Leitsatz (amtlich)

Dem Leasingvertrag fehlt die Geschäftsgrundlage, wenn der Leasingnehmer sich mit dem Rücktritt vom Kaufvertrag über den Leasinggegenstand rechtskräftig gegenüber dem Lieferanten durchsetzt. Dem steht es gleich, wenn der Leasingnehmer in der Insolvenz des Lieferanten anstelle eines rechtskräftigen Urteils die Feststellung des Kaufpreisrückzahlungsanspruchs zur Insolvenztabelle erwirkt. Nichts anderes gilt auch, wenn der Leasinggeber selber die bindende Feststellung des Rückzahlungsanspruchs zur Insolvenztabelle unter Missachtung der in seinen Leasing-Bedingungen erklärten vorbehaltlosen, unbedingten und endgültigen Abtretung der kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche erreicht.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 02.06.2015; Aktenzeichen 11 O 222/14)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 2.6.2015 verkündete Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des LG Düsseldorf teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels insgesamt wie folgt neu gefasst:

Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger EUR 6.574,12 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.7.2014 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Von einem Tatbestand wird nach Maßgabe von §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen. Es wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des LG Düsseldorf vom 2.6.2015 Bezug genommen.

B. Die Berufung des Klägers ist zulässig; insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517, 519 und 520 ZPO). In der Sache hat die Berufung, mit der der Kläger sein Klagebegehren erster Instanz weiter verfolgt, in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist die Berufung unbegründet.

I. Der Kläger kann die Beklagte auf der Grundlage von §§ 313 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 S. 1, 346 Abs. 1 BGB in Verbindung mit den Regelungen unter Ziff. X. B S. 5 und Ziff. X. A Nr. 3 der in den Leasingvertrag zwischen den Parteien wirksam einbezogenen Leasing-Bedingungen und §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB auf Zahlung eines Betrages in Höhe von EUR 6.574,12 zuzüglichen Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.7.2014 in Anspruch nehmen.

1. Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann auf der Grundlage von § 313 Abs. 1 BGB Anpassung des Vertrages verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Gemäß § 313 Abs. 2 BGB steht es einer Veränderung der Umstände gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, sich als falsch herausstellen. Gemäß § 313 Abs. 3 S. 1 BGB kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten, wenn eine Anpassung des Vertrages nicht möglich ist.

a) Hier ist von einem auf den Vertragsschluss rückwirkenden Fehlen der Geschäftsgrundlage des Leasingvertrages zwischen den Parteien im Sinne von § 313 Abs. 2 BGB aufgrund der einvernehmlichen Rückabwicklung des zwischen der Beklagten und der Autocentrum A. GmbH zustande gekommenen Kaufvertrages auszugehen.

aa) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass im Falle der auf einem rechtskräftigen Urteil beruhenden Wandlung des Kaufvertrages über den Leasinggegenstand die Geschäftsgrundlage des Leasingvertrages rückwirkend wegfällt, selbst wenn der Leasingnehmer das Leasingobjekt - wie hier - zeitweise benutzt hat (vgl. BGH, Urteil vom 10.11.1993, Az. VIII ZR 119/92, NJW 1994, 576, 577 m.w.Nachw.; Urteil vom 25.10.1989, Az. VIII ZR 105/88, NJW 1990, 314, 315 m.w.Nachw.).

Mit Urteil vom 16.6.2010 (Az. VIII ZR 317/09) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass trotz der mit der Schuldrechtsmodernisierung verbundenen Änderungen in der Ausgestaltung des Gewährleistungsrechts der Wandlung an dieser Rechtsprechung festzuhalten ist (BGH, Urteil vom 16.6.2010, Az. VIII ZR 317/09, zitiert nach juris, Rdnr. 24 ff.; so auch OLG Karlsruhe, Urteilt vom 30.1.2007, Az. 8 U 143/06, zitiert nach juris, Rdnr. 37; OLG Frankfurt, Urteil vom 27.6.2012, Az. 17 U 13/12, zitiert nach juris, Rdnr. 19 f.).

Nach dem der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bis zum 31.12.2001 zugrunde liegenden Recht konnte der Leasingnehmer aus abgetretenem Recht des Leasinggebers wegen eines vom Lieferanten zu vertretenden Mangels des Leasingobjekts Wandlung oder Minderung verlangen (§ 462 BGB a. F). Vollzogen (zustande gekommen) war die Wandlung oder Minderung erst, wenn sich der Lieferant mit ihr einverstanden erklärte (§ 465 BGB a.F.). Er...

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