Leitsatz (amtlich)

Beweislast des Versicherungsnehmers bei Berufsunfähigkeitsversicherungsverhältnis nicht nur für Eintritt der Berufsunfähigkeit, sondern auch dafür, dass keine andere Erwerbstätigkeit in einem die Berufsunfähigkeit ausschließenden Umfang ausgeübt werden kann.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 16.03.2010)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 16.3.2010 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Düsseldorf wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.

A. Im Streit der Parteien über die streitgegenständlichen weiteren Versicherungsleistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung steht lediglich die Frage der konkreten oder abstrakten Verweisbarkeit des Klägers auf eine andere Berufstätigkeit. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung einschließlich der vom Senat ergänzend angeforderten und im Verhandlungstermin überreichten Unterlagen ist der Kläger auf den von ihm seit Februar 2005 ausgeübten Beruf des Fachverkäufers im Einbauküchenhandel konkret verweisbar, so dass es auf die Frage seiner abstrakten Verweisbarkeit auf sonstige Berufstätigkeiten nicht mehr ankommt. Da die Beklagte den Kläger somit zutreffend auf den tatsächlich ausgeübten Beruf verwiesen hat, werden von ihr die geltend gemachten weiteren Berufsunfähigkeitsleistungen in Form einer Rentenzahlung und Beitragsbefreiung für den Zeitraum ab Juli 2005 nicht geschuldet.

1. Grundsätzlich trifft den Versicherungsnehmer mit der Beweislast für den Eintritt von Berufsunfähigkeit auch die Beweislast dafür, dass keine andere Erwerbstätigkeit in einem die Berufsunfähigkeit ausschließenden Umfange ausgeübt werden kann. Diesen Negativbeweis kann der Versicherungsnehmer im Regelfall aber nur dann ordnungsgemäß antreten, wenn der Versicherer den von ihm beanspruchten Vergleichsberuf bezüglich der ihn prägenden Merkmale näher konkretisiert (BGH VersR 1994, 1095, VersR 2000, 349 und VersR 2005, 676). Denn nur dann kann der Versicherungsnehmer das Bestreiten von Berufsunfähigkeit mit substantiierten Beweisangeboten bekämpfen. Der Umfang der Darlegungslast des Versicherers zu den prägenden Merkmalen des Vergleichsberufs hängt dabei jeweils davon ab, was der Versicherer beim Versicherungsnehmer insoweit an Kenntnissen voraussetzen darf.

Wenn der Versicherungsnehmer allerdings eine vom Versicherer als Vergleichsberuf in Anspruch genommene Tätigkeit schon tatsächlich ausübt, hat er - und nicht der Versicherer - Kenntnis davon, welche Anforderungen diese im Einzelnen an ihn stellt. Dann genügt es nicht mehr, wenn der Versicherungsnehmer die Vergleichbarkeit der anderen Tätigkeit nur summarisch bestreitet, vielmehr muss er in einem solchen Fall von Anfang an vortragen und erforderlichenfalls beweisen, dass und warum er diese Tätigkeit nicht ausüben kann oder warum sie sonst den bedingungsgemäßen Anforderungen an eine Vergleichstätigkeit nicht genügt. Er muss daher aufzeigen und nachweisen, dass und warum er der Vergleichstätigkeit nicht aufgrund seiner bei der Tätigkeitsaufnahme vorhandenen Kenntnisse und Erfahrungen gewachsen war, sie also nicht sachgerecht und anforderungsgemäß ausüben konnte, oder dass sie aus anderen Gründen mit seinem zuvor ausgeübten Beruf nicht vergleichbar ist (BGH VersR 1995, 159, VersR 2000, 349 und VersR 2005, 676).

Etwas anderes ergibt sich im Streitfall nicht daraus, dass die Beklagte die Berufsunfähigkeit des Klägers in seinem früheren Beruf als angestellter Tischlermeister anerkannt hat. Ihr Anerkenntnis hat sie nämlich auf die Zeit bis zum 31.12.2003 befristet und sich ausdrücklich vorbehalten, die abstrakte Verweisbarkeit des Klägers zu einem späteren Zeitpunkt zu prüfen. Eine solche Befristung und ein solcher Vorbehalt sind rechtlich wirksam, denn die vereinbarten Versicherungsbedingungen für die BUZ sehen in § 5 Abs. 2 (Bl. 71 GA) diese Befugnis der Beklagten ausdrücklich vor (so dass es auf die abweichende Rechtsprechung zu Fällen ohne solchen Vorbehalt im Streitfall nicht ankommt). Die Beklagte ist daher auch nicht auf die Möglichkeiten des Nachprüfungsverfahrens (§ 7 der BUZ-Bedingungen) beschränkt, denn die wirksame Befristung ihres Anerkenntnisses führt gerade dazu, dass der Versicherte nach Ablauf der Frist sich wieder in derselben Situation befindet wie vor Abgabe des Anerkenntnisses. Er muss dann seine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit im Einzelnen darlegen und beweisen.

Eine abweichende Beurteilung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Beklagte die vereinbarten Leistungen nach Ablauf der Frist weiter erbracht hat. Dies beruhte auf einem Entgegenkommen, also einer Kulanz der Beklagten, wie sich ihrem Schreiben vom 8.3.2004 (Bl. 33 GA) eindeutig entnehmen lässt, mit dem sie im Übrigen auf ein Telefonat mit dem Bevollmächtigten des Klägers Bezug nimmt, zu welchem der Kläger nichts Abweichendes vorträgt. Unbestritten geblieben ist ins...

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