Betrages von 239,17 EUR freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 3 % und die Beklagten gesamtschuldnerisch zu 97 %. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 25 % und die Beklagten gesamtschuldnerisch zu 75 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die zulässige Berufung hat in der Sache überwiegend Erfolg. Auf der Grundlage der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen ist der Verursachungsbeitrag der Beklagten mit 75 % zu bewerten. Der Senat teilt die Auffassung des AG Mühlheim an der Ruhr und des LG Duisburg im Parallelverfahren, dass der Schwerpunkt der Verursachung auf dem Verhalten des Beklagten zu 3 liegt. Dieser hat durch das verbotswidrige Befahren der Verkehrsinsel die Gefahrenlage herbeigeführt. Dagegen steht ein Vorfahrtsverstoß des Geschäftsführers der Klägerin nicht fest. Dieser durfte darauf vertrauen, dass er - geschützt durch das wartende Mofa - nach links abbiegen kann. Keinen Erfolg hat die Berufung dagegen, soweit die Klägerin in Abweichung der von ihr anerkannten Mithaftungsquote von 25 % die Gutachterkosten zu 100 % ersetzt verlangt. Für diese Auffassung gibt es keine gesetzliche Stütze.

Im Einzelnen:

1. Haftung dem Grunde nach

Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach beruht auf §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 Satz 1 StVG, 115 VVG.

a. Rechtsgrundlage für eine Haftung der Beklagten zu 2 ist § 7 Abs. 1 StVG. Die Beklagte zu 2 ist Halterin des unfallbeteiligten BMW. Der Unfall ereignete sich auch beim Betrieb dieses Fahrzeugs. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Unfall auf höherer Gewalt i.S.v. § 7 Abs. 2 StVG beruhte. Die Beklagten haben auch nicht bewiesen, dass der Unfall für den Beklagten zu 3 als Fahrer ein unabwendbares Ereignis i.S.v. § 17 Abs. 3 StVG war. Die Beklagten haben bereits nicht bewiesen, dass der Beklagte zu 3 die Kollision auch bei rechtzeitiger Reaktion und Einleitung eines Bremsmanövers nicht hätte vermeiden können.

Aber auch die Klägerin haftet als Halterin des unfallbeteiligten Pkw Daimler-Chrysler nach § 7 Abs. 1 StVG für die Unfallfolgen. Auch für sie beruhte das Unfallgeschehen nicht auf höherer Gewalt nach § 7 Abs. 2 StVG. Die Klägerin beruft sich in der Berufungsinstanz selbst nicht mehr auf eine Unabwendbarkeit des Geschehens i.S.v. § 17 Abs. 3 StVG.

Steht damit die Haftung beider Unfallbeteiligten fest, so hängt in ihrem Verhältnis zueinander die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes gem. § 17 Abs. 1 und 2 StVG von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist. Für das Maß der Verursachung ist ausschlaggebend, mit welchem Grad an Wahrscheinlichkeit ein Verhalten geeignet ist, Schäden der vorliegenden Art herbeizuführen. Im Rahmen der Abwägung können zu Lasten einer Partei aber nur solche Tatsachen berücksichtigt werden, die unstreitig oder bewiesen sind und als unfallursächlich feststehen.

(1) Verursachungsbeitrag der Klägerin

(a) Verstoß gegen § 9 Abs. 3 StVO

Ein Verstoß des Geschäftsführers der Klägerin gegen § 9 Abs. 3 Satz 1 StVO steht auf der Grundlage der erstinstanzlichen Beweisaufnahme nicht fest. Nach dieser Vorschrift muss derjenige, der Abbiegen will, entgegenkommende Fahrzeuge vorher durchfahren lassen. Die Wartepflicht besteht gegenüber einem Entgegenkommenden, wenn dieser so nahe herangekommen ist, dass er durch das Abbiegen gefährdet oder auch nur in der zügigen Weiterfahrt wesentlich behindert wird. An dieser Pflicht ändert sich nichts, wenn ein Entgegenkommender dem Linksabbieger zu erkennen gibt, dass er ihm den Vortritt einräumt: diese sog. "gefährdende Höflichkeit" entbindet den Linksabbieger nicht davon, selbst sicher zu stellen, dass von seinem Abbiegen keine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeht (Senat, Urteil vom 29.9.2009, I - 1 U 163/08; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, § 9 StVO Rz. 41 m.w.N.).

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte zu 2 mit seinem Fahrzeug zu dem Zeitpunkt, als der Geschäftsführer der Klägerin den Abbiegevorgang einleitete, bereit...

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